Es ist laut in der provisorischen Werkstatt in einem Zelt auf dem Festival­gelände Son Fusteret in Palma. Ein sechsköpfiges Team baut hier die Umzugswagen für die Dreikönigsparade am Donnerstagabend (5.1.) in der Inselhauptstadt. Aus dem Radio tönt Rockmusik, noch lauter aber ist das Dröhnen der mit Luftdruck betriebenen Nagelpistole. Chef-Dekorateurin Anabel González und ihr fünfköpfiges Team bringen eine Welle aus Schaumstoff an der Seite eines Wagens an. „Dieses Jahr ist das Meer das zentrale Thema", ruft der künstlerische Leiter Antoni Socías den an diesem Montag (2.1.) anwesenden Presservertretern zu.

14 Wagen mit einer Größe von 8 mal 4,90 Metern stellt die Stadt Palma für die cabalgata. Der „Cant de la Mar" (Meeresgesang) getaufte ist komplett neu. „Mit den vielen Details war er auch am aufwendigsten", sagt González, die seit November an den Gefährten bastelt. Die Gestaltung übernimmt seit acht Jahren Antoni Socías. Er fertigt zuerst Skizzen und Konstruktionspläne der Wagen an. Einzelne Elemente entwirft der künstlerische Leiter mittels einer 3-D-Software in Zusammenarbeit mit einem Informatiker. „Wenn ich mit dem Bild zufrieden bin, schicken wir es an die Firma Poraxa in Porreres, die die Figuren aus Styropor anfertigt", sagt er. Diese Grundkörper verziert González dann mit farbigem Schaumstoff und befestigt sie am Wagen.

Da das Verfahren sehr kostspielig ist, fertigt das Team in Son Fusteret kleinere Elemente selbst per Hand an. Oder aber es verwendet die Dekoration der vergangenen Jahre. Der „Poseidon"-Wagen etwa ist ein Mix aus zwei alten Gefährten. Auch die restlichen zwölf Wagen mussten überarbeitet­ werden. „Mindestens ein paar Details ändern wir jedes Jahr", sagt González. „Zudem müssen wir die Wagen neu anstreichen und die Schrauben nachziehen."

Besonders stolz ist die Dekorateurin auf die Eisenbahn. Im Gegensatz zu den bunten Meereswelten kommt die bronzefarbene Lokomotive etwas schauerlich daher. Vorne am Führerhaus montiert das Team einen Fernseher. „Da wird dann ein großes Auge zu sehen sein", sagt Socías. „Die Kinder sollen wissen, dass die ,Reyes´ sie immer beobachten und böse Taten mitbekommen."

Die Heiligen Drei Könige selbst werden auf ihrem jeweiligen Thron auf den Booten Platz nehmen: Balthasar auf einem ägyptischen, Caspar­ auf einem römischen und Melchior auf einem Wikingerboot. Die Schauspieler dafür suchte Socías bei einem Casting aus.

Wieder dabei ist dieses Jahr die Straßenmusikerin Naida Abanovich. Sie überzeugte im vergangenen Jahr mit ihren Arien auf dem Wagen „Madò Caragola" (Schneckenprinzessin). Überhaupt wird der musikalische Teil weiter ausgebaut: Auch Leonard Cohens „Hallelujah­" soll zu hören sein. Und der neue „Cant de la Mar"-Wagen ist mit fünf Sängern besetzt, die sich singend aus Schatzkisten und Muscheln erheben und dann wieder im Rhythmus der Musik im Inneren verschwinden. González zeigt ein Video von den Proben: Es erinnert an das Jahrmarktsspiel, bei dem ein auftauchender Maulwurf mit einem Hammer geschlagen werden muss.

Drei Tage vor der Parade ist das Konstruktionsteam mit dem Baufortschritt zufrieden. „Es fehlen­ noch die Beleuchtung und der Ton", sagt González. Zum Schutz der Kinder haben die Handwerker rund um die Wagen mit dicken Stoffen umhüllte Kästen angebracht, die fast bis zum Boden reichen. „Tiefer geht es nicht, weil das Gefährt sonst bei Bodenwellen und Schlaglöchern aneckt." Vor vier Jahren starb ein sechsjähriger Junge in Málaga, der unter einem Wagen nach Süßigkeiten suchte und überfahren wurde.

Die Arbeit ist für das Team am Donnerstag noch nicht beendet. Während des Umzugs laufen die Techniker hinterher und können so im Notfall umgehend Reparaturen vornehmen. Am Wochenende darauf ist dann Abbau und Einlagerung­. „Das ist immer ein sehr trauriger Moment", sagt González.

Neben den Gefährten der Stadt Palma entwerfen auch Unternehmen und Vereine, wie El Corte Inglés oder Real Mallorca, acht weitere Umzugswagen. „Die sind alle größer", sagt González etwas wehmütig. Zudem hat die gebürtige­ Sevillanerin einen Wunsch für die Paraden der nächsten Jahre: „In anderen Städten bewegen sich die mechanischen Tiere. Es wäre schön, wenn unsere Kamele von den Wagen absteigen könnten."