Das Dreieck Caimari, Moscari, Binibona steht auf Mallorca für Finca-Tourismus par excellence. Die Urlauber kommen, weil sie am Fuß der Tramuntana eine weitgehend intakte Natur und das unverfälschte Land- und Dorfleben finden, weit weg vom Badetourismus an den Küsten. Das Angebot an Fincahotels und Agroturismos ist in den vergangenen Jahren zusammen mit den Besucherzahlen kräftig gestiegen. Doch auch Dauermieter zieht es immer öfter in die Gemeinde Selva mit rund 4.000 Einwohnern. Neben den drei oben genannten Dörfern und dem Ortskern acht Kilometer nördlich von Inca gehört auch Biniamar dazu.

„Vor 15 Jahren konnte man hier noch für kleines Geld ein Haus kaufen, der Tourismus spielte sich ausschließlich an der Küste ab", erzählt Juan Morro, der für die Bürgervereinigung Plataforma Independents (PI) im Gemeinderat sitzt. Heute entdecken die Urlauber das Inselinnere, umso mehr seitdem die Tramuntana zum Weltkulturerbe erklärt worden ist. „Zu uns kommen Wanderer, Radfahrer und Menschen, die Ruhe suchen und abschalten möchten", sagt Juan Morro. Von Caimari und Binibona kann man zu Fuß in die Berge laufen, vorbei an Schafen und uralten Olivenbäumen. „Die Gegend ist natürlich gewachsen, das ist ein großes Plus", so der Gemeinderat. Er ist stolz, dass man in Selva auf nachhaltigen Tourismus setzt und die alten Häuser erhalten werden.

„Die Deutschen sind Insel-Liebhaber, sie waren die Ersten, die unsere Häuser aufgebaut und sie später sogar wieder an Mallorquiner zurückverkauft haben", sagt Morro, der aus Port de Pollenca stammt und 2004 ein Haus in Moscari baute. Wer hierher komme, sei auf der Suche nach einem speziellen Ort. „Wenn ich morgens aus dem Haus trete, die Berge betrachte und sehe, wie sich mit dem Stand der Sonne die Landschaft verändert, dann spüre ich eine besondere Kraft."

Was das Finca-Leben rund um Selva angeht, gibt es laut Juan Morro freilich große Unterschiede. Die neueren und restaurierten Fincas seien isoliert und beheizbar, die alten mallorquinischen Häuser besäßen dicke Mauern und eine Terrasse zur Südseite. Gehobenen Wohnkomfort würden sie nicht bieten.

Karin Mönke lebt seit zwölf Jahren in Moscari, genauso lange betreibt die gebürtige Berlinerin zusammen mit ihrem mallorquinischen Mann Miguel Angel Alemany den Moscari Finca Service. Sie vermitteln Fincas zum Kaufen und Mieten, für die Ferien oder längerfristig. Auch für sie hat die Gegend mit den sanften Hügeln, schroffen Bergen und Blicken bis zum Meer etwas Zauberhaftes. Dass sie hier leben darf, empfindet sie noch immer als unwahrscheinliches Glück. Anfang der 90er-Jahre, als die gelernte Naturheilpraktikerin nach Mallorca kam, arbeitete sie für die Tui in Font de Sa Cala und betreute Cabrio-Touren. „Eine dieser Touren führte durch Binibona", erinnert sich Karin Mönke, „und mein Herz tat vor Sehnsucht schier weh, wenn ich durch diese Gegend kam." Sie betete damals zum lieben Gott, dass sie eines Tages in jenem Teil Mallorcas wohnen dürfe.

So erstaunt es sie auch nicht, dass Urlauber, die in dieses magische Dreieck kommen, oft nur auf ihrer Finca bleiben, nicht mal ans Meer fahren und den Fernseher komplett ignorieren. Lieber baden sie im Pool, erfreuen sich an den knorrigen Olivenbäumen und besuchen abends ein Restaurant in der Gegend. Viele ihrer Gäste sind Stammkunden und buchen dieselbe Finca oft schon weit im Voraus.

Karin Mönke bekommt auch immer mehr Anfragen für Langzeitmiete, doch das Angebot dafür ist längst ausgeschöpft. Wird mal eine Finca frei, ist der Nachmieter meist am selben Tag gefunden, an dem Karin Mönke die Anzeige online stellt. Während man vor acht Jahren noch Häuser für 450 Euro Miete im Monat fand, muss man jetzt das Doppelte veranschlagen. Die Mallorquiner wohnten früher selbst in den kleinen Fincas, die sie heute zur Miete anbieten. Auch die Wochenendhäuser der Familien wurden mit kleinen Umbauten vermiettauglich gemacht, viele neue Fincas zudem ab dem Jahr 2000 errichtet. „Heute denkt jeder Hauseigentümer, er besitzt eine Schatztruhe, für die er eine bestimmte Summe verlangen kann. Doch der Plan geht nicht immer auf", so Karin Mönke. Wichtig sei, dass die Ausstattung der Häuser stimme und den Vorstellungen vom Finca-Leben entspräche. Ganz oben rangierten Natursteinmauern, Steinböden, hellblaue Fensterläden, mit Schilfrohr überdachte Terrassen, Garten und (aufstellbarer) Pool.

Unter den ausländischen Residenten seien viele Pendler, die zwischen Deutschland, England, Russland und Mallorca hin und her fliegen. „Künstler, Freiberufler, Schriftsteller, Individualisten zwischen 40 und 60 Jahre, ganz normale bis sehr reiche Menschen", so Miguel Angel Alemany. Seit zehn Jahren betreut das Paar beispielsweise ein Anwesen, das einer russischen Familie gehört, die drei bis vier Mal im Jahr nach Mallorca kommt. Dafür soll das Anwesen rund ums Jahr picobello sein. In ihrer Heimat viel beschäftigt, möchten die Eigentümer in Moscari einfach nur entspannen.

Wer sich einmal in die Gegend verliebt, der bleibe, ist Karin Mönke überzeugt. Schon für mehrere Kunden, die ein Haus über sie gemietet hatten, fand sie später eine Finca zum Kaufen. Es gibt toprenovierte Häuser zum Sofort-Einziehen oder alte Fincas zum Umbauen. Interessenten empfiehlt sie, sich jetzt umzuschauen, bevor zu Ostern die Saison beginnt und die Preise wieder steigen.

Auch die 18-jährige Shayan, älteste Tochter von Karin und Miguel Angel, lebt mit ihrem Freund auf einer kleinen Finca zwischen Moscari und Selva. Sie liebt ihre Heimat und kann sich, zumindest im Moment, keinen besseren Ort zum Leben vorstellen. Gerade bereitet sie sich an der Abendschule auf das Abitur vor, tagsüber arbeitet sie in der elterlichen Agentur, die sie irgendwann übernehmen und ausbauen möchte.

Doch sehnt sich die junge Frau nicht manchmal nach dem pulsierenden Leben der Stadt, nach Abwechslung und neuen Eindrücken? „Wir haben die Stadt in der Nähe", sagt sie und meint mit Stadt Inca. Und für Abwechslung fliegt sie mit ihren Freundinnen für ein Wochenende nach London oder Madrid. „Nach zwei Tagen wollen wir immer ganz schnell zurückkommen", versichert Shayan, die fließend Deutsch, Spanisch und Mallorquinisch spricht. Die Städte sind ihrer Meinung nach laut und die Luft dort verschmutzt. Zwei Dinge, die auf das idyllische Fleckchen am Fuße der Serra de Tramuntana sicherlich nicht zutreffen.