Von Martina Zender

Zum achten Mal trifft sich am 20. Juli ein erlesener Zirkel bester Köche aus Barcelona, Paris, Tokio, Moskau, Wien, Barcelona, Bensberg und Mallorca im St. Regis Mardavall, um die Gäste mit einer Kulinarischen Safari zu verwöhnen. Mit dabei ist auch Joachim Wissler. Er ist schon mehrmals von seinen Kollegen zum „Koch der Köche" gekürt worden und hat fast alle Punkte, Sterne und Auszeichnungen erhalten, die es in der Gastronomie zu vergeben gibt. Vor 55 Jahren auf einem Bauernhof mit Schankwirtschaft auf der Schwäbischen Alb geboren, ging Wissler mit 17 in die Lehre und war schon mit 28 Chefkoch in Schloss Reinertsbach. Seit dem Jahr 2000 leitet er die Restauration im Barockschloss Bensberg mit dem Drei-Sterne-Restaurant Vendôme. „Der Erfolg ist nicht nur Ergebnis eigener Arbeit, sondern kann auch die Folge von positiven Umständen sein, die nicht ewig andauern", lautete einer seiner Leitsätze.

Sie nehmen nicht oft an solchen Veranstaltungen teil, was hat Sie dazu bewogen, zuzusagen?

Mir gefiel die Zusammenstellung der Köche. Außerdem ist hier genau die Klientel präsent, die auch ins Schloss Bensberg kommt. Es könnte also von Vorteil sein, mich hier zu zeigen.

Brauchen Sie denn überhaupt noch Werbung als einer der besten Köche Deutschlands?

Wir sind sehr gut besucht, das stimmt, aber Werbung schadet doch nie, oder? Man muss zudem sehen, dass die circa 30 bis 40 Spitzenrestaurants in Deutschland trotz rund 65 Millionen potenziellen erwachsenen Gästen nicht täglich ausgebucht sind. Da muss man sich immer etwas überlegen.

Was ist Ihnen bei der Entwicklung eines Gerichts wichtiger? Der Kopf oder der Bauch?

Man sagt mir nach, ich würde das meiste vom Kopf her angehen, und das stimmt auch. Aber am Ende - auch wenn alles perfekt zusammenpasst - funktioniert ein Gericht nur, wenn auch der Bauch Ja sagt, es in der Seele ankommt und es eine besondere Strahlkraft hat.

Kommt diese Strahlkraft auch immer bei den Gästen an?

Bei einigen Gerichten muss man seine Geschichte erklären, damit man es als Esser nachvollziehen und verstehen kann. Aber letztlich ist es auch dort eine Bauchentscheidung. Ideal ist es, wenn man sich als Gast in ein Gericht verliebt.

Wie einzigartig ist Ihre Küche?

Ich hab schon so meinen persönlichen Stil, den man auch als Gast wiedererkennt. Auf Basis meiner Erfahrungen, meines auch klassischen Kochwissens, kreiere ich Neues, teils avantgardistisch Provokatives, wie man mir nachsagt, oder wie ich es in einem meiner Leitsätze formuliert habe: Provokation ist der wohlkalkulierte Versuch, Menschen ihrer gewohnten Geschmackswelt zu entreißen. Aber die Wurzel muss immer erkennbar bleiben. Einer meiner Stammgäste kommt seit 15 Jahren, hat immer etwas anderes gegessen und meinte letztens: Es gab stets andere, auch optisch neue Gerichte, und ich habe auch Ihre Entwicklung gesehen, aber es schmeckt immer nach Wissler. Das empfand ich als großes Kompliment.

Sie verwenden auch viele Innereien.

Ich weiß, es gibt viele, die Innereien nicht mögen. Aber wenn ich ein Rehgericht habe, dann muss man als Gast akzeptieren, dass ich auch Herz und Leber serviere. Ich sehe ein Tier als Ganzes. Das kommt ­wahrscheinlich von meiner Herkunft. Wir haben auf unserem Bauernhof nie ein Tier nur für Filets geschlachtet, sondern alles verwendet. Das ist auch eine Frage des Respekts.

Nutzen Sie viele regionale oder zumindest deutsche Produkte?

Ja, denn wir müssen auch unsere Stärken wahrnehmen und nutzen. Ich bekomme Seeforellen aus dem Lechtal, Felchen aus der Müritzer Seenplatte, Schweine von einem befreundeten Landwirt und ein Wildkräutersammler beliefert mich seit Jahren. Die Produzenten, die Qualität liefern, haben es aber nicht leicht. Es gibt zu wenige Köche wie mich, die darauf bauen. Das ist nicht so rentabel für die Bauern. Ich glaube, die Tatsache, dass die deutsche Küche international meist auf Würstchen mit Sauerkraut reduziert wird, hat auch damit zu tun, dass wir kein kochendes deutsches Selbstbewusstsein auf Basis heimischer Produkte entwickelt haben. Da ist sozusagen unsere deutsche DNA verloren gegangen.

Haben Sie einen Bezug zu Spanien, konkret zu Mallorca?

Mein früherer Restaurantleiter war Spanier, und wir waren sehr oft unterwegs, haben viele Kontakte geknüpft, Produkte probiert, sind bei Events und Messen aufgetreten. Und die Firma Joselito (bekannt für ihre exquisiten Schinken und Fleischprodukte, Anm. d. Red.) hat mich vergangenes Jahr zum Markenbotschafter gemacht. Entstanden ist ein ganzes Booklet mit vielen Rezepten und ein Video (www.joselitolab.com/chefs-de/joachim-wissler-de.html). Auf Mallorca hätte ich vor 18, 19 Jahren - kurz vor dem Vendôme - beinahe ein Projekt angenommen. Doch das hat sich damals zerschlagen. Aber ich liebäugle mit einem privaten Urlaub, vielleicht im Herbst oder Frühjahr, denn ich bin Radsportfan und ich glaube, dafür ist die Insel perfekt geeignet.

Dann können Sie mit Fernando Arellano (Zwei-Sterne-Koch im Zaranda), die Küste unsicher machen, der radelt auch gerne.

Eine gute Idee, ich werde ihn wohl mal kontaktieren.

„Kulinarische Safari" im Hotel St. Regis Mardavall, Costa d'en Blanes. Freitag, 20.7., ab 19.30 Uhr. Preis für Essen, Getränke und Showprogramm 209 Euro, Reservierungen via Tel.: 971-62 96 29 oder E-Mail: natalie.huggler@stregis.com