Enrico und Steffi aus Erfurt waren heilfroh, in einer Nebenstraße in Arenal nach mehrstündiger Suche endlich einen nicht allzu teuren aufblasbaren Riesen­flamingo mittlerer Größe gefunden zu haben. „Wir hatten sieben Läden abgeklappert, bis wir endlich einen für 25 Euro fanden", so der Urlauber und Vater von zwei Kindern, der gerade am Strand stolz sein Errungenschaft präsentiert. „Aufgeblasen hat man ihn uns in dem Geschäft mit einem Kompressor." Während der Ferien lässt die Familie nie die Luft raus, sondern deponiert den sperrigen Flamingo auf dem Hotelbalkon.

Es ist Donnerstag, der 27. Juli, und auch Ruzgar aus Bayern und ihr Freund haben einen Vogel zum Strand mitgebracht - einen nicht ganz so pinken und etwas anders geformten Flamingo, den sie für 39 Euro bereits in Deutschland erstanden hatten. Der Nachteil: „Wir mussten ihn dann hier stundenlang mit dem Mund aufblasen", erzählt die Urlauberin.

Ob rosa Flamingo, weißes Einhorn, gelbe Ente, knallrote Wassermelone, braune Brezel, oranger Hummer, buntes Pizzastück, grüner Kaktus oder lila Donut - die teils mannshohen und dazu farbintensiven Teile sind in diesem Sommer der letzte Schrei an den Stränden und in den Pools von Mallorca. „2016 sah man sie nur sehr vereinzelt, dieses Jahr finden sie reißenden Absatz", weiß Silvia vom Miramar-Supermarkt in Arenal. Die mittelgroßen Kunststoff-Ungetüme sind auch bei ihr schon alle weg. „Ich hatte 28 Stück, alle so um die 30 Euro, und habe sie in nur drei Tagen alle verkauft." Wobei der Flamingo und das Einhorn besonders nachgefragt werden und der Schwan dagegen nicht so sehr.

Es gibt noch zwei weitere Größen in den Läden: Sehr voluminöse Gummitiere und -teile kosten 50 Euro, kleinere Exemplare wie Haie, Delfine oder Krokodile sind für 10 bis 15 Euro zu haben. „Die ganz großen werden zwar auch gekauft, aber nicht so oft", sagt Silvia.

So schön die Teile sind, es gibt auch Risiken: Wenn man sie in Pools benutzt, können sich vor allem Kinder verletzen. „Wenn sie auf den Teilen herumspringen, könnten sie falsch fallen und auf den Poolrand knallen", warnt Jesús Hernández von der Stiftung der Mapfre-Versicherung. „Ich rate auf jeden Fall zur Vorsicht!"

Dafür zeigen sich die Meeresschützer erst einmal relativ unbesorgt: Der Umwelt würden Flamingo und Co. nur dann schaden, wenn ihnen die Luft ausgeht und sie als Plastikmüll auf den Meeresboden sinken, so ein Sprecher der Umweltschutzorganisation Oceana, der ansonsten gegenüber der MZ keine Bedenken äußert.

Hergestellt werden die neumodischen Badegesellen im Wesentlichen von zwei schon seit Jahrzehnten bekannten internationalen Pool-, Luftmatratzen- und Wasserbettproduzenten, nämlich Intex und Bestway. Wobei letztgenanntes Unternehmen nicht primär auf Tiere setzt, sondern eher den knalligen Rettungsinsel-Varianten den Vorzug gibt.

Die Konzerne lassen die Teile kostengünstig in China produzieren. „Sie haben wohl selbst nicht vorausgesehen, was das für ein Hype wird, weswegen es ­mitunter sogar Lieferengpässe gibt und wir den Leuten sagen müssen, dass derzeit nichts da ist", sagt Verkäuferin Silvia.

Befeuert wird der Hype von sogenannten Internet-Influencern und Prominenten, die auf die augenfälligen Teile aufmerksam geworden sind. Das brasilianische Supermodel Alessandra Ambrosio ließ sich etwa ebenso damit fotografieren wie die bekannte spanische Schauspielerin Paula Echevarría und der DJ Kiko Rivera, der als Sohn der Flamencosängerin Isabel Pantoja ein Liebling der Regenbogenpresse ist. All diese Bilder gelangten in die sozialen Netzwerke. Das US-amerikanische It-Girl Kim Kardashian ersonn sogar ein besonders schräges Gummi­teil - ihr bekanntlich besonders perfekt geformtes Hinterteil.

Es war wohl Letzteres, das Hochglanzmagazine erst recht dazu brachte, auf den Zug aufzuspringen. Und zwar weltweit. Erst vor ein paar Tagen fragte sich die mexikanische Ausgabe von „Instyle", wo man denn die irren Flamingos, die die Promis so mögen, kaufen kann. Die MZ empfiehlt eine Reise nach Mallorca.