Der Altar der Pfarrkirche Sant Bartomeu in Alaró im Nordwesten von Mallorca erstrahlt wieder in längst in Vergessenheit geratener Schönheit. Der Stein glänzt, die Farben der Figuren haben ihre ursprüngliche Kraft wiedergewonnen. Pünktlich zu den Weihnachtstagen war die Restaurierung des Altarretabels abgeschlossen. Es handelt sich um ein außergewöhnlich großes und schönes Retabel. Die Besonderheit: Der Altaraufsatz ist aus fünf verschiedenfarbigen Kalksteinen - schwarz, weiß, rot, gold und braun - hergestellt Die meisten Altarbilder auf der Insel sind dagegen aus vergoldetem und mehrfarbigem Holz gearbeitet. Der Stein stammt aus Steinbrüchen in Alaró, von der Possessió Solleric und aus Puigpunyent.

Die Arbeiten an dem Altar begannen laut dem Kunsthistoriker Andreu Villalonga im Jahr 1698. Der damalige Pfarrer Bartomeu Bauçà erteilte den Auftrag. Erst 17 Jahre später war das Werk vollendet. Ganz genau weiß man nicht mehr, wie viele Hände an der Herstellung des Ensembles mitgewirkt haben. Gesichert ist zumindest, dass ein Teil der Arbeiten auf die Werkstatt der Familie Moyà zurückgeht. Die Moyàs waren eine alteingesessene Bildhauerfamilie in Binissalem. Daneben kursiert in Alaró seit Jahrhunderten die Legende, dass es die Einwohner des Ortes selbst waren, die nach ihren Arbeitstagen die Steine in ihren Häusern zurechtschlugen. Das würde erklären, wieso einige der Steine nicht exakt auf den anderen sitzen - waren doch nicht alle alaroners gelernte Bildhauer.

Die Vorbereitungen für die Restaurierung von Sant Bartomeu begannen bereits im April 2017 mit Studien über den Zustand der Kirche. Die mit den Arbeiten beauftragte Werkstatt des Bistums von Mallorca unter der Leitung von Antònia Reig stellte zunächst ein Gerüst auf, um die Schäden aus der Nähe analysieren zu können. Die Restaurierung startete dann im August 2018. Neben Antònia Reig waren daran auch Francisca Jaén, Beatriz Requena, Raquel Garduño, María Antonia Fernández und Victoria Reina beteiligt. Der Inselrat von Mallorca finanzierte die Sanierung.

Ärger mit der Feuchtigkeit

Das größte Problem, mit dem sich das Team konfrontiert sah, war die Feuchtigkeit, die sich am Sockel des Aufsatzes gebildet hatte. Sie droht, den Stein zu zerfressen. Ganz beseitigen konnten die Restauratoren die auf Mallorca überall so präsente Feuchtigkeit nicht, aber eine spezielle Behandlung, die in Zukunft in engeren Abständen als bisher wiederholt werden soll, schränkt sie zumindest ein.

Ein weiteres größeres Vorhaben war, den Rost der vergoldeten Verkleidungen zu beseitigen, die 1911 am Altarbild angebracht worden und ursprünglich aus Blattgold gefertigt worden waren. Schnell stellte das Team fest, dass es den Originalzustand nicht wiederherstellen konnte. Daher benutzten die Restauratoren Acrylfarben mit Pigmenten, die zumindest einen Teil des Glanzes vergangener Tage wiederaufleben lassen. Die Goldverkleidungen von 1911 waren Teil einer Gesamtrestauration der Kirche. Das Team beseitigte zudem Wachs und Staub, die sich über die Jahrzehnte auf dem Altaraufsatz angesammelt hatten. Die Oberflächen der Steine, die durch frühere aggressive Restaurierungen Schaden genommen hatten, schützte es mit einer harzähnlichen Schicht aus Acryl in niedriger Dosierung.

Das große Altarretabel besteht aus acht Skulpturen, sechs davon sind gemeißelt, zwei weitere bestehen aus zusammengeleimten Stoffen. Die drei wichtigsten - die Muttergottes de l'Esperança, Sant Sebastià und Sant Roc - standen ursprünglich in der Kirche an anderen Stellen und wurden auf dem Altaraufsatz zusammengeführt. Die beiden Skulpturen von Sant Vicenç de Paul und Ramon Llull kamen 1765 dazu. Gefertigt hat sie Joan Muntaner. Die Figur von Sant Bartomeu schließlich fand im 19. Jahrhundert ihren Weg auf das Altarbild. Sant Bartomeu diente als Ersatz für die Monstranz, in der die heilige Hostie ausgestellt war. Die Mostranz stand bis dahin in der mittleren Nische. Das Altarbild krönen zwei Engel.

Die Arbeiten an dem Retabel haben einige bemerkenswerte Details zum Vorschein gebracht. So stellten die Experten fest, dass an der Skulptur des Sant Sebastià der Lendenschurz nachträglich vergrößert worden war. Außerdem entfernte man den Pfeil, der seinen Hals durchstieß. Bei Sant Roc wurde das Gewand verkleinert, damit er in die Nische passte. Auch schnitt man ihm die Haare, vermutlich, weil die vorherige Frisur aus der Mode gekommen war. Sant Roc, dem Schutzpatron der französischen Stadt Montpellier, kamen außerdem der Engel und der Hund abhanden, die mit seiner Figur verbunden werden. Durch die Restaurierung bekommt er die beiden Begleiter wieder an die Seite gestellt. Auch Sant Vicenç de Paul und Ramon Llull mussten bei der Herstellung des Altars kleinere Modifikationen über sich ergehen lassen, um sie einzupassen.

Die Skulptur der Mare de Déu de l'Esperança, Schutzheilige von Alaró, die zugunsten von Sant Roc in der Vergangenheit einiges von ihrer Popularität eingebüßt hat, ist von großem künstlerischen Wert. Sie war war bereits 1999 restauriert worden und musste lediglich von Staub befreit werden. Die Restauratoren reinigten auch die anderen Skulpturen und desinfizierten sie, um dem Befall durch Holzwürmer vorzubeugen. Hier und da war es auch notwendig, verloren gegangene Arme oder Beine und schlecht erhaltene Polychromien zu ersetzen.

Neben den Skulpturen hängen im Altaraufsatz auch zehn Gemälde. Die Restauratoren brachte sie in die Diözesan-Werkstatt und befreiten sie dort von Staub und Schmutz. Auch oxidierte Lackreste beseitigten sie.

Die falsche Heilige

Das Ergebnis ist spektakulär: Wo vorher eine undefinierbare dunkle Masse zu sehen war, strahlen jetzt viele helle Farben. Dank der nun wieder sichtbaren Darstellungen können auch Irrtümer aufgedeckt werden. So war man im 19. Jahrhundert davon ausgegangen, dass eines der Gemälde die Heilige Teresa zeigt. Durch die Reinigung des Bildes ist nun ganz deutlich die Inschrift „Santa Eufrasina" zu lesen.

Kennern der Kirche wird zudem eine Neuerung auf der Tabernakelabdeckung auffallen. Diese war in einer früheren Interven­tion zeitgenössisch übermalt worden. Nach einer ausführlichen Analyse stellten die Spezialisten jedoch fest, dass die ursprünglichen Farben in der Schicht darunter in gutem Zustand waren, sodass sie wiederhergestellt werden konnten.

In den kommenden Wochen soll es eine öffentliche Vorstellung der Restaurierung des Altars geben, in der der Bevölkerung die Details der Arbeiten erklärt werden. Auch ein Buch über die Geschichte des Retabels an sich sowie seine Restaurierung ist geplant.