Nach der Siesta lustwandelten die Menschen wie üblich auf dem Borne und der Rambla, die Cafés waren gut gefüllt. „Nichts ließ erahnen, dass sich diese Situation von einem Moment auf den anderen ändern könnte", schreibt der Zeitzeuge Jean A. Schalekamp in seinem Buch „Mallorca any 1936" über den Nachmittag des 17. Juli 1936, einen Freitag. Just zu dieser Zeit begann an der damals von Spanien regierten Nordküste Marokkos ein Militärputsch - Startschuss zum dreijährigen Spanischen Bürgerkrieg (1936-1939) und knapp 40 Jahren Franco-Diktatur.

Kaum ein Bürger Palmas wusste an jenem Freitagnachmittag, dass Militärs und paramilitärische Einheiten wie die Falange schon seit Tagen bereit waren, gegen die verhassten Linken in Madrid und auf Mallorca loszuschlagen. Es fehlte nur noch eine verschlüsselte Botschaft.

Selbst der von der Republik designierte Gouverneur der Balearen, Antonio Espina García, schien völlig sorglos. Der Intellektuelle, der erst seit einer Woche im Amt war, vergrub sich in seinen Büchern. Anderen Amtsträgern schwante zwar Böses - wenige Tage zuvor, am 13. Juli, war José Calvo Sotelo, Chef der monarchistischen Partei Renovación Española, ermordet worden -, aber auch sie wussten wohl nicht, dass sämtliche über die Dörfer der Insel verteilten Falangisten schon seit Tagen Gewehr bei Fuß standen. Laut einem späteren Bericht ihres Anführers Alfonso Zayas hatten sie den Befehl erhalten, sich mit ihren Leuten sofort nach Erhalt einer geheimen Botschaft nach Palma zu begeben, um die aufständischen Militärs zu unterstützen.

Am Morgen des 18. Juli gelangte die Nachricht des Aufstandes in Marokko nach Mallorca. Während die örtlichen Vertreter des im Februar 1936 gewählten Linksbündnisses Frente Popular immer nervöser wurden, glaubte Gouverneur Antonio Espina immer noch, dass sich das Problem lösen ließe. Wie der Historiker Arnau Com­pany ausführt, suchten den ganzen Morgen über etliche Amtsträger den Gouverneur auf. Espina hatte zuvor mit dem Militärkommandanten der Balearen, General ­Manuel Goded, gesprochen und seinen Beteuerungen Glauben geschenkt, dass er der Republik loyal sei. In Wahrheit gehörte Goded zu den Putschisten. Ebenso wie bei der Falange und der Monarchisten-Miliz Requeté, die dem 1931 ins Exil in Italien gegangenen König Alfonso XIII. nahestand, war in den Kasernen alles für den Putsch bereit.

Am Nachmittag des 18. Juli erreichte schließlich ein Telegramm den auf der Insel praktizierenden Arzt José María Mulet: „María hat am 14. um 5 Uhr einen schönen Jungen geboren. Beide sind wohlauf - Pedro." Das war die lange erwartete verschlüsselte Botschaft, die an sämtliche am Aufstand Beteiligten weiter vermittelt ­wurde. Am Morgen des darauf folgenden Tages sollte der Kriegszustand ausgerufen werden.

In der Nacht zum Sonntag, den 19. Juli, war man in den Kasernen denn auch hellwach. Die Mitglieder der Falange versammelten sich indes im Sitz des Elitezirkels Círculo Mallorquín. Von dort aus verteilten sie sich über strategisch wichtige Orte der Stadt. Die führenden Politiker der Republik trafen sich in der sogenannten Casa del Pueblo (Haus des Volkes). Bis 22.30 Uhr konferierte der Bürgermeister von Palma, Emili Darder, mit Gouverneur Espina. Weitere Spitzen des Frente Popular trafen sich gegen Mitternacht mit dem Gouverneur - und redeten auf ihn ein, schleunigst Waffen an die Bevölkerung zu verteilen. Doch Espina lehnte dieses Ansinnen rigoros ab und versuchte die aufgeregten Politiker zu

beschwichtigen: „General Goded hat mir sein Ehrenwort gegeben (der Republik treu ergeben zu sein), und dem vertraue ich."

Um 7 Uhr morgens am 19. Juli schwärmten die Soldaten in Palma aus. Eine halbe Stunde später rief General Goded für die Balearen den Kriegszustand aus und befahl die Absetzung der Machthaber der Republik. Diejenigen, die sich ihm widersetzten, würden erschossen. Die Putschisten besetzten das Rathaus, die Post, den Regierungssitz, alle Bahnhöfe und die Telefonzen­trale. Alles ging sehr schnell.

Widerstand gab es kaum, und auch keine Toten, bis auf zwei Jugendliche, die bei einem versehentlichen Feuergefecht zwischen Soldaten und Falangisten starben.

In der Stadt war die Verwirrung groß. Luis Pons, ein liberaler Anhänger der Republik und Freimaurer, erinnert sich: „Es war etwa 9 Uhr. Ich war derart in meinen Gedanken versunken, dass ich am Café de Can Martí gar nicht bemerkte, dass etwas nicht stimmte. Ein schon älterer Mann, ein Marinesoldat im Ruhestand, sagte: Was für ein Schlamassel, die Faschisten sind auf den Straßen! Auf dem Carrer Sant Magí am Café Cuba standen 15 bis 20 mit Gewehren bewaffnete in marineblaue Hemden gekleidete junge Männer. Ich dachte zunächst, es sei ein Streich."

Die Putschisten sollten auf Mallorca das Heft nicht mehr aus der Hand geben - daran sollten auch ein späterer Landungsversuch republikanischer Truppen bei Porto Cristo sowie vereinzelte republikanische Luftangriffe nichts ändern. In den Tagen und Wochen nach dem 19. Juli entfesselten die Franco-Anhänger mit der Unterstützung italienischer Faschisten eine Welle der Festnahmen und Erschießungen, der schätzungsweise 2.000 größtenteils in anonymen Massengräbern verscharrte Anhänger der Republik zum Opfer fielen. Darunter war auch der Bürgermeister Palmas, Emili Darder.

Der Autor, Bartomeu Bestard, ist der offizielle Stadtchronist von Palma. Deutsche Bearbeitung: Ingo Thor.