Anfang August, wenn die Badetouristen Colònia de Sant Jordi bevölkern, bleibt oft nicht viel Zeit für berufstätige Einheimische, um sich zu einem entspannten Frühstück zu treffen. Bis auf sonntags. Da kommt es regelmäßig zu einer Schlange vor der Bäckerei Panaderia Pons. Gewartet wird meist schon um halb zehn Uhr morgens bis zum übernächsten Nachbarhaus. Auch Bernat und Antonia trifft man dort regelmäßig an. Bernat, der auf dem Landgut S'Avall arbeitet, schwört auf die Empanada gefüllt mit Oktopus. Ist die aus, was häufiger passiert, bestellt er eine Coca de Patata. Für seine Frau Antonia, die einen Souvenirladen in dem Ort betreibt, gibt es nur eine Wahl: „Ich freue mich die ganze Woche auf meine Ensaimada mit Aprikosen."

Cosme Pons (51) ist seit sechs Stunden auf den Beinen und lächelt so entspannt, als käme er gerade von einer morgendlichen Schwimmrunde im Meer zurück. Der Bäcker öffnet die Ofenklappe, goldgelbe Cocas kommen zu Vorschein. Er dreht das große Steuerrad und die Cocas fahren auf einer runden, riesengroßen Steinplatte eine viertel Drehung weiter. Nun schiebt der Bäcker eine Holzschaufel mit Ensaimada in den Ofen. Bevor die Klappe wieder zugeht, erhaschen wir noch einen Blick auf eine große Blechpfanne, in der ein Spanferkel schmort.

Neben den Backwaren werden bei Pons auch ganze Spanferkel und Lammfleisch aus dem Ofen angeboten, auf Wunsch mit Kartoffeln und Gemüse. Zu Zeiten von Cosmes Eltern war es noch üblich, dass die Dorfbewohner an Weihnachten und Ostern das Spanferkel zum Backen in die Bäckerei brachten, weil der Gasofen zu Haus zu klein war. Rechtzeitig zum Mittag fertig wurde der Festschmaus allemal, da seit jeher um drei Uhr morgens die erste Schicht in der Backstube beginnt. Dann wird das typisch mallorquinische Pan blanco und Pan moreno gebacken, „immer 300 Laibe auf einmal", erklärt Cosme Pons. Nach 900 Broten, etwa gegen sieben Uhr, sind die Temperaturen im Ofen so weit gefallen, dass jetzt feineres Backwerk wie Croissants, Einsaimadas und Kuchen gebacken werden kann. Bis um ein Uhr mittags ist der Ofen pausenlos im Einsatz, am Nachmittag wird der Teig für den nächsten Tag vorbereitet und der Ofen wieder eingeheizt.

So war der Rhythmus schon zu Zeiten von Antonio Pons, Cosmes Vater, der das Geschäft 1967 eröffnete. Im selben Jahr wurde Cosme geboren, es war eine Hausgeburt in der Bäckerei. Freilich, Bäckerei und Holzofen waren zu jener Zeit kleiner. Der Verkaufsladen befand sich an Stelle der heutigen Sitzecke, und nebenan, wo heute die Theke steht, gab es zwei Räume, in denen die Eltern wohnten. „Meine Eltern verkauften Weiß- und Graubrot, dazu Baguette und Brötchen", erzählt Cosme Pons, der die Backstube mit 27 Jahren übernahm. Anderes kannte man nicht und wurde daher auch nicht nachgefragt. Erst Jahrzehnte später kamen Butter- und Margarine-Vertreter von Nordeuropa nach Mallorca gereist und Cosme Pons fing an, Croissants mit Butter statt mit Schweineschmalz zu backen. Vor 18 Jahren hatte er das erste Saatenbrot im Programm.

„Heute gibt es mehr Lebensmittelunverträglichkeiten als früher und die Kunden möchten wissen, was sie essen", sagt der Bäcker. „Also erklären wir, welches Mehl wir für unsere Brote benutzen, dass unser Natursauerteig mehrere Tage gehen darf und unsere Empanada und Coca roig mit Vollkornmehl und Olivenöl statt mit Butter gemacht sind." Handarbeit sei das eine, um gutes Brot zu machen. Der andere Teil sind die Rohstoffe. Seit zwei Jahren baut er den Urweizen Xeixa für seine Brote selbst an und er stellt eigene Sauerteig- und Mehlmischungen her. Drei Mehllieferanten aus Mallorca, Katalonien und Nordeuropa liefern ihm zwölf verschiedene Mehle, helle und dunkle, Vollkorn, Roggen, Weizen, Buchweizen, Dinkel, vermahlen in der Steinmühle. Die kombiniert er in unterschiedlichen Mengen, einige mit Saaten und Körnern, bis er mit Konsistenz und Geschmack der Backware zufrieden ist.

Jedes Jahr hat er eine Brotsorte mehr im Programm, was nicht läuft, fliegt wieder raus. Während wir durch die Backstube laufen, wird überall emsig gearbeitet, Teig ausgerollt, Cocas befüllt, Torten dekoriert, Ensaimada-Teig zu Schnecken gedreht. Vier Bäcker, zwei Konditoren und drei Verkäuferinnen gehören zum Team, Cosmes Frau Antonia ist verantwortlich für den Verkauf.

Nach seiner eigenen kulinarischen Vorliebe gefragt, muss Cosme Pons nicht lange überlegen: „Ich lebe für die Ensaimada, mit zwölf Jahren habe ich meine erste gebacken und optimiere sie kontinuierlich." Gelingt ihm die Hefeschnecke an einem Tag nicht richtig, weil die Temperatur nicht stimmte oder die Luftfeuchtigkeit zu hoch war, ärgert er sich wie der Zwölfjährige von damals. So schlimm wie er meint, kann es wohl aber nicht sein. Fans des mallorquinischen Traditionsgebäcks kommen aus Palma angereist genauso wie aus Madrid, erzählt der Bäcker.

Doch woran erkennt man eine gute Ensaimada? Jetzt meldet sich Besucherin Antonia zu Wort, das könne sie genau erklären. „Wenn man reinbeißt, sind die Ränder knusprig und zart wie bei einem guten Blätterteig", sagt sie und schließt die Augen. „Der Teig hat eine lockere, fluffige Struktur und die Aprikosen sind butterweich, aber nicht matschig. Und das Gute", so die Mallorquinerin: „Cosmes Ensaimada lag mir noch nie schwer im Magen." Das gute Bauchgefühl wird sie am nächsten Sonntag sicherlich wieder in die Backstube führen.

Panadería PonsC/ Mayor 8, Colònia de Sant Jordi,Mo.-So. 7-13.30 Uhr, Di.-Sa. 16.30-20 Uhr, Tel.: 971-65 51 71.