Heute ist Tag zwei von drei, so lange braucht es, um den zwei Hektar großen Weinberg in Binissalem abzuernten. Die hier von Castell Miquel seit 2004 angebauten Monastrell-Trauben sind Anfang September noch in einem frühen Reifestadium - genau richtig, um die urspanische Traube zu einem fruchtigen Rosé mit Erdbeernoten Stil Provençal zu veredeln. Für den blassrosa Ton des Rosé wird die Haut der Trauben nach der Pressung nach vier bis sechs Stunden vom Saft getrennt, erklärt Jesús Jimenez, Önologe der Bodega in Alaró. In der Haut der Traube stecken die Farbstoffe, sie verleihen dem Wein seine Couleur. Je länger sie Kontakt mit dem Saft haben, umso intensiver die Weinfarbe.

Die Trauben für den Weiß- und Roséwein der 40 Hektar großen Bodega des deutschen Unternehmers Michael Popp (30 Hektar Besitz, zehn Hektar angemietet) werden seit Anfang August gelesen, die Rotweintrauben sind später dran. Bedingt durch Frost im Frühjahr und teilweise hohe Regen­mengen fällt die Weinlese in dieser Saison nicht nur in Spanien, sondern in ganz Europa 30 bis 50 Prozent niedriger aus als in den vergangenen Jahren. „In Frankreich rechnet man mit der geringsten Ernte seit dem Zweiten Weltkrieg", erklärt Rodrigo Bravo, Agrarökonom und Betriebsleiter in Castell Miquel. Es wird weniger Wein auf den Markt kommen, das treibt die Preise nach oben. Was die Qualität der Trauben auf Mallorca angeht, ist Bravo aber optimistisch: Die Trauben sind klein und gesund; und während des Reifeprozesses gab es wenig Regen und nicht zu hohe Temperaturen. „Der Säuregehalt der Insel­trauben ist ungewöhnlich hoch", so Jesús Jimenez, der in den letzten Jahren in den Rotweingebieten Ribera del Duero und Toro auf dem spanischen Festland wirkte, unter anderem an der Seite des franzö­sischen Önologen Michel Rolland, der weltweit zu den besten seines Fachs zählt.

In Castell Miquel konzen­triert man sich mit 7.000 Tonnen Trauben pro Hektar von Haus aus auf niedrige Ertragsmengen, um die Qualität der Trauben zu fördern. Für einen konzentrierten Rotwein aus hochreifen Trauben werden die Reben bis zu sieben Mal im Jahr beschnitten. „Die Ernte bleibt so unter 30 Prozent des möglichen Ertrags, mit einer Jahresproduktion von 200.000 Flaschen", sagt Rodrigo Bravo. Wenn der ­Reifeprozess beginnt, dünnt man den Weinstock aus und gibt den Reben wenig Wasser, damit die Trauben klein bleiben. Das Ziel ist prozentual weniger Fruchtfleisch, aber mehr Schale mit vielen Aromen, dazu ein hoher Zucker- und später Alkoholgehalt. „Jede Traube hat, je nach Sorte, ihr Optimalgewicht, wir nehmen regelmäßig Proben und untersuchen die Inhaltsstoffe im Labor", erklärt Jesús Jimenez. Die 13 Mitarbeiter in Castell Miquel, darunter Önologen, Agrarökonomen, Landwirte und Marketingexperten, arbeiten eng zusammen. „Heute entsteht ein Wein nicht im Alleingang in der Bodega, man hört auf den Markt und die Wünsche des Verbrauchers", erklärt Jiménez.

Für die richtige Balance der zehn Rot-, Rosé- und Weißweine werden die Trauben bereits im Feld handverlesen und bis zur Kelterung bei fünf Grad gelagert, um eine verfrühte Fermentation auszuschließen. Die Weiß- und ­Roséweintrauben werden nach der zweiten Lese in der Bodega durch eine Ganztraubenpressung schonend gekeltert und die Jungweine während der sechs- bis achtwöchigen Gärung vor aggressivem Sauerstoff geschützt. Die Rotweine gären in Maischetauchertanks, die eine besondere Eichenholz-Ummantelung tragen. Durch den frühen Kontakt mit Eichenholz entfalten sich intensive Aromen.

Anschließend reift der Rotwein in Barriquefässern aus französischer und ungarischer Eiche. Für Bodega-Besucher entkorkt Rodrigo Bravo eines der Fässer und hält zuerst die eigene Nase prüfend darüber. Mit geschlossenen Augen atmet er die holzigen Weinnoten ein. Zwölf Monate braucht der Wein, um sein volles Aroma zu entfalten. Anschließend wird er abgefüllt und mit einem Glasverschluss statt Korken versiegelt - eine Besonderheit, mit der sich Castell Miquel von den Mitbewerbern abhebt.

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