In den USA liegen die winzigen Pflanzen voll im Trend. Der Internethandel mit den sogenannten „Lebenden Steinen" (Lithops), die zur Gattung der Sukkulenten gehören, boomt - schrieb kürzlich „Die Zeit". Auch auf Mallorca werden sie gezüchtet und verkauft, im Gewächshaus nahe des Camí de Son Fangos bei Manacor kümmern sich die Pflanzenzüchter Cristina Febrer und Guillem Gutiérrez um die Herbstblüher.

Der Züchter

Der ZüchterGutiérrez' Leidenschaft für Botanik begann bereits in der Schulzeit: Damals kam eine Insekten vertilgende Pflanze als Geschenk ins Haus und ging ihm auch prompt ein. Daraufhin besorgte sich der Schüler Bücher über Karnivoren und deren Pflege. Nach dem Abitur schrieb er sich an der Universität der Balearen in Palma im Fachbereich Botanik ein und besorgte sich mehrere Arten carnívoras. Anfangs genügte eine Kiste für die Sammlung. Die Pflanzen wurden in Petrischalen vermehrt, doch bald reichte der Platz nicht mehr aus und so baute er aus Eisenstangen und weißer Kunststofffolie ein Gewächshaus auf der Finca seiner Eltern. Kurze Zeit später meldete er die Firma „Carniplant" bei den Behörden an.

Als die MZ ihn 2013 erstmals besuchte, gab es einen Pflanztisch mit einigen wichtigen fleischfressenden Arten. Der Biologie-Student war gerade mal 21 Jahre alt und finanzierte seinen Lebensunterhalt mit Jobs in Restaurants. Er hatte aber den festen Plan, die Fleischfresser im Internet zu verkaufen. Gleichzeitig zog er mit den Pflanzen auf Messen und Märkte und lernte dabei andere Züchter kennen. Mittlerweile kann er von seiner Passion leben. Mit zahlreichen Videos überrascht er seine Fans und veranstaltet im Netz Versteigerungen.

Eines seiner Videos haben bereits 70.000 Follower angeklickt. Darauf gibt er Empfehlungen für Pflanzsubstrate. Viele Inselgärtnereien arbeiten mit Torf, Gärtner kaufen diesen für Töpfe und Beete. Gutiérrez findet dieses Material fragwürdig, weil man damit das weltweite Verschwinden der Moore - ökologisch wichtige Feuchtbiotope - beschleunigt. Bei Carniplant kommt deshalb ausschließlich Kokosfaser als Substrat zum Einsatz.

In einem zweiten Gewächshaus züchtet der Mallorquiner mittlerweile Kannenpflanzen (Nepethes), ebenfalls Fliegenfresser. Der invernadero wird mit einem Generator beheizt, das versetzt die Gewächse in derart tropische Stimmung, dass sie einen regelrechten Dschungel und eigenartige Röhren bilden. In der Wildnis locken sie in diese Behältnisse Insekten. Für das Überleben der Pflanzen sind diese jedoch nicht Bedingung. Wenn jedoch Insekten verfügbar sind, sorgen sie mit ihren Nährstoffen für einen Wachstumsschub. „Die Unkosten, für diese Pflanzenzucht sind hoch", sagt der Botaniker. Hinzu kommt, dass die Karnivoren, die im ungeheizten Gewächshaus wachsen, im Winter ihre oberirdischen Pflanzenteile einziehen und bis zum Frühjahr unverkäuflich sind. Deshalb haben er und seine Lebensgefährtin sich nach einer lohnenden Pflanzen­alternative umgesehen.

Lebende Steine

Lebende SteineVor einem Jahr nahm das Paar dann die „Lebenden Steine" ins Repertoire mit auf, dazu auch die nahe verwandte, etwas größere „Lebender Granit"-Art (Pleiospilos). Beide zählen zur Familie der Mittagsblumen (Aizoaceae) und kommen in halbtrockenen Zonen Südafrikas vor. Um ihr Gedeihen kümmerte sich von Anfang an Cristina Febrer (31).

Pfahlwurzeln ermöglichen der Sukkulente, tief in der Erde nach Wasser zu suchen. Um sich vor Fressfeinden zu schützen, nahmen die Pflanzen im Laufe ihrer Evolution immer mehr das Aussehen von Steinen und Felsen an. Die „Lebenden Steine" bestehen meist aus zwei dickfleischigen Blättern, „Loben" genannt. Diese sind hochsukkulent, das bedeutet, dass sie beträchtliche Mengen Wasser im Gewebe speichern können. Daraus ergibt sich auch ein Aspekt ihrer Pflege auf der Insel: Im Sommer benötigen sie wenig Gießwasser, im Winter kommen sie ohne aus. Und der einzige große Fehler, den man bei ihrer Haltung machen kann, ist: zu großzügig gießen. Wenn man die Sukkulenten trocken hält, kommen sie in Räumen, die ihnen genügend Licht bieten, gut zurecht.

Die erwachsenen Pflanzen bilden im Alter von vier bis fünf Jahren jährlich neue Blätter, die im 90-Grad-Winkel zum alten Blattpaar stehen. Mit zunehmendem Alter kann sogar ein ganzes Polster entstehen. Außer dieser vegetativen Vermehrung ist auch die durch Samen möglich, die sich nach den - eingangs erwähnten Blüten - bilden.

Diese entwickelt sich zwischen zwei Loben. Heute öffneten sich die gelben Blüten des Lithops fulleri var. fulleri. „Erst wenn ein zweites Exemplar dieser Art Blüten zeigt, bestäuben wir die beiden ", sagt Febrer. Möglichst identische Nachkommen zu erreichen, ist ihr Ziel. Wenn man nicht sorgfältig arbeite oder gar die Verbreitung der Pollen Insekten überlasse, komme es zu Hybriden. Doch bis sich eine zweite Blüte bildet, ist Geduld angesagt.

Auch die „Lebenden Steine" hatten anfangs in einer Kiste Platz. Einige Exemplare kaufte das Paar beim seit Jahren erfolgreichen Kakteenzüchter Toni Moreno in Ses Salines. Andere bestellten die beiden im Internet, wo auch Samen erhältlich sind. Diese säte Febrer vor einem Jahr in kleine Anzuchttöpfen aus, heute haben diese die Größe eines Stecknadelkopfes erreicht. Verkauft werden derzeit Exemplare, die nach der vegetativen Vermehrung geteilt wurden. Zehn „Lebende Steine" und zwei „Lebender Granit"-Arten sind auf der Webseite mittlerweile im Angebot.

Dieses soll größer werden. „Es gibt über zweihundert verschiedene Lithops-Arten. Mein Traum ist es, eines Tages eine Sammlung mit je einem Exemplar zu besitzen", sagt die Mallorquinerin.

Sukkulenten

SukkulentenDie „Lebenden Steine", wie auch der „Lebende Granit", zählen zu den Sukkulenten. Darunter versteht man die Vertreter von Pflanzen, die sich durch flüssigkeitsreiches Gewebe auszeichnen. Im Programm von Carniplant gibt es unter anderen auch größere Sukkulenten, wie beispielsweise die Echeveria purpusorum oder die wie ein Zebra gestreifte Haworthia attenuata. Sie sind extrem anspruchslos und gedeihen in einem Substratgemisch von

Kokosfaser und Siliziumsand.

Das Paar gießt mit destilliertem Wasser aus eigener Produktion und einem selbst gebauten Wasserreservoir. Ist das Gießwasser zu kalkhaltig, kann es zu fleckigen Ablagerungen kommen. „Welche Nährstoffe die richtigen sind, damit experimentieren wir noch", sagt die Mallorquinerin. Für den Versand werden die Sukkulenten ohne Erde, nur mit ihren Wurzeln, in absorbierendes Papier gewickelt und in einer Karton-Box geschützt.

Das Paar wird im kommenden Winter ein drittes Gewächshaus bauen. Auf den Pflanztischen dort werden dann ausschließlich sukkulente Pflanzen gezogen werden. Wie viele Pflanzen aus Südafrika, vertragen sie das Inselklima, wenn man sie vor Sonne und Starkregen schützt. Im Gegensatz zu den „Lebenden Steinen" können die größeren Sukkulenten auch im Freien wachsen. „In etwa fünf Jahren werden wir mit den Sukkulenten so weit sein wie heute mit den carnívoras", sagt Gutiérrez. Dem Paar ist zu wünschen, dass ihm der Trend zugutekommt. Eine Ehe, eine eigene Wohnung und Kinder - das alles wäre für sie nicht oder noch nicht erreichbar, da sei es tröstlich, wenn man etwas zu Hause habe, für das man sorgen könne.

Kontakt: www.carniplant.es