Serie: Hideaways auf Mallorca - Don Francisco de Net, so geht die Legende, konnte von Puigpunyent nach Palma reiten, ohne das Anwesen auch nur einmal zu verlassen. Seine possessió zwischen dem heutigen Can Valero in Palma und der Nordküste zählte im 17. Jahrhundert zu den größten der Insel, der König von Aragón schenkte sie dem Piraten für seine tapferen Dienste. Das Herrenhaus, entschied der zum Ritter geadelte Krieger, sollte auf einem Hügelkamm stehen. Umgeben von majestätischen Bergen und mit Blick auf das Dorf Puigpunyent.

Die Straße, die heute von Palma nach Son Net, inzwischen ein Fünf-Sterne-Hotel führt, schlängelt sich noch immer durch felsige Senken und verlassene Kiefernwälder, entlang verzweigter Wasserläufe und grüner Schilfvegetation. So ähnlich muss es hier schon vor 400 Jahren ausgesehen haben, denken Gäste, die sich vom Flughafen in diesen touristisch noch weitgehend unentdeckten Teil Mallorcas aufmachen. Die Auffahrt zum Hotel windet sich in einem weiten Bogen den Hügel hinauf. Die neu gepflanzten Palmen links und rechts verraten bereits, dass sich seit Don Franciscos Zeit einiges verändert hat.

Nachdem das Anwesen im Laufe der Jahrhunderte in kleinere Besitztümer aufgeteilt worden war, ergatterte der New Yorker David Stein 1986 das zehn Hektar große Sahnestück mit dem schlossähnlichen Bau. Der Kunstsammler und Hotelier nutzte das Domizil zunächst als Ferienhaus. Bis er 1994 an der französischen Côte d´Azur ein ähnlich spektakuläres Objekt übernahm: ein 400 Jahre altes Schloss und Fünf-Sterne-Hotel, das einmal dem Onkel des amtierenden schwedischen Königs Karl Gustaf gehörte. David Stein entschied, auch sein Feriendomizil auf Mallorca in ein Gästehaus der besonderen Art zu verwandeln. Vier Jahre später eröffnete er das Gran Hotel Son Net.

Luxus braucht Platz, weiß nicht nur Unternehmer David Stein und richtete statt der erlaubten 53 nur 31 Zimmer und Suiten in dem ­dreistöckigen Herrenhaus sowie dem neu errichteten ­Nebengebäude ein. Das kleinste Zimmer ist mit 40 Quadratmeter noch größer als so manches Apartment in München oder London (Übernachtung 175 Euro bis 1.500 Euro/Nacht inklusive Frühstück). Die Präsidenten­suite zählt gar 150 Quadratmeter, besitzt zwei Queen Size Betten, ein Marmor-Badezimmer, ­Antiquitäten und spektakuläre Ausblicke ins Tal. Eine Ritterrüstung erinnert an den furchtlosen Piraten de Net, dessen guter Geist noch zwischen den Natursteinböden und geschnitzten Holzdecken zu schweben scheint.

Natürlich sollen sich die Gäste aus England, Amerika, ­Deutschland oder der Schweiz - darunter etwa die Schauspielerin und Oscar-Preisträgerin Hilary Swank - in Son Net nicht wie im Museum fühlen. Sondern vielmehr im Privathaus eines guten Freundes. Innenarchitekt Antonio Obrador kombinierte klassische Möbel mit auffälligen Stoffen und edlen Vorhängen.

Zugleich verstärkte er den Farb­effekt der blau-weißen Fliesenmuster mit gediegenen Club-Sesseln im selben Ton. Die Wände verschönern ausladende Spiegel sowie Originalwerke aus der Sammlung des Hausherrn, von Künstlern wie Marc Chagall, Frank Stella, David Hockney. Auch ein Foto des Verpackungskünstlers Christo ist darunter, es zeigt die Verhüllung der berühmten Brücke Pont-Neuf von Paris.

Mit Hoteldirektor Toni Duran erkunden wir den Hotelgarten, spazieren über die großzügige Terrasse mit einer Brunnenanlage von Ben Jakober weiter zum Pool unterhalb des Hauptgebäudes. Das Becken ist 30 Meter lang. „Für US-Amerikaner muss alles groß sein", erklärt der 35-jährige Duran, der in der Schweiz studierte und bereits weltweit Berufserfahrungen sammelte. Trends in der Spitzen-Hotellerie werden auch im Son Net aufmerksam verfolgt, so der Mallorquiner. Wichtig seien große Bäder, eine regelmäßige neue Ausstattung der Zimmer, Mitarbeiter mit Persönlichkeit (das Son Net hat 65 Angestellte), Nachhaltigkeit sowie ein Angebot von selbst angebautem Gemüse, Olivenöl und einem eigenen Weinberg.

Wer die Gaumenfreuden von Chefkoch Cristian Coll (vormals Jumeirah Hotel) entdecken möchte, tafelt im Restaurant Oleum, die frühere Ölmühle. Auch die ehemalige Königin Sofia von Spanien war bereits mehrmals zu Gast. Noch beliebter für ein Tête-à-tête ist nur das geräumige Baumhaus mit Panoramablick über das Tal von Puig­punyent. Das Treehouse erklimmt man über eine stabile Treppe, es erinnert an eine afrikanische Lodge und ist den Sommer über so gut wie ausgebucht (Menü ab 120 Euro/Person). Die Aussicht von der Baum-Terrasse hätte auch Ritter de Net gefallen: Sie reicht bis zum Puig de Galatzó - weit über das ursprüngliche Anwesen hinaus.