Als Flavia Gargiulo vier Jahre alt war, arbeitete ihre Mutter als Designerin für Kindermode. „Sie hatte ein Zimmer mit einem großen Tisch zum Zeichnen. Eine meiner ersten Erinnerungen ist, wie ich neben ihr sitze und auch mit bunten Stiften male", erzählt die 34-Jährige. Sie wurde als Tochter eines Argentiniers und einer Chilenin in Madrid geboren. Seit ihrem siebten Lebensjahr wohnt sie auf Mallorca.

Gargiulo ist mit ihren Arbeiten im vergangenen Jahr bekannt geworden. Da war zum einen der Catalina-Homar-Comic, der kürzlich erschienen ist (MZ berichtete). Auch im Wimmelbuch „Dimonis de Mallorca" über die Sant-Antoni-Teufel war sie mit einer Doppelseite über Capdepera vertreten. Zum anderen war da aber auch das Buch „­Viatge al món de n´Aina", das sie für die Autorin Aina Zuazaga illus­triert hat. Damit wird sie Anfang April auch auf der Internationalen Kinderbuchmesse in ­Bologna vertreten sein. Dort sind die Balearen und Katalonien in diesem Jahr

Gastland.

Ihr Atelier im Zentrum von Palma steht voller Bilderrahmen. „Ich sammle sie seit langer Zeit, finde sie auf der Straße, kaufe sie bei Flohmärkten oder auch bei Ikea. Es ist praktisch, welche für Ausstellungen zu haben, aber langsam nimmt das hier überhand", sagt sie lachend. Eine Chance, ein paar Rahmen zu verwenden, kommt bald: Gerade beendet sie Arbeiten für eine Ausstellung, bei der Illustratoren und Comiczeichner die Sammlung des ­Diözesan­museums neu interpretieren. Organisiert wird sie vom Clúster de Comic. Dort ist Gargiulo seit anderthalb Jahren Mitglied. „Es ist unheimlich wichtig, dass wir Illustratoren uns gegenseitig helfen", sagt sie. „Die Arbeit kann sehr anstrengend und einsam sein, da tut es gut, dass man Kontakte zu anderen Kollegen hat. Außerdem können wir als Kollektiv stärker auftreten."

Unter den Kollegen gebe es so gut wie kein Konkurrenzdenken. „Worin soll denn die Konkurrenz bestehen? Die Auftraggeber suchen meist einen bestimmten Stil, den kann man nicht immer erfüllen." Die meisten ihrer Arbeiten sind solche Auftragsjobs, in die sie immer mehr ihre persönliche Note einbringt. Gargiulo arbeitet minutiös und detailreich. Früher hat sie meist Aquarelle gemacht, jetzt nimmt sie gern auch das Zeichenpad am

Computer.

Wozu sie aber wirklich in der Lage ist, merkt man erst, wenn sie ihre Herzensanliegen zeigt. Etwa einen zweiseitigen Comic, den sie im vergangenen Jahr in der Zeitschrift „Nova Onada" veröffentlicht hat. Sie hat ihn zusammen mit ihrem Freund Pere Pau Sancho, einem der Gründer des Trampa Teatre, geschrieben. Es ist eine brutale Geschichte um Flüchtlinge, die im Mittelmeer ertrinken.

Vor allem aber erkennt man ihren intelligenten, sozialkritischen Humor bei einer Ausstellung, die sie vor vier Jahren mit dem Künstler und Schauspieler Diego Ingold im Museu de la Jugueta gemacht hat. Damals entwarfen sie fiktive Spielzeug­serien, die alte Spielzeuge aus den 50er-Jahren parodierten. Ein paar von den Ausstellungsstücken hat sie noch in ihrem Atelier stehen. So etwa eines, bei dem man sich mit Scherben ein neues Haus bauen sollte. Eine bitterböse Kritik an den Zwangsräumungen von Wohnungen. Ein anderes handelt von den Kindern, die von der Kirche zwangsadoptiert werden. „Viele Menschen fanden unsere Ausstellung damals gar nicht lustig. Es war zu nah dran. Wenn sie die Ausstellungsstücke heute sehen, schmunzeln sie schon. Es war ein großer Spaß, aber kommerziell war die Schau ein kompletter Reinfall."