Als auf der Finca von José Roses Montis Anfang der 60er-Jahre nur Mandelbäume standen, war alles so still hier. Heute ist es an Arbeitstagen im Carrer Gran Vía Asima ohrenbetäubend laut: In der Hauptstraße des 2,3 Quadratkilometer großen Gewerbeparks Son Castelló nördlich von Palma, der 1967 eröffnet wurde, hört man permanent Lastwagen röhren und manchmal Reifen quietschen.

Etwa 20.000 Menschen arbeiten in den knapp über 1.100 Unternehmen des einst privat finanzierten wuseligen polígono - des ältesten in ganz Spanien. Gleich drei Stationen der wenig benutzten, von der Plaça d´Espanya zur Balearen-Universität führenden U-Bahnlinie wurden hier vor sieben Jahren fertiggestellt - Vía Asima, Camí dels Reis und Son Castelló.

Die zweispurige schnurgerade Hauptstraße wurde nach der Unternehmervereinigung Asociación de Industriales de Mallorca (Asima) benannt. Sie überzeugte Firmenbetreiber davon, aus dem Zentrum von Palma hierhin und auch in den nicht weit entfernt liegenden Gewerbepark Can Valero zu ziehen. An der Gran Vía Asima finden sich denn auch Eisenwarenhandlungen, Farbenläden oder Geschäfte mit Badezimmerarmaturen. Besonders intensiv stechen die Filialen großer Autohersteller wie Opel, Honda, Kia, Lexus oder Suzuki ins Auge. Bei der Firma Mini klebt sogar eines ihrer schnittigen Produkte an einer Hauswand.

Etwas aus dem Rahmen fällt da der Hundesupermarkt Canyplant, wo Jungtiere in Glaskäfigen auf Zeitungspapier kläffen und sogar schwarze Gummistiefel für die lieben Vierbeiner angeboten werden. Und auch das bereits 1967 eröffnete und sichtlich in die Jahre gekommene Leistungssportzen­trum Príncipes de España mit Hallenschwimmbad und Sportplatz samt Tartanbahn erwartet man nicht unbedingt.

Dass dieses Areal voller schmuckloser Betongebäude in den 60er-Jahren in die Landschaft gesetzt wurde, sieht man besonders klar am 15-stöckigen Asima-Hochhaus des Architekten Alejandro Villalba nahe dem Revier der Nationalpolizei. Quadratische metallene Fensterabdeckungen können von innen so reguliert werden, dass mal mehr und mal weniger Licht hier hineinscheint. Sie erinnern irgendwie an Nierentische und die dazu passenden Sitzmöbel. Das markante Gebäude steht am Anfang der Vía Asima nahe der Autobahn Palma-Inca. Im Innern befinden sich unter anderem die Büros der Billigfluglinie Easyjet. Sieben Stockwerke aber stehen leer, was auch für diverse andere Gebäude an der Vía Asima gilt. Neben dem Hochhaus ballen sich die Banken, liegt die Air-Berlin-Niederlassung und befindet sich ein Wok - ein chinesisches Selbstbedienungsrestaurant für die vielen Beschäftigten, die mittags etwas essen wollen.

Und so ist die Vía Asima - obwohl mit Bäumen am Rand, schicken Laternen und Rasenflächen in der Mitte aufgehübscht - eine wenig ansehnliche und unruhige Straße der Arbeit in einem Kunstviertel, das zwar nicht mit einem McDonald´s- oder Burger-King-Restaurant aufwartet, aber dennoch an Kleinstädte im Mittleren Westen der USA erinnert. Ein Industriepark, in welchem man als Autofahrer tunlichst auf der Hut sein sollte. Denn überall parken in zweiter Reihe Lkw und sonstige Lieferwagen, schießen Autos aus irgendwelchen Eingängen, und Menschen huschen auch an unerwarteten Stellen über die Straße.

Die hotelfreie Gegend hier war ja auch nie als Wohlfühlzone gedacht. Obwohl: An den Wochenenden ist es fast so mucksmäuschenstill wie ehedem unter den Mandelbäumen des José Roses Montis und heute noch jenseits des Kreisverkehrs am Nord­ende, wo man von einem Landwirt frische Orangen direkt vom Baum kaufen kann.