Seltenes Biotop - schützenswert! Ca´n Bou in Alaró ist noch ein echter Krämerladen, der alles hat, was man im Alltag so braucht: Scheuer­mittel, Pfannen, Glühbirnen, Einkaufskörbe. Mahon-Käse, der unverpackt als runder Laib in einer Glasvitrine auf dem Holztresen liegt. Gewürze wie Safran und Paprika, getrocknete Erbsen, Bohnen und Linsen. Dazu Kaffee, auf Wunsch frisch gemahlen, Mandeln, Lakritzstangen, Nudeln und Trockenfrüchte - alles lose in kleinen Säcken und Papiertüten, also umweltfreundlich ohne (Plastik-) Verpackung.

„So hat es schon mein Groß­vater Jaime Rosselló gehandhabt", erzählt Margalida Rosselló, die mit 18 Jahren im Geschäft des Vaters Arnaldó begann und heute, wenn Not an der Frau ist, auch Nichte Jeronima im Laden aushilft - mit 86 Jahren. „Das Ca´n Bou liegt in weiblicher Hand, das läuft großartig", sagt Jeronima, deren Mutter Francisca Borras ebenfalls auf Abruf einspringt. Das funktioniert, weil die zwei älteren Damen im selben Haus wohnen, in dem auch das Ca´n Bou untergebracht ist. Steht die hintere Tür im Laden offen, kann man bis in die Küche durchsehen, wo Francisca gerade kocht.

Das Ca´n Bou ist für die drei Damen nicht nur ein Geschäft, sondern auch ihr Zuhause. Besucher, die zum ersten Mal hereinkommen, wähnen sich dagegen in einem anderen Jahrhundert. In dem Krämerladen gibt es alles, was man sucht, oder wie es Margalida ausdrückt: „Wenn man hier etwas nicht findet, bekommt man es nirgendwo in Alaró." Wer wegen Pinsel, Farben, Lacken und Schrauben vorbeischaut, wird in den hinteren Teil des Ladens geschickt, wo auch Saatgut und Rattengift lagern. Alle Arten von Reinigungsmitteln befinden sich gegenüber der Theke, zusammen mit Katzen­futter in offenen Säcken. Geschenk- und Haushaltsartikel wie Kerzenleuchter, Antirutschmatten für die Badewanne und Regenmess­geräte stehen rechts vom Eingang. Besen verschiedener Größen und Formen hängen unter der Decke.

Um auch die Unterabteilungen im Ca´n Bou kennenzulernen, muss man sich etwas mehr Zeit nehmen. Dann entdeckt man Artikel rund um den Schuh, rund um die Terrasse, rund um die Pflege der Frau.

Alles begann 1890, als Jaime Rosselló mit seiner Schwester Catalina in der Carrer Alejandro Rosselló, 5 eine Drogerie und Kurzwarenhandlung aufmachte mit dem Namen Ca´n Bou, Haus des Ochsen. 1925 kaufte ­Jaimes Sohn Arnaldo das Laden­lokal gegenüber, das heutige Geschäft, und erweiterte das Angebot um Spielsachen sowie Tierfutter für Schafe, Schweine und Pferde. Auch Mandeln und Johannisbrot wurden verkauft. Arnaldo gründete sogar die erste Fabrik, die mit Früchten von Mallorca handelte. An drei Orten der Insel wurden Mandeln maschinell geknackt, in Palma verkauft und von dort per Schiff nach Nordeuropa transportiert.

Als Arnaldo 1965 in Pension ging, wurde Sohn Jaime Chef im Laden - Margalidas Bruder und Franciscas Mann. Jaime starb 1986, so stemmten die zwei Frauen Ca´n Bou erst mal allein, bis ­Jeronima 1995 offiziell übernahm. „Ich arbeite jetzt bald 70 Jahre im selben Geschäft", sagt Margalida. Es klingt nicht so, als würde sie es bereuen. Aber eine Renovierung, wie es ihre Nichte vorhat, die möchte sie nicht mehr mitmachen. Jeronima will den alten ferretería-Stil wieder herstellen, die Eisen- gegen Holzregale auswechseln, alte Holzschränke und die antike Eisensäule wieder in den Blickpunkt rücken. Am Angebot möchte die Mutter von zwei Kindern aber erst mal nichts ändern.

„Den Käse kaufte schon mein Großvater direkt vom Bauern von Menorca", erzählt Jeronima. „Bei uns kommt er dann noch in die Käsekammer und wird nachbehandelt." In der Kammer hinter der Küche sind zur Zeit fünf Käselaibe in Behandlung. Sie liegen auf einem Holzregal und werden jeden zweiten Tag mit einer speziellen Oliven­ölmischung eingerieben, dabei von Zeit zu Zeit gewendet. „Das Öl hydratisiert den Käse, macht ihn weicher und geschmackvoller", so Jeronima. Erst wenn sie nach zwei, drei Wochen das Prüfstäbchen mit Leichtigkeit in den runden Laib drücken kann, ist er reif für die Vitrine.

KaufladenCa´n Bou, Calle Alejandro Rosselló, 4, Alaró, Tel.: 971-51 00 20. Geöffnet Mo-Fr 9-13.30 Uhr und 17-20 Uhr; Sa 8.30-13.30 Uhr.