Die dunkelvioletten Auberginen aus Mallorca tauchen schon in mittel­alterlichen Rezepten auf. Brot ist auf den Balearen viel dunkler als auf der Iberischen Halbinsel. Und Karmeliterinnen durften kein Fleisch essen: Die Nonnen nannten deshalb ihr Festessen „Weihnachtsferkel", obwohl es mit Äpfeln gefüllte Tintenfische waren.

Das sind nur einige der Anekdoten, die das Kochbuch „Mallorca in der Küche: Traditionelle Rezepte für die ganze Familie" schmücken. Und genau das macht dieses Buch so besonders: Es enthält nicht nur 25 mallorquinische Rezepte, sondern erklärt auch den Kontext und Ursprung der Gerichte. Dazu zeigen die ausgesprochen liebevollen Illustrationen von Mar Oliver, wie die Zutaten zubereitet werden.

Am 26. Mai hat das Buch, das in den Sprachen Spanisch, Katalanisch, Englisch und Deutsch erschienen ist, den Gourmand Award „Best in the World" in der Kategorie Übersetzung gewonnen. Die Preisverleihung fand in Yantai (China) statt. „Für uns war das eine wunderbare Überraschung", sagt Margalida Castells, die Autorin des Buches. Denn die Verantwortlichen des französischen Kochbuch-Preises waren von allein auf die deutsche Version aufmerksam geworden. Durch die Initiative des deutschen Dix-Verlages, dem die Kombination eines Kinderbuchs mit den Themen Mallorca und Gastronomie besonders gut gefiel, wurde diese Fassung seit der Frankfurter Buchmesse 2016 verstärkt in Deutschland, Österreich und der Schweiz verbreitet.

Den Gourmand Award sehen die Schöpferinnen des Buchs, Margalida Castells und ihre Freundin und Geschäftspartnerin Lluïsa Calafat, auch als Auszeichnung für die Insel selbst und ihre Gastronomie.„Wir haben sie nur in Worte gefasst und auf Seiten gedruckt, um eine Brücke zu schaffen, damit die Menschen sie kennenlernen können", erklärt Margalida Castells. „Auch Gastronomie ist kulturelles Erbe und Kultur." Und die Kultur

Mallorcas möglichst vielen näherzubringen, ganz besonders Familien aus aller Welt, sei ihnen eine Herzensangelegenheit.

Lluïsa Calafat ist Kunsthistorikerin und arbeitet in der Biblio­thek des Rathauses, Margalida Castells ist eine auch als Konditorin tätige Historikerin. Beide ­lernten sich durch Margalida Castells damaliges Unternehmen kennen, das Stadtführungen in Palma für Kinder anbot. 2015 gründeten sie gemeinsam den Verlag Souvenir Edicions. Die Bücher sollen Familien dabei helfen, die Insel wirklich zu verstehen - „abseits von Eindrücken wie: schöne Strände, großer Flughafen und nächtliche Partys", sagt Margalida Castells. „Mallorca ist so viel mehr!"

In anderen Publikationen des Verlags geht es darum, Palma spielerisch zu entdecken und allgemein Wissenswertes über Mallorca oder etwa Valldemossa zu erfahren. Zudem vertreibt der Verlag Mallorca-Spiele und -Souvenirs. Erst später kamen die Kochbücher „Mallorca im

Backofen" und „Mallorca in der Küche" hinzu.

„Unsere Bücher sind wie unsere Kinder. Bei 'Mallorca in der Küche' hat vor allem Marga das Sorgerecht", so Lluïsa Calafat. Ihre Freundin hat die Rezepte zusammengestellt. „Mein Herz ist mit der Küche verknüpft", sagt Margalida Castells, und erzählt davon, wie sie sich schon als Kind für Kochbücher begeisterte. Wie sehr sie die mallorquinische Sommerküche liebt und das saisonale Gemüse mit den Abendessen auf der Terrasse ihrer Eltern verbindet. „Nach Hause zu kommen, und die Auberginen sind fertig: Das ist unbezahlbar", schwärmt sie.

Für Lluïsa Calafat gibt es dagegen nichts Besseres als die coca de patata aus Valldemossa. „Als Kind habe ich einmal eine Magenverstimmung bekommen, weil ich sechs Stück davon gegessen habe", erzählt sie.

Beim Kochen gehe es immer um Momente, Menschen, Gefühle, Gerüche und Farben, so Margalida Castells. Und viele Rezepte aus „Mallorca in der Küche" enthalten solche persönlichen Erinnerungen. Doch darüber hinaus bezeugen sie, was die Mallorquiner im Laufe der Jahrhunderte anbauten und aßen. Ein kulturelles Erbe, zu dessen Erhalt Lluïsa Calafat und Margalida Castells beitragen möchten.

Ein paar der Rezepte aus dem Kochbuch muss man vielleicht von klein auf kennen, um sie zu schätzen - wahrscheinlich sind nicht alle kleinen Kinder so mutig, ein frit mallorquí mit Leber oder gebratenem Lammblut zu kosten. Aber das Buch weckt ganz bestimmt ihre Neugier. „Kultur bedeutet gleichzeitig, sich Neuem zu öffnen und Eigenes zu bewahren", findet Margalida Castell. Konkret bedeutet das für sie: Mallorquiner dürfen ruhig lernen, exotisches Essen zuzubereiten, aber dabei nicht die traditionellen Gerichte vergessen. Sushi und Pa Amb Oli sind kein Widerspruch.

„Mallorca in der Küche. Traditionelle Rezepte für die ganze Familie", Souvenir Edicions, 14 Euro.