Gedankenverloren starrt der Mann auf seinen Schoß. Um ihn herum stehen andere Männer, blicken ebenfalls ernst drein. Sie tragen Anzüge oder einen Pullover über dem Hemd mit Krawatte. Es ist Sonntag an der Stadtmauer in Palma, es ist das Jahr 1960. Über ein Koffer­radio hören die Männer die Übertragung eines Fußballspiels.

Eingefangen hat diese Szene Renate M. Mayer, die damals mit ihrem Mann zum ersten Mal auf der Insel war. „Damals habe ich im Hotel Fénix im Stadtteil El Terreno gewohnt", erzählt die 79-Jährige. „Zu jener Zeit wusste das Tito's noch nicht, wie man Disco überhaupt schreibt. Hinter der Plaça Gomila war die Welt praktisch zu Ende. Der Weg in die Altstadt war mühsam, denn die Avinguda de Gabriel Roca gab es noch nicht."

Mayer fotografiert schon seit ihrer Kindheit. Ihre Bilder, teilweise von Reisen, teilweise auch eher künstlerischer Natur, hat sie seit Ende der 90er-Jahre vor allem in ihrer Heimatstadt Breitbrunn am Chiemsee in mehreren Ausstellungen gezeigt. Vor wenigen Jahren hat sie angefangen, ihr Fotoarchiv zu sortieren und ihre Bilder in Fotobüchern zu sammeln, die sie in streng limitierter Auflage - hauptsächlich für Freunde und Familie - verlegt. So auch die Bilder ihrer ersten beiden Reisen nach Mallorca. Renate M. Mayer hat ein Exemplar des Buches der MZ zukommen lassen. Sie verbindet die Fotografien darin mit Gedichten über die Insel, die in den 90er-Jahren entstanden sind.

Die Bilder machte sie mit einer praktischen kleinen Minox-Kamera. „Sie verschwand praktisch in der Hand", sagt Mayer. Auch deshalb sei es ihr gelungen, unauffällig Bilder von den Menschen zu machen. „Mir ging es vor allem darum, das Lebensgefühl auf der Insel einzufangen", sagt sie.

Das Lebensgefühl dieser Bilder ist eines der Ruhe, selbst in den Aufnahmen aus Palma. Ein Nickerchen an der Stadtmauer, ein Esel, der an der Leine durch Palma gezogen wird, zwei Militärs am Hafen, die gelangweilt bis entspannt aussehen. „Alltag in Stadt und Land" hat Mayer ihr Buch untertitelt. Neben den Bildern von Menschen finden sich auch Aufnahmen von Pflanzen und einzelne Landschaftsfotos.

Sie zeigen die Insel quasi in den letzten Minuten vor dem großen Urlauberansturm, der Anfang der 60er-Jahre begann. Die Ruhe findet sich auch in den Gedichten wieder. Etwa in „Es Pla" über die flache Inselmitte : „Bauernland/ rotgepflügt gewährt/dir Schatten nur der Baum/ den du genährt."

Das Buch sei eine kleine, private Liebeserklärung an die Insel, sagt Renate M. Mayer. „Ich bin viel herumgekommen. Aber wenn ich jemals Heimweh nach einem anderen Ort bekommen habe, dann war es immer Mallorca." Sie habe auf ihren weiteren, regelmäßigen Reisen bis 1972 und dann nach einer längeren Pause von 1987 bis 2016 immer wieder fotografiert, sagt sie. Derzeit sei sie dabei, weitere Fotobücher über die Insel, vor allem über Palma, zu planen.

Haben auch Sie ihre Urlaubserfahrungen oder ihre Zeit auf der Insel in privaten Fotobüchern oder anderweitig künstlerisch verarbeitet? Wie hat Sie die Liebe zur Insel inspiriert? Haben Sie Interesse, dies mit der MZ zu teilen? Kontaktieren Sie uns doch per Email unter leserforum@epi.es. Wir freuen uns auf Ihre Beiträge!