Sein jüngster Patient war 641 Jahre alt und rund eine Tonne schwer. Simon Westermann musste mehr als 80 Stufen erklimmen, um sich seiner anzunehmen. Gut eine Woche hat die Behandlung gedauert, nun schwingt die Glocke von Santa Creu wieder – und der deutsche Zimmermeister konnte am Mittwoch (28.3.) nach getaner Arbeit seinen Flug Richtung Deutschland antreten.

Der Eingriff war dringend notwendig. Die beiden Glocken der Pfarrei Puig de Sant Pere in Palma konnten schon seit mehreren Jahren nicht mehr schwingen, zu instabil waren die Holzstühle des Glockenturms. Und das Anschlagen der stillstehenden Glocken war auch keine Lösung. „Ein Experte hat mir davon abgeraten", sagt Pfarrer Josep Jaume. Ohne Bewegung sei das Risiko höher, dass die Bronzeglocken springen. Zudem sei der Klang eher unangenehm und unscheinbar.

Der Kontakt zur in Karlsruhe ansässigen Glockengießerei Bachert kam durch eine vorherige Arbeit auf Mallorca zustande. Jaume war zuvor in der Pfarrei La Vileta tätig, und dort erneuerten die Experten der deutschen Gießerei im Jahr 2006 den gesamten Glockenturm. So ging nun auch der Auftrag für die Glocke aus dem 14. Jahrhundert und ihre deutlich jüngere Schwester nach Karlsruhe. Trotz der Routine sei es keine Fließbandarbeit gewesen, betont Westermann. „Jede Montage verläuft anders." Das beginne schon mit der Frage, wie das Baumaterial in die Höhe geschafft werden kann.

Die Aufgabe von Westermann bestand darin, das Holzjoch auszutauschen, neue Klöppel anzubringen sowie auch einen Motor zur automatischen Steuerung zu montieren. Statt vor Ort zu improvisieren, habe man die nötigen Berechnungen vorher am Computer vorgenommen, so der Zimmermann. Auch die Funktionsweise des Glöckels sei vorher simuliert worden. Trotz der modernen Technik fehle es dabei nicht am Respekt vor dem Alter. „So eine Glocke schaut man schon mit anderen Augen an", sagt Westermann, „sie hat schließlich schon viele Kriege und Hungersnöte erlebt." Auch wenn der Zahn der Zeit an der Lagerung genagt habe, sei die Glocke an sich trotz ihres Alters gut in Schuss. Das regelmäßige Geläut sei grundsätzlich kein Problem, „man sollte sie aber schonend und nicht täglich eine halbe Stunde schlagen."

Doch da besteht wenig Sorge. Die Spanier seien im Vergleich zu Deutschland ohnehin zurückhaltender beim Läuten, sagt Pfarrer Peter Wehr von der deutschsprachigen katholischen Gemeinde. Auch er freut sich über die Restaurierung, schließlich feiert er in Santa Creu jede Woche Gottesdienst. Das Probeläuten konnte er schon vernehmen. „Vor allem die große Glocke hat einen sehr schönen Klang und ist im ganzen Viertel zu hören."

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