Mehrmals hat der Hoteldesigner Erik Nissen Johansen bereits kurz davorgestanden, auf Mallorca einen Auftrag an Land zu ziehen. „Letztlich ist dann aber immer irgendwas dazwischengekommen", sagt der Schwede der MZ am Telefon. Erik Nissen Johansen ist kein konventioneller Hoteldesigner. Der Göteborger hat bei seiner Arbeit einen Aspekt immer im Hinterkopf: Wie gut lässt sich das Hotel, die Einrichtung, das Drumherum auf Instagram darstellen? Auf Englisch gibt es dafür inzwischen den Ausdruck „Instagrammability". Und sogar auf Spanisch bürgert sich das Adjektiv instagrameable immer mehr in den Sprachgebrauch ein. Immerhin, so erzählt Nissen, sei er vor Kurzem für ein Projekt in Marbella engagiert worden, sein erster Auftrag in Spanien. Ein Engagement auf Mallorca sei eine Frage der Zeit.

Hotels und Instagram - während diese Beziehung an vielen Destinationen der Welt schon etabliert ist, steckt sie auf Mallorca noch in den Kinderschuhen. Was nicht heißt, dass sich auf der Insel bisher noch niemand Gedanken darüber gemacht hat. „Wir haben das Thema Instagram für die kommende Saison ganz vorne auf die Prioritätenliste gepackt", erklärt etwa Joan Enric Capellà, Gründer und Geschäftsführer der erst 2016 entstandenen und für ihr durchaus innovatives Marketing bekannten Hotelkette Som Hotels. In allen Häusern von Som soll es ab der kommenden Saison sogenannte „Instagram Corners" geben, also bestimmte Ecken, an denen sich besonders gut Fotos für Instagram schießen lassen. „Wir denken da vor allem an den Blick aufs Meer", sagt Capellá und erklärt, dass alle „Instagram Corners" mit einem entsprechenden Hinweisschild gekennzeichnet sein sollen.

Wer bisher die Som Hotels auf Instagram sucht, bekommt nur eine spärliche Auswahl an einzelnen Fotos gezeigt, die frühere Hotelgäste hochgeladen haben. Das Potenzial der Instagram Corners ist also für diese Kette beträchtlich, zumal laut Capellà bereits jetzt immer wieder Gäste bei der Buchung angaben, sich für eines der Som-Hotels entschieden zu haben, weil sie die Fotos anderer User in den sozialen Netzwerken angesprochen haben.

Auch bei der großen Hotelkette Barceló auf Mallorca will man sich das Verhalten der Instagram-affinen Bevölkerung zu eigen machen und feilt an einem Instagram-Konzept. Wie genau das aussehen soll, darüber gibt es trotz mehrmaliger Anfrage der MZ noch keine Auskunft. Unter anderem soll es auch in den Barceló-Hotels die gesondert gekennzeichneten Instagram Corners geben.

Am Rathausplatz mitten im Zentrum von Palma findet sich das Hotel Mamá, das zur Cappuccino-Gruppe gehört und vielen Konkurrenten auf der Insel beim Thema Instagrammability derzeit (noch) meilenweit voraus ist. Im sozialen Netzwerk finden sich Hunderte Bilder des erst in diesem Frühjahr eröffneten Hotels - ohne dass die Verantwortlichen der Gruppe aktiv werden müssen. Die User erledigen das ganz freiwillig. Besonders oft im Fokus der Instagrammer: Die Bar sowie der Fußboden, die Decken und der Innenhof des komplett restaurierten und liebevoll eingerichteten Stadtpalastes.

Das freut den Marketing-Chef der Cappuccino-Gruppe, Xavi Amat, der erklärt, dass man bei der Inneneinrichtung des Hotels keine Kosten und Mühen gescheut habe. „Wir haben mit Jacques Grange den in unseren Augen besten Inneneinrichter der Welt verpflichtet - und die Rechnung geht auf." Zwar habe man bei Cappuccino nicht unbedingt in erster Linie Instagram im Blick gehabt, als es um die Ausstattung des Hotels ging, doch der Plan war durchaus, dass das Innenleben des Hotel Mamá möglichst viel fotografiert und dadurch „global möglichst präsent" sein sollte. Deshalb lasse man auch mit Begeisterung Passanten, die zufällig am Hotel vorbeikommen, in die Lobby und Fotos schießen. Ist schließlich gut fürs Geschäft.

Laut einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung" hat im vergangenen Jahr der Ferienhaus-Versicherer Schofields Insurance über

1.000 Briten im Alter zwischen 18 und 33 Jahren befragt, nach welchen Kriterien sie ihren Urlaubsort auswählen. Für 24 Prozent war „Erreichbarkeit von Alkohol" der wichtigste Faktor, und für 40 Prozent war die „Instagrammability" ihres Zielortes entscheidend. Sightseeing spielte nur für vier Prozent eine Rolle. Bestätigung finden junge Reisende offenbar vor allem darin, oft verschlagwortete Orte in aller Welt aufzusuchen - und dann möglichst das eine Foto davon zu schießen, möglichst mit einer ähnlichen Pose wie die anderen Instagrammer. Einzelne Hotels sind inzwischen dazu übergegangen, foto­wütige Instagrammer nur noch gegen Anmeldung hineinzulassen, damit sich die Kunden nicht gestört fühlen.

So weit ist es im Hotel Mamá noch nicht. Die Menschen lichten jeden Winkel des Hauses dankbar ab und stellen die Aufnahmen ins Netz. Und so findet sich etwa auf der Seite einer jungen Frau unter dem Namen Parisinfourmonths das Foto der Hotel-Bar, das bereits über 8.930 Mal gelikt wurde. Die junge Dame, eine Schwedin mit Namen Carin Olsson, hat 909.000 Follower. Hotels, die solche Leute anlocken, können sich in Zukunft theoretisch die Marketing-Abteilung sparen.