In zahlreichen Kistchen und Tütchen liegen die Fundstücke, die Geschichtsprofessor Gonzalo Berger und sein Forscher-Team bei ihren Streifzügen durch die ländliche Gegend um Son Carrió im Osten von Mallorca aufgelesen haben. Alte Patronenhülsen sind zu erkennen, leicht verrostet, aber ansonsten gut erhalten. Schrotkugeln. Und Stücke alter Trinkflaschen. Viele davon sind auf die republikanischen Angreifer zurückzuführen. „All das deutet darauf hin, dass die Republikaner zwischen dem 24. und 27. August deutlich weiter vordringen konnten, als ursprünglich angenommen."

Stück für Stück will die Gruppe junger Mallorquiner und Katalanen die große Bürgerkriegsschlacht von 1936 rekonstruieren, bei der republikanische Truppen an der Ostküste landeten, um den Faschisten auf der Insel die Macht zu entreißen. Eine Woche lang hat der Dozent aus Barcelona, der auch ohne Strandbesuch braungebrannt ist, unter der sengenden Augustsonne mit dem Team aus freiwilligen Archäologen, Historikern und Journalisten buchstäblich in Mallorcas Vergangenheit gewühlt. Ein bisschen wie Puzzlen.

Und Fundstück um Fundstück setzt sich ein immer klareres Bild über das zusammen, was einst geschah. „Die Faschisten hatten durchaus gute Abwehrstellungen. Wir haben einen 70 Meter langen Schützengraben entdeckt, von dem aus sie sich verteidigten. Aber es sieht so aus, als hätten die Republikaner sie trotzdem immer weiter zurückgedrängt." Dass Francos Anhänger letztlich doch siegten, ist allseits bekannt. „Unsere Arbeit macht umso deutlicher, dass sich am 28. August alles änderte." Dann nämlich kamen fünf italienische Flugzeuge zur Hilfe. „Dagegen hatten die Republikaner keine Chance."

Jeden Morgen der vergangenen Woche standen die Forscher früh auf und durchsuchten systematisch die Landschaft um Son Carrió. Nachmittags zogen sie sich in die Räumlichkeiten der Musikschule zurück, die sie als Labor nutzen dürfen. „Wir dokumentieren die genauen Fundorte direkt digital", so Berger und zeigt auf ein paar Laptops. Schon im vergangenen Sommer, als die Gruppe erstmals in Son Servera zusammen kam (MZ berichtete), hatte die Gemeinde Kost und Logie gestellt. Die Anreise zahlen die Wissenschaftler selbst.

„Unsere Arbeit ist wichtig", betont Berger. Schließlich sind von der Schlacht in den Wäldern rund um die Punta de n'Amer bisher nur wenig Fakten dokumentiert. Die meisten Informationen, so Berger, basierten auf der Darstellung des Franco-Regimes sowie Erinnerungen von Augenzeugen. Rund 80 Jahre lang nahm man an, dass die Republikaner von Anfang an chancenlos waren. „Im vergangenen Jahr merkten wir, dass man hier vieles entdecken kann, das die Schlacht in ein anderes Licht rückt. Das hat sich jetzt bestätigt."

Wie genau sich der Kampf fortsetzte, wie die verschiedenen Seiten ausgestattet waren und welche Dramen sich abspielten - all diese Puzzleteile fehlen dem Team noch. Bis 2022 wollen die Freiwilligen jeden Sommer wieder kommen. Auch, um bei privaten Landbesitzern weiter um die Erlaubnis zu kämpfen, richtige Ausgrabungen starten zu dürfen. „Nur sie können letztlich Gewissheit über die Vergangenheit geben."