Sant Antoni ist ein Fest der Musik. Ob beim Tanz mit den Teufeln auf der Straße, bei den Lagerfeuern in der Nacht oder zum Abschluss des arguments, der Festrede, in der die wichtigsten Ereignisse des vergangenen Jahres wiedergegeben werden - Gesang ist bei der Feier allgegenwärtig. Am beeindruckendsten sind dabei sicherlich die Gesänge der goigs, der Freudengesänge in Manacor. Zahlreiche Youtube-Videos dokumentieren das Spektakel in der Mare-de-Déu-dels-Dolors-Kirche in Manacor: Der Leiter der Stadtkapelle bittet um Ruhe. Dann reißt er die Arme mit einer energischen Bewegung nach unten und Hunderte Hände schießen dafür in die Höhe. Alles springt auf die Kirchenbänke und schunkelt, viele wedeln mit den weißen Liedtexten.

Ekstatisch singen die Menschen die Melodie mit: „Paraparatxin, papatxín, papatín", schallt es aus unzähligen Kehlen. „Um das Gefühl, das die goigs vermitteln, wirklich verstehen zu können, muss man dabei gewesen sein. Und am besten auch in der Lage sein, mitsingen zu können", sagt Toni Gomila, der Vorsitzende des „Patronat de Sant Antoni de Manacor". Schon seit Jahrzehnten habe sich das Singen der mallorquinischen Verse in der Kirche im Zentrum als Highlight der Festlichkeiten in Manacor herauskristallisiert. „Es ist ein Gefühl der Gemeinschaft, das mitreißt und auf die anschließenden Feiern an den Feuerstellen einstimmt", so Gomila.

Mit dem spirituellen Hintergrund des Sant-Antoni-Festes hätten die goigs nur noch wenig zu tun. Dabei beginnt alles ganz ruhig und besinnlich: mit den completes - auf Latein gesungenen Liturgien, die im krassen Kontrast zu den fetzigen goigs stehen. „Die ganze Zeremonie dauert etwa eine halbe Stunde, die goigs umfassen nur die letzten paar Minuten."

Eine Melodie, viele Versionen

Im Mittelpunkt der goigs in Manacor steht eine Melodie, ein Lied im Drei-Viertel-Takt, das sich in allen Dörfern findet, die Sant Antoni ernsthaft begehen. Es ist als „Tonada de Sant Antoni" oder auch als „Vals de Sant Antoni" bekannt. Der Musikwissenschaftler Francesc Vicens schreibt in seinem Bucht „Diguem Visca Sant Antoni" aus dem Jahr 2010, die Herkunft der Melodie sei nicht gesichert. Wahrscheinlich stamme sie aus der Populärmusik des 18. oder 19. Jahrhunderts. Es sei in jener Zeit üblich gewesen, populäre Melodien in die Volksfeste mit einzubauen.

Unterschiede gibt es vor allem bei den Texten. Jedes Dorf hat eine oder mehrere Versionen des Liedes. Sie werden den Kindern von klein auf beigebracht und sind dementsprechend ein wichtiger Teil der Identität eines Dorfes. Grundsätzlich handelt es sich um Lobpreisungen des Heiligen Antonius, seines besonderen Verhältnisses zu den Tieren oder auch der Szenen, in denen er sich mit dem Teufel misst. So heißt es in einer bekannten Strophe: „Sant Antoni i el Dimoni/jugaven a trenta-un/ el Dimoni va fer trenta/Sant Antoni trenta-un". Es ist eine Anspielung auf das Kartenspiel 31, das Blackjack ähnelt: „Sant Antoni und der Teufel/ spielten 31/der Teufel hatte 30/Sant Antoni 31."

Dass auch die Melodie in verschiedenen Inselregionen leichte Variationen aufweist, führt Francesc Vicens darauf zurück, dass noch bis in die 70er-Jahre die Stücke nicht aufgeschrieben, sondern von einer Musikergeneration auf die nächste weitergegeben wurden.

Auch als Swing

Im Laufe der Jahre haben verschiedene Musiker die „Tonada de Sant Antoni" aufgenommen. Einen guten Überblick darüber bietet die 2002 bei der Plattenfirma Blau erschienene Doppel-CD „Sant Antoni i el Dimoni", die verschiedene Sant-Antoni-Stücke aus dem westlichen Mittelmeer vereint. Dort finden sich unter anderem Versionen vom Barden aus Manacor, Guillem d'Efak oder von der Folkgruppe Música Nostra.

Eine etwas modernere Version des Liedes präsentierte die Band Posidònia vor zwei Jahren. Sie interpretierte den Sant-Antoni-Song als Swing-Nummer und passte dementsprechend auch den Text an: „Sant Antoni i el dimoni/ ara ballen el Lindy-Hop/ el dimoni fa un „she goes"/ Sant Antoni un charleston" (Sant Antoni und der Teufel/tanzen jetzt Lindy Hop/der Teufel macht einen „She Goes"/Sant Antoni einen Charleston). „She Goes" ist dabei eine Figur beim Swing, bei der die Frau einen Schritt vorangeht.

So populär die „Tonada de Sant Antoni" auch ist, nicht überall ist diese Melodie Teil der goigs. In Dörfern wie Sa Pobla oder Muro, wo die Freudengesänge in einem formelleren Rahmen zelebriert werden, stammen die Lieder von bestimmten Komponisten, der Gesang bleibt dem Kirchenchor vorbehalten, schreibt Francesc Vicens. So werden in Muro die „Goigs de Sant Antoni" mit einem Text von Pere Joan Llabrés und Musik von Francesc Batle gesungen. In Sa Pobla wird ein Text der Dichterin Maria Antònia Salvà mit einer Melodie von Antoni Torrandell und Antoni Matheu vertont.

Traditionell werden die goigs in Manacor auch vor Sant Antoni bereits im großen Stil angestimmt. Etwa gewissermaßen als Generalprobe am Freitag (11.1.) um 21 Uhr auf der Plaça de la Concòrdia.