Wenn Ángel Mota Besuchern seine Bonsai-Skulpturen vorstellt, scheint er mit keiner von ihnen restlos zufrieden zu sein. Seine Sammlung von über 150 Exemplaren ist in seinem Garten in Palmas Vorort Son Rapinya ausgestellt. Auf dem internationalen Parkett der Bonsai-Experten hat sich der 65-Jährige einen Namen gemacht, seit dreieinhalb Jahrzehnten pflegt und sammelt er die Bäume im Mini-Format. Hauptberuflich ist Mota Besitzer und Leiter des Unternehmens „Don Armario". Für seine Pfleglinge heimste er bei Wettbewerben in europäischen Ländern sowie in Japan zahlreiche Preise ein. Wobei es für Europäer schon eine Ehre ist, ins Ursprungsland des Bonsais eingeladen zu werden. In einem im japanischen Stil eingerichteten Teehaus präsentiert er seine Urkunden und Trophäen.

Bonsai ist eine Art Kunst am lebenden Objekt. Dass sie niemals einen Abschluss findet und Mota auch nicht wirklich zufrieden ist mit seinen Werken, liegt daran, dass die Bäume jedes Jahr neu austreiben und bei guter Pflege uralt werden können. Ziel bei der Bonsai-Technik ist es, dass die in Schalen wurzelnden Wesen uralten Bäumen gleichen. „Bonsais sind niemals Zimmerpflanzen", sagt Mota. Die kleinen Bäume sollen, wie die großen in der Natur, Sonne, Wind, Regen und Kälte spüren und die laubabwerfenden Sorten ihre Blätter verfärben und im Winter verlieren.

Wenn der Mallorquiner ein neues Exemplar in seine Sammlung aufnimmt, betrachtet er es lange und überlegt, welche Form zu ihm passen könnte. Wenn die Entwicklung eines Bäumchens dies erfordert, muss das geplante Design viele Jahre später häufig abgeändert werden. Ángel Mota überarbeitet die Bäumchen dann in Übereinstimmung mit der Struktur des Stammes und dem sichtbaren Wurzelwerk mit Spezialwerkzeugen.

Zu manchen Stämmen passt es, dass sie so aussehen, als hätte der Wind sie schräg gepeitscht. Oder man zieht eine „Kaskade", einen Wasserfall, bei dem die Äste auf einer Seite tief nach unten hängen. Das erklärt auch den Namen der von Mota vor langer Zeit gegründeten Schule „Kengai", das ­japanische Wort für Wasserfall. In einem eigens dafür eingerich­teten Raum unterrichtet der Experte jeden Donnerstag eine Gruppe von Schülern. Gelegentlich geben hier auch Meister aus Japan einen Workshop.

„Bon" bedeutet im Japanischen Pflanze, „Sai" Schale. Mit Topfpflanzen hat das wenig zu tun, denn schon die Schalenauswahl ist eine Wissenschaft für sich. Form und Farbe sollen die der Pflanze unterstützen, nicht dominieren. „Nur Bäume, die Früchte oder Blüten bilden, dürfen in farbige Schalen gepflanzt werden", sagt der Experte aus Palma.

Über die Hälfte seiner Bonsais sind Pflanzen, die auf Mallorca heimisch sind. Am häufigsten vertreten ist die Wildolive (Olea europaea var. sylvestris bot., acebuche span., ullastre kat.). Ihre Stämme sind knorrig, wie die der Olivenbäume. Mota holt sie als „Findlinge" ins Haus, wie man dies in der Fachsprache nennt. Sie stammen von alten Olivenbäumen, die auf der Insel in einer Höhe von einem Meter veredelt worden sind. Was darunter ist, bleibt für immer und ewig ullastre. Teilstücke ihrer oberirdischen Wurzeln eignen sich bestens für die Stämme der Bonsais. Manche hat Mota Baggerführern abgeschwatzt, als sie Ölbäume entwurzelten, die einem Neubau weichen mussten. Andere wiederum stammen von einem Olivenhain, der Freunden gehört. Oder aber die Stämme der Bonsais wurden nach einem Brand aus einer verkohlten Wurzel gerettet. In einem Gewächshaus schlugen sie dann neue Wurzeln, und der Stamm führte von da an ein neues, zweites Leben in einer Schale.

Die Wildoliven zählen zu den anspruchslosen ­Sorten, den Sommer überstanden sie gut. Anders die aus Japan stammenden Klassiker, die Mota durch Kauf oder Tausch erwirbt, wie beispielsweise den Dreispitzahorn (Acer buergerianum). Sie haben unter der Hitze gelitten, obwohl eine dichte Folie die Pflanzen vor Sonne schützt. Im Sommer müssen alle Winzlinge zweimal täglich mit wenig Wasser gegossen werden, das über eine Osmoseanlage zu den Pflanzen gelangt. Netze über der Erde schützen die Spezial­erde „Akadama" vor übergriffigen Amseln; sanfte Düngung fördert das Wachstum. Pilz- und Schädlingsbefall müssen regel­mäßig behandelt werden.

Jetzt im Herbst beginnt für die Einheimischen der Insel die Vegetationspause, die richtige Zeit, die Drähte neu zu verlegen. Denn neu austreibende Äste wachsen vom Stamm aus in die Höhe. Sie werden mit Spezialdraht umwickelt, damit sie - und das dauert Jahre - wie bei einem alten Baum nach unten hängen. Niemals dürfen sie Spuren an den Rinden hinterlassen. Es ist alles eine Frage des Geschicks - und der Geduld.

www.angelmota.com (externer Link)