Ein wenig vom Ufer-Flair, für das Palma bis in die 50er-Jahre hinein bekannt war, kann man noch unterhalb der Jonquet-Mühlen von Santa Catalina erahnen. Damals lag das Fischerviertel noch direkt am Meer. Nach 1923 befanden sich dort jahrzehntelang drei Hangars, von wo aus man mit Wasserflugzeugen der Compañía Aeromarítima Mallorquina nach Barcelona fliegen konnte. Heute liegt dort der 5,5 Kilometer lange, stark befahrene zweispurige Paseo Marítimo, die Meerespromenade, die Portitxol mit Portopí verbindet und offiziell gar nicht so heißt, sondern seit 1973 nach dem Erschaffer des Ganzen, dem Ingenieur Gabriel Roca (1896-1986), benannt ist. Wobei ein Stückchen zwischen dem Baluard-Museum und der Einfahrt zum Borne-Boulevard seit 2015 Avenida Adolfo Suárez heißt - dort, wo sich die alte Seehandelsbörse Lonja und das Consolat, der Amtssitz von Ministerpräsidentin Francina Armengol, befinden. Der spanische Ex-Premier Adolfa Suárez war ein Jahr zuvor an Alzheimer gestorben.

Mit dem Bau der Straße ging es 1944 los. Dabei wurden dem Meer große Flächen abgetrotzt. Ein erstes, zunächst einspuriges Stück zwischen dem Riera-Sturzbach und der Mündung des torrent Sant Magí weiter westlich wurde bis 1947 fertiggestellt. Stückweise ging es dann über die Jahre weiter, bis zur Einweihung am 12. Juli 1957. Es regierte bekanntlich Diktator Francisco Franco, und Proteste hatten die Baumeister ebenso wenig zu befürchten wie im Fall der zur gleichen Zeit durchs Häusermeer geschlagenen Straße Jaume III. im historischen Zentrum von Palma. Komplett zweispurig wurde der Paseo 1972. Um ein unansehnliches Brachgebiet unterhalb der Kathedrale ­aufzufüllen, wurde danach der Parc de la Mar angelegt.

Heute gehört die Wohngegend zwischen dem Abzweig des Carrer Andrea Doria und dem Einkaufszentrum Porto Pi nach einer im Januar veröffentlichten Studie von Tecnitasa mit einem Quadratmeterpreis von 3.120 Euro zu den ­teuersten auf den Balearen. Nahe den Wohnungen und Hotels wie dem Tryp Bellver, dem Costa Azul und dem Meliá Palas Atenea findet sich dabei die an den Wochenenden regelmäßig von Hunderten Feierwütigen besuchte Disco- und Kneipenmeile, die sich bis Tito´s hinzieht, der Disco mit den zwei Glasaufzügen. Weiter hinten Richtung Portopí liegen noch das Pacha´s und an der vom Meer abgetrennten Can Barbarà das Garito.

Als einsames architektonisches Schmuckstück der Moderne ragt an diesem Abschnitt des Paseo das 1969 mit einem Konzert der Berliner Philharmoniker unter Herbert von Karajan eröffnete Auditorium heraus, in dessen Hauptsaal sich 1.739 Sitze befinden. Der massive Bau befindet sich gegenüber dem Golondrinas-Kai, von wo aus ­Bootsfahrten durch den Hafen und die Bucht von Palma starten. Finanziert hat das Auditorium der Unternehmer Marc Ferragut (1901-1981), heute betreibt es sein Sohn Rafel.

Auch wenn das auf Mallorca erst nach und nach ankommt, sind die Zeiten, in denen der Autoverkehr in der Stadtplanung Vorrang hatte, definitiv vorbei. Es existieren schon sehr konkrete Pläne, den Paseo Marítimo zu einer richtigen Promenade zu machen, mit breiten Bürgersteigen, weniger Fahrbahnen und mehr Bänken, die aufs Meer ausgerichtet sind, und nicht auf die Autos. Beschlossen sind diese Pläne noch nicht, aber der Druck wächst, zumal am östlichen Ende ein Kongresspalast gebaut worden ist, der viel an Attraktivität gewinnen würde, wenn er nicht direkt an einer Autobahn-ähnlichen Verbindung liegen würde.