Wer in Sant Llorenç de Cardassar in Richtung des Hausbergs Puig de Calicant abbiegt, wird von der Ursprünglichkeit der Kulturlandschaft überrascht. Auf sanften Hügeln stehen bewirtschaftete alte Gutshöfe, und die Sonne des Spätsommers verfärbt die abgeernteten Felder in ein fast goldenes Gelb. Hier in der Gegend entwarf der britische Gartendesigner Mark Whiting (43) einen Garten. Dahin führt er die Besucher jetzt.

Die Autos werden in einem Carport geparkt, sein Dach bildet ein dichtes, schattenspendendes Geflecht des Weißen Maulbeerbaums (Morua alba), eine Zuchtform ohne Früchte. Daneben stehen eine stattliche Zahl Solarzellen. „Hier gibt es keinen Anschluss an das öffentliche Stromnetz", berichtet Whiting. Die ebenfalls britischen Besitzer verlassen sich voll und ganz auf den Strom aus den Solarzellen.

Auch die Pumpe, die das Wasser für den Garten aus dem Brunnen nach oben befördert, wird von den Solarzellen mit Strom gespeist. Das stellte den Gartendesigner vor die nicht ganz einfache Aufgabe, ein Anwesen von 20.000 Quadratmetern Größe so zu gestalten, dass der Wasserverbrauch gering ausfällt. Whiting lebt seit sechs Jahren ganz in der Nähe, für diesen Auftrag war er bestens vorbereitet. Er studierte Biologie in Bristol und an der Inchbald School of Design in London, war einige Zeit gemeinsam mit Sally Beal im Vorstand der Mediterranean Garden Society und hat auf der Insel bereits 30 kleinere und größere Gärten entworfen.

In seinen Entwurf für das Anwesen „Alchemy" gliederte er ein 15.000 Qua­dratmeter großes Weizenfeld so ein, dass es sich wie ein großer Schal um den gärtnerisch gestalteten Teil - direkt beim Haus -legt und zum Garten gehört. „Die Halme sind bis zum Sommer grün, der Wind bewegt sie, und an den Rändern wächst neben Mohn eine Vielfalt von Wildpflanzen", erzählt der Brite. Das Feld überlassen die Besitzer kostenlos einem Landwirt. Sie sehen ihr ­Anwesen als eine Art „moderne Farm", auf der Inseltypisches angebaut wird.

Was sie darunter verstehen, zeigt sich am Eingang des Anwesens. Da wachsen Olivenbäume, deren Früchte im vergangenen Jahr 200 Liter Öl lieferten. Zudem säumen mehrere Reihen Prensal-Reben die Einfahrt zum Haus. Die süßen Trauben sind erntereif, im Vorjahr wurden sie an eine Bodega geliefert und mit nicht hauseigenen Muskatel­- und Chardonnay-Rebsorten zu 700 Litern Wein verarbeitet.

Unter Platanen (Platanus × hispanica) führt der Weg zum Haus. Sie erinnern an eine Allee, sind aber so eng gepflanzt, dass sich die Äste berühren. Die Blätter rascheln im Wind, in ihrem Schatten ist es bemerkenswert kühl. Auf dem Weg geht es sich bequem, hier wurde eine dicke Schicht Kies aufgeschüttet, ein gestalterisches Element, das im Garten immer wiederkehrt.

Zwischen Platanen und Haus setzt sich die Allee mit hohen Zypressen fort. Sie geben der weißen Hausfassade vertikale Akzente. „Zu Beginn meiner Arbeit wirkte das Haus wie ein Fremdkörper in der Landschaft", so der Gartendesigner. Mit zwei Natursteinterrassen wurden drei Höhenmeter ausgeglichen, auch ihre Breite macht das Haus optisch niedriger. Auf einer der Terrassen ließ Whiting niedrige Olivenbäumchen anpflanzen. Der Boden ist auch hier mit einer dicken Schicht Kies belegt, mit Rechen wurden Ornamente gezogen, Gießwasser braucht dieses Beet nicht.

Der Gang zum hinteren Teil des Hauses wird von einer langen Reihe Lavendelsträucher begleitet. Das langgezogene Beet ist - wie alle anderen im Garten auch - mit niedrigem Cortenstahl eingefasst. Die Bewässerung ist hier sehr sparsam eingestellt - Lavendel verträgt bekanntlich nicht allzu viel Feuchtigkeit.

Auf der Rückseite des Hauses begrenzt eine weiß blühende Oleanderhecke den Hausgarten, hinter dem Pool schützt die Hecke ein daybed vor Blicken. Die Wurzeln aller Hecken sind mit dünner Folie belegt, die das Unkraut am Wachsen hindert, ohne dabei den Mikroorganismen im Boden zu schaden. Rindenstücke schützen vor Verdunstung.

In quadratischen Beeten direkt beim Haus blühen auf gut einem Meter hohen Stängeln in Weiß die Prachtkerze (Gaura lindheimeri) sowie in Blauviolett die Blauraute (Perovskia atriplicifolia ´Blue Spire´). Daran anschließend bestimmen ornamentale, geometrische Formen einen besonderen Zitrusgarten. Hier ist kriechender Rosmarin in quadratischen Beeten gepflanzt, in der Mitte ist jeweils Platz für ein Orangen-, Zitronen- oder Limettenbäumchen.

An der Fassade auf der Rückseite des Hauses klettert eine Jungfernrebe (Parthenocissus) empor. Sie sei, so der Gartenarchitekt, die pflegeleichteste vertikale Begrünung, die es derzeit gibt. Hinter dem Pool, dort, wo die Dusche steht, ist ein kleines Stück Rasen angelegt. Hier wachsen auch drei Washingtoniapalmen. Whiting empfiehlt seinen Kunden derzeit keine Dattelpalmen mehr, damit sie sich kein Gift für die Bekämpfung des Palmrüsslers in den Garten holen müssen.

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