Inselbewohner aus Mittel- und Südamerika staunen nicht schlecht, wenn sie auf Märkten Gewächse aus ihrer Heimat entdecken: Avocado-, Guave-, Limetten- und andere auf der Insel seltene Bäume. Jeroni Esteva (58) verkauft ihre Früchte dienstags in Artà und sonntags auf den herbstlichen firas.

Wie es dazu kam, berichtet er im Schatten des Vordachs seines Hauses auf dem Anwesen Son Vives. Die knapp drei Hektar große Finca etwas außerhalb von Sant Llorenç de Cardassar hat er von seinen Eltern geerbt. Dort wuchs zunächst die übliche mediterrane Vegetation. „Anfang der 90er-Jahre war ich im Urlaub in der Dominikanischen Republik fasziniert von der Schönheit der Avocadobäume und verblüfft, wie viele Sorten es gibt." Erst wollte er Setzlinge mit nach Hause nehmen, doch das erlaubten die Zollbehörden nicht. Zurück auf der Insel machte er sich mit Katalogen auf die Suche, bis er schließlich bei einem vivero in Vélez (Málaga) fündig wurde.

Esteva setzte sich in einen Kleintransporter, nahm eine Fähre nach Dénia, fuhr nach Málaga und kam mit einer Ladung Avocadobäume (Persea americana) zurück. Heute wachsen auf seinen Plantagen 200 aguacates. Im vergangenen Jahr erntete er etwa 2.000 Kilogramm, dieses Jahr sind es bisher rund 1.000. „Auf der Insel kann man bis zu elf Monate im Jahr frische Avocados ernten", sagt der Mallorquiner.

Vom Bagger auf die Plantage

Zunächst verschenkte er die Avocados an Freunde, denn anfangs war die Plantage ausschließlich ein Hobby. Hauptberuflich hob Esteban mit Baggern Gruben für Bauunternehmen aus. Nach der Wirtschaftskrise und der Heirat mit Tania aus Kuba beschloss er jedoch, sich ganz dem Verkauf von Bäumen und Früchten aus subtropischen Klimazonen zu widmen. Auf den Märkten stellt er die Bäumchen in Pflanzcontainern aus. Die Genehmigung für den Hofverkauf der Früchte lässt noch auf sich warten.

Bei einem Rundgang durch das Anwesen fällt der Blick auf eine etwas tiefer liegende Terrasse mit halbhohen aguacates. Trotz des heißen Sommers wirkt ihr Grün frisch und gesund. „Einen deftigen Regenguss könnten sie aber gut vertragen", sagt Jeroni Esteba.

Im Windschutz von Zypressen wachsen in der Nähe acht Exemplare der Echten Guave (Psidium guajava), auch Guayava oder Guayaba genannt. Esteva hat sie vor etwa 20 Jahren gepflanzt. Sie haben mittlerweile die Größe der Zitrusbäume in der Nähe erreicht. Von Anfang an gediehen die Jungpflanzen aus der Familie der Myrtengewächse prächtig, und der Obstbauer konnte Erfahrungen sammeln mit Baum und Frucht. Im vergangenen Jahr setzte er dann weitere 30 Exemplare.

Heute sind diese knapp einen Meter hoch und tragen schon Früchte. Doch leider kann man sie noch nicht verkosten - erst im November werden sie reif sein. Zuerst - so Estevan - reifen die Früchte mit weißem Fruchtfleisch, etwas später die mit der roten pulpa. Wenn man verschiedene Bäume früher und später Sorten kombiniere, könne man auf der Insel durchaus vier Monate lang frische guayabas essen.

Gepflanzt werden die Bäumchen in nicht zu kleinen Pflanzgruben, in die man zum Anwachsen Langzeitdünger (Basacote) gibt. Gegen die mediterrane Fruchtfliege stellt der Obstzüchter Fallen auf, die in landwirtschaftlichen Kooperativen erhältlich sind.

Neben den Guavebäumen gedeiht auch die Chirimoya (Annona cherimola). Ihre süßen Früchte werden auf der Insel zwischen Oktober und Januar geerntet. Fast reif sind dagegen die Limetten (Citrus × aurantifolia). Sie verströmen bereits den betörend exotisch-aromatischen Duft, der einen sofort an den Geschmack der Mojitos denken lässt. Aber dafür ist jetzt keine Zeit, denn es geht weiter um Bäume. Die der Limetten haben etwas üppigeres Laub als ihre Zitrusverwandtschaft, was daran liegt, dass man sie nur selten stutzt.

Nach der Besichtigung der Plantage ist das Treibhaus an der Reihe; das Thermometer zeigt mittlerweile 35 Grad. Hier stehen Bäumchen in Containern zum Verkauf bereit. Neben zahlreichen Avocadopflanzen (24 Euro) lagern hier verschiedene Guave-Sorten (26 Euro). Aber auch ein spektakulär hübsches Bäumchen namens Karanda-Pflaume (Carissa carandas). Die Frucht sieht zwar wie eine Pflaume aus, doch das täuscht. Das Gewächs gehört zur Familie der Wachsbäume. Die Blüten sind weiß, sie duften süß und ziehen Bienen und Schmetterlinge an. Während der Blütezeit trägt das Bäumchen Früchte. Unreif kocht man sie zu Marmeladen ein, reif isst man sie frisch vom Bäumchen. Man kann die Carissa im Pflanzgefäß ziehen, aber auch als Gartenhecke in die Erde auspflanzen.

Vorgriff auf den Klimawandel Die hübschen Immergrünen finden allesamt auf der Insel großen Anklang, regelmäßig holt Esteva jetzt Nachschub aus Málaga. Die dort gezüchteten Bäume verfügen über den pasaporte fitosanitario. Besuche von Inspektoren des Landwirtschaftsministeriums garantieren, dass die Bäume gesund sind. „Den subtropischen Pflanzen drohen auf der Insel keine Schädlinge, auch Krankheiten sind nicht bekannt", versichert er.

Pflanzzeit ist für Avocado und Co. im September und Oktober oder im März und April. Sie können alle als Busch oder Baum gezogen werden. „Die subtropischen Bäume haben auf Mallorca große Zukunft", meint Esteva. Die Sommer würden immer wärmer, den exotischen Gewächsen mache das nichts aus und sie bräuchten nicht mehr Wasser als ein Zitrusbaum.

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