Aus der Sicht eines Mallorquiners kann es eigentlich nur einen Ort in Europa geben, an dem ein internationaler Kongress für Mühlenkunde abgehalten werden darf. Die Insel mit ihren insgesamt rund 3.000 historischen und zu einem großen Teil zerfallenen Mühlen drängt sich geradezu auf für eine Tagung zu dem Thema. Und zum zweiten Mal ist es ab Donnerstag (18.10.) nun so weit: Rund 120 Mühlenexperten und -freunde von der Insel, vom spanischen Festland, aus Italien, Frankreich, aber auch aus Deutschland, Großbritannien, Brasilien, Kolumbien und Mexiko treffen sich im Caixa Forum in der Altstadt von Palma de Mallorca, um sich über Mühlen auszutauschen.

Drei Tage lang geht es beim elften Internationalen Mühlenkongress in insgesamt 48 Vorträgen auch um sehr spezielle Detailfragen wie etwa „In letzter Zeit verschwundene Windmühlen in der Region um Murcia" oder den „Kamin der Ölmühle von Pallarés Hermanos in Cabra (Córdoba)" oder auch „Die Mühlen der Wasser von Canet (Mallorca 1230-1250)". 80 Kongressteilnehmer sind Männer, 40 Frauen. Etwa die Hälfte wird als Redner auf der Bühne stehen.

Geplant und vorbereitet haben den Kongress die Mitarbeiter der Denkmalschutzbehörde des Inselrats, vor allem Kika Coll und Aina Serrano, so etwas wie die Mühlenpäpstin der Insel. „Wir wissen seit der vergangenen Tagung in Segovia vor rund zwei Jahren, dass wir den Kongress 2018 auf Mallorca austragen dürfen", berichtet Aina Serrano am Telefon. Es waren zwei arbeitsintensive Jahre der Vorbereitung. In Kontakt gestanden habe man - meist über die sozialen Netzwerke - mit rund 2.000 Interessierten aus aller Welt, am Ende seien dann 120 Teilnehmer übrig geblieben.

MÜHLEN-EXPERTE AUS HAMBURG

Einer von ihnen, Constantin Canavas, kommt aus Hamburg und spricht über das Thema „Windmühlen mit vertikaler Achse: Vision und Wirklichkeit im Zeitalter des Wandels". Der Grieche lebt seit mehreren Jahren in Deutschland und wird auf Mallorca bereits seinen vierten Internationalen Mühlenkongress erleben. Canavas arbeitet vor allem auf dem Gebiet der Geschichte der Alchemie „mit besonderer Berücksichtigung der Spätantike sowie des arabisch-islamischen und des byzantinischen Kulturraums". In der Literatur sucht er Nachweise für verschiedene Mühlentypen. „Die vertikalen Achsen werden hauptsächlich im Orient und so gut wie nicht in Europa genutzt. In meinem Vortrag erkläre ich, warum das so ist und welche Nach- und Vorteile die vertikale Achse hat", erzählt er der MZ.

Canavas, der seinen Vortrag auf Spanisch halten will, ist Professor für Automatisierungstechnik und Technikbewertung an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg. „Ich interessiere mich schon länger für Mühlen, besonders zur Entwässerung". Von seiner Teilnahme erhoffe er sich vor allem Kontakt zu anderen Mühlenfans aus aller Welt. Wobei er da nach Durchsicht der Teilnehmerlisten inzwischen nicht mehr allzu große Hoffnungen hegt. „Die Tagung ist leider nicht so international besetzt wie ihr Anspruch." Aber so bliebe zumindest, Leute wiederzutreffen, die er bereits bei früheren Tagungen kennengelernt hat.

Erstaunt sei er über über die große Anzahl junger Leute, die zu den Kongressen kommen. „Es freut mich, dass sich viele jüngere Menschen für die Mühlen interessieren", meint der Grieche. „Die älteren geben das Know-

how weiter, und die jüngeren machen dann etwas daraus, etwa wenn sie eine Mühle

wiederherrichten."

PROJEKTE FÜR MÜHLEN-RESTAURIERUNG

Viele der Vortragenden sind laut der Organisatorin Aina Serrano in diesem Jahr Architekten, die erfolgreich alte Mühlen saniert und einer neuen Verwendung zugeführt haben. Selbiges hat auch Christopher Cleere vor, der einen Vortrag über die Arbeiten an seiner Mühle Molí d'en Portella nahe Santanyí halten will. Wie einem Exposée auf seiner Website über die Restaurierung der wohl aus dem 17. Jahrhundert stammenden Mühle an der Straße nach Cala Figuera zu entnehmen ist, will Cleere die Tagung in Palma dazu nutzen, sein Projekt vorzustellen. Allzu viel ist bisher offensichtlich nämlich an der Portella-Mühle noch nicht passiert.

Einige Vorträge sind durchaus auch für Laien interessant. So spricht etwa Referent María José Sureda Hueso über das Thema „Mühlen und ihre neuen Nutzungsformen. Mühlen, die in Museen verwandelt wurden" (Samstag, 11.30 Uhr). Wer sich einen allgemeinen Überblick über die Situation der Mühlen verschaffen möchte, dem sei der Vortrag von José Pascual Tortella ans Herz gelegt. Er referiert über „Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Windmühlen auf Mallorca" (ebenfalls Samstag, 11.30 Uhr).

Die Vorträge finden zum großen Teil auf Spanisch oder Katalanisch statt, manche aber auch auf Englisch. Zuhörer erhalten Kopfhörer für die Übersetzung zwischen den Sprachen. Das vollständige Programm der Tagung findet sich auf der Website des Inselrats: Katalanischwww.conselldemallorca.cat