Wenn Xisco Alguacil im offenen Hemd gegen 3 Uhr nachts wie üblich von der mit knallbunten Sesseln und Sofas versehenen VIP-Tribüne gelassen auf das tobende Partyvolk unten blickt, weiß er, dass die Kasse des "BCM Planet Dance Mallorca" in Magaluf wieder wohlgefüllt sein wird. Heute ist die Nacht zum Sonntag (1.7.), und DJ Sammy – der aktuelle Lover der in Deutschland wohlbekannten holländischen Sängerin Loona – hat die massenhaft erschienene 18- bis 25-jährige und meist englischsprachige Kundschaft mit schnellen Rhythmen, schmetternden Sprech-Einlagen und seiner zuweilen sogar groovig-langsam singenden blonden Muse Nyah routiniert in Ekstase versetzt.

Eine fast unüberschaubare Menge aus schwitzenden Leibern zuckt, taumelt und hüpft auf der Tanzfläche, die dezibelstark aus mehr als mannshohen Lautsprechern mit metallicfarbenen Kadmium-Gittern zugewummert wird, damit der Nachhall nicht so stark im Körper spürbar ist. Später werden sich viele völlig betrunkene Besucher – wie das in Magaluf seit jeher üblich ist – draußen einfach auf den Bürgersteig legen und einschlafen.

Mit Wohlgefallen registriert der ein bisschen wie ein ibizenkischer oder italienischer Yachteigner und Schwerenöter aussehende Alguacil, der "Deputy Manager" dieser über 7.000 Gäste fassenden Mega-Diskothek auf Mallorca, dass die grünen Laserstrahlen und die gelegentlich zuckenden Feuerwerksblitze bestens funktionieren und die rotgewandeten und manchmal ihre wohlgeformten Brüste zeigenden und völlig diszipliniert in Schichten tanzenden Gogo-Girls ihre Posen perfekt draufhaben. Im Untergeschoss geht die Post ebenfalls verschärft ab, und in einem weiteren Raum verlustieren sich die teilweise in Badehosen gehüllten Gäste bei einer der immer exzellent besuchten Schaum-Partys.

So geht es zu im zur Cursach-Gruppe gehörenden "BCM Planet Dance Mallorca", von Mitte Juni bis Mitte September, buchstäblich jede Nacht aufs Neue, ein wenig ähnelt das Ganze einem Fabrikbetrieb, in dem alle Arbeitsschritte mit Bedacht aufeinander abgestimmt sind. Wenn DJ Sammy gerade nicht da ist, schieben sich andere international bekannte Plattenzauberer wie etwa Paul van Dyk oder DJ Taboo von den "Black Eyed Peas" hinter das Mischpult, um von null Uhr bis sechs Uhr morgens eine richtig hochwertige Show abzuliefern.

Und das müssen sie auch, denn von jedem Besucher werden 30 bis 45 Euro verlangt – je nach Show. Getränke satt sind dabei inklusive. "Unsere Gäste – Briten, Skandinavier, Holländer – wollen Qualität sehen und sind bereit, dafür auch zu zahlen", sagt Alguacil. Die Neigung, für etwas Gutes ordentlich Bares auf den Tisch zu legen, sehe er bei den Deutschen nicht so, wiewohl immer mal wieder Bundesbürger in Bussen vom Ballermann herangekarrt würden, auf dass sie mal sehen, wie die Nacht so abgeht in Magaluf. "Sonntags wird im übrigen regelmäßig Live-Musik geboten", sagt Xisco Alguacil – diese Saison etwa mit "Run DMC" (26. August) oder Top-Rapper Tinie Tempah (29. Juli), der auch beim Mallorca-Rocks-Festival auftritt.

24 Jahre gebe es das BCM schon, oder sind es schon 25 Jahre? Xisco Alguacil weiß es nicht mal genau, wie er so an seinem Schreibtisch sitzt und auf einem Bildschirm fest die in allen möglichen Ecken aufgestellten Kameras im Blick hat und im Minutentakt mit Mitarbeitern telefoniert. 120 sind es insgesamt, Türsteher, Bar-Kräfte, Beschäftigte, die draußen Leute anlocken sollen, die meisten arbeiten hier in der Hochsaison schon seit Jahren.

Mit der Zeit wurde der Laden zum renommierten Kultlokal, das manch eine DJ-Koryphäe so sehr schätzt, dass sie sogar im Privatjet kommt. Das Fachblatt DJ.MAG adelte die Disco zum siebtbesten Club der Welt. "Doch wir wollen die Nummer eins werden", sagt Deputy Manager Alguacil. Sein größter Ehrgeiz besteht darin, das "Space" zu übertrumpfen, die aktuell ganz oben gelagerte Disco auf der wegen ihrer Party-Kultur beneideten Nachbarinsel Ibiza. Um das zu erreichen, gehe es etwa nicht an, Gogo-Girls einfach so von der Straße zu holen. Das BCM rekrutiere sie – 20 sind es momentan insgesamt – bei speziellen Castings in Städten wie Budapest, Prag oder London. Ihr Handwerk müssten die durchtrainierten Mädels schließlich verstehen.

Nur langsam, erst gegen 4:30 Uhr, wenn DJ-Sammy samt Muse ihre Schicht beendet haben und euphorisiert auf die VIP-Tribüne stürmen, leert sich der Tanz-Tempel der Superlative. Die Gäste schieben sich nach draußen, viele torkeln, andere bewegen sich auf allen Vieren. Wenn sie wieder zu sich kommen, können sie behaupten, richtig perfekte Disco-Qualität erlebt zu haben.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 5. Juli (Nummer 635) lesen Sie außerdem:

- Markt-Check: So schön ist es in Santanyí

- Kindermenü: Die tolle s'Estaca-Bucht

- Studio "Days Gone By": Der Schuss fällt im Salon

- Guckstrände: Bei Herrn Porsche vor dem Grün

- March-Hügel: der Garten, der ein Wald sein wollte

Hier geht's zum E-Papier: epaper.mallorcazeitung.es.