„La lámpara maravillosa" ist unsere erste Anlaufstation. Der Auftrag: Wir suchen ein antikes Salzgefäß aus Porzellan mit Holzdeckel, ähnlich einem Exemplar, das von einem Pariser Flohmarkt stammte und letztes Frühjahr zu Bruch ging. Wo wir schon überall danach geguckt haben: auf Flohmärkten in Llucmajor, Campos und Consell, auf Antik-Märkten in Südfrankreich und Bayern. Nun sind wir also in Felanitx, wo wir einen Tipp bekommen haben für einen Hinterhof, der voll gestopft sein soll mit alten Möbeln, Koffern, Radios, Leuchtern und Bildern.

Auf der Suche nach einem Parkplatz im Straßenlabyrinth kommen wir zufällig an dem Geschäft „Lámpara maravillosa" vorbei. Wer denkt bei dem Namen nicht an die Erzählung in „Tausendundeine Nacht"? Aladin wird von einem Zauberer beauftragt, eine Öllampe in einer magischen Höhle zu finden. Nach einer Höhle sieht der zwischen zwei Straßen eingeklemmte Trödelladen tatsächlich aus. Und der Zauberer lugt freundlich aus Abdels Augen. Der 30-jährige Marokkaner eröffnete vor sieben Monaten seinen Laden, statt weiter für ein fixes Salär auf dem Bau zu arbeiten. „Da gibt es keine Magie", sagt Abdel, und meint damit die geheimnisvolle Aura, die seine gesammelten Stücke umgibt. Wir kramen unsere Holzsalzdose heraus, die wir kürzlich in Campos erwarben, um sie als Beispiel zu zeigen: eckiger Bauch und eine Rückwand mit Loch zum Aufhängen. Bis auf den Deckel soll das Stück natürlich komplett aus Porzellan sein.

Abdel wiegt den Kopf hin und her. Nein, so etwas habe er nicht. Aber er kenne einen Rentner aus Felanitx, der über Märkte streift und alles Mögliche sammelt. Abdel geht telefonieren. Wir schauen uns derweil im Laden um und entdecken eine Ziehharmonika-Kamera von Balda (für sagenhafte 15 Euro), eine Nachbildung einer chinesischen Porzellanvase, alte Radios, einen Holzvogelkäfig und einen niedrigen Marmortisch auf geschwungenen Holzfüßen (für 40 Euro).

Warum verkauft der Marokkaner mit dem Gesichtsausdruck eines verträumten Kindes viele Sachen so günstig? „Jeder soll etwas finden. Deshalb biete ich auch Kühlschränke und Waschmaschinen an." Am besten verkaufen sich Objekte, die über 100 Jahre alt und von Mallorca sind. Wir geben ihm unsere Telefonnummer, falls sich der Rentner mit einer Salzdose meldet.

Auf dem Weg zu unserem Tipp sehen wir ein Schild, dessen Aufschrift „La Ceràmica" uns wieder Hoffnung macht. Inhaberin Maria Magdalena Oliver läuft gleich zu einem Regal mit Keramikware: „Von solchen Salzgefäßen hatte ich zwei oder drei Stück, aber ich habe sie wohl verkauft." Früher war Felanitx laut Maria Magdalena bekannt für seine Keramik. Wenn heute ein Tourist in den Laden kommt, in dem sie auch Antiquitäten aus der Sammlung ihrer Eltern verkauft, weiß sie nicht, was sie ihm Dorf­typisches zeigen soll. „Es gibt keine Kunsthandwerker mehr", bedauert die Mallorquinerin. Das war der Grund, warum sie vor einem Jahr selbst die Initiative ergriff, sich Abbildungen alter Tonkrüge besorgte, mit denen man früher das Wasser vom Brunnen holte. Die reich verzierten Gefäße trugen das eingestanzte Siegel der Familie, damit es am Brunnen nicht zu Verwechslungen kam. Anhand der Vorlagen zeichnet Maria Magdalena eigene Entwürfe, die ein Töpfer in Felanitx umsetzt. Stolz präsentiert sie die ersten Stücke, darauf prangt - statt einem Familiensiegel - das Antlitz der Marien­figur von Sant Salvador.

Wir müssen weiter, wollen nun endlich „Can Bum", wie der Hinterhof-Trödel heißen soll, finden. Die genannte Straße sieht aus wie jede andere, doch hinter dem Holztor mit der Nummer 7 eröffnet sich eine ungeahnte Welt. Links und rechts vom Gang stapeln sich Stühle, Kommoden, Waschtische, große und kleine Lampen. Es gibt weder Ordnung noch System, ob es sich um Krempel oder Altertümer handelt, erkennt man erst auf den zweiten oder dritten Blick. Víctor Torres sammelt seit Jahren, zu 95 Prozent mallorquinische Möbel und Dinge des täglichen Lebens, die er auf Märkten in Campos und Consell verkauft. Der Hinterhof mit zweistöckiger Halle dient ihm lediglich als Lager. Umsehen dürfen wir uns trotzdem, aber ein Salzgefäß würden wir bei ihm nicht finden, beteuert er.

Wir wandeln durch die im Halbdunkel liegenden Räume. Es gibt keinen freien Platz, im Gegenteil, jede Ecke ist doppelt und dreifach belegt. Mit Holztruhen, Koffern, alten Tretrollern, Jesusbildern, antiken Registrierkassen. Die obere Etage ist größeren und kleineren Möbeln vorbehalten, darunter wuchtige mallorquinische Kleiderschränke genauso wie Anrichten im französischen Louis Seize-Stil. Weiter kommen wir nicht mit unseren Nachforschungen, es ist drei Minuten nach 12 Uhr und Víctor verschließt hinter uns das Tor. „Can Bum" hat gerade mal zwei Stunden am Tag geöffnet. Verdutzt, so schnell wieder in der sonnenhellen Realität zu stehen, vergessen wir für einen Moment sogar unsere Salzdose.

Stöbern & sichtenLa lámpara maravillosa, C/. Mateo Obrador, 2, Tel.: 632-17 83 11. Mo-Fr 9.30-13.30, 15.30-20.30 Uhr, Sa+So 9.30-14 Uhr. La ceràmica, C/. de la Mar, 19, Tel.: 971-58 03 56. Di-Fr 10-13, 16.30-20 Uhr, Sa+So 10-13 Uhr. Can Bum, C/. de S?Abeurador, 7, Tel.: 606-03 98 73. Mo-Fr 10-12 Uhr.