Auf Mallorca hat Vila die schönsten gemalt. Doch wer er war, das weiß heute niemand mehr. „Die von Vila signierten Kofferaufkleber könnte man vergrößern und als Gemälde in Galerien aushängen. Er war der König der Grafiker, ein Künstler. Doch wir wissen heute nicht einmal seinen richtigen Namen“, sagt Axel Thorer. Der Journalist, Buchautor und Mallorca-Kenner („Lexikon der Inselgeheimnisse“) sammelt die Schmuckstücke seit 1975.

Früher, als man Koffer noch tragen musste, ihre Haut aus Leder war und Hotels nicht nur Bettenburgen waren, da konnten sich Reisende ein Stück Urlaubserinnerung mit etwas Spucke aufs Gepäck kleben und zeigen: Hier war ich, da musst du hin! Kofferaufkleber hatten ihre Blütezeit in den 20er-Jahren, seit ungefähr 1910 gibt es sie auf Mallorca. Bis weit in die 70er-Jahre reisten sie als kunstvoll gestaltete Mitbringsel um die Welt.

"Kofferaufklebersammler sind erbitterte Feinde"

Heute sind sie begehrte Sammlerstücke in einer überschaubaren Szene. An die zwei Dutzend Händler und 10.000 Sammler gebe es weltweit, schätzt Thorer, wobei der harte Kern nicht mehr als 20 Sammler umfasst. Der eine gönnt dem anderen nicht den Kleber auf dem Papier. „Kofferaufklebersammler sind erbitterte Feinde“, sagt Thorer.

Die größte Sammlung weltweit besitzt ein Portugiese mit etwa 60.000 Stück, Thorer hat rund 31.000 Aufkleber zusammengetragen. Er schätzt, dass es gut 500 unterschiedliche Kofferaufkleber mallorquinischer Hotels gibt - 380 davon hat er. Zu seinen Lieblingsmotiven gehört etwa das Bild einer Frau im Bikini am Strand in Port de Sóller aus den 60er-Jahren. „Ganz schön mutig. Zu der Zeit herrschte noch das Franco-Regime.“

Einzigartig an den Kofferaufklebern von Mallorca sei , dass man an ihnen seit 1910 die Entwicklung von der „Isla de la calma“, der Insel der Ruhe, auf der es so gut wie keinen Tourismus gab, über die „Putzfraueninsel“ bis zum Urlaubsort für Prominente verfolgen könne.

Echte Kunstwerke

Viele der Motive basieren auf Aquarell-Bildern, mit denen die Grafiker und Künstler ihre Arbeit den Auftraggebern vorstellten. „Hoteldirektoren waren nicht uneitel und wollten den schönsten Aufkleber der Insel haben.“ Eines dieser selten erhaltenen Aquarell-Bilder zu ergattern, gelte als Königsdisziplin unter den Sammlern, so Thorer. Durch die Unwissenheit eines Händlers ist er an fünf gekommen. „Der Mann konnte nicht zuordnen, was er da vor sich hat - Werbung oder ein Gemälde? Ich habe die dann gerne genommen.“

In den Anfängen seiner Sammelleidenschaft hatte Thorer einen befreundeten Antiquar in Palma um Hilfe gebeten. Der sollte jeden Kunden stets nach den Aufklebern fragten. „Irgendwann habe ich dann den Bestand einer alten Druckerei aufgekauft, die viele gefertigt hatte.“ Einige Aufkleber hat er so heute doppelt oder fünfzigfach. „Das ist gut, um zu tauschen“, sagt der 79-Jährige.

Einer der Gründe, warum es heute kaum noch welche gibt, ist, dass Aufkleber auf den heutigen Plastik- und mit Stoff bezogenen Rollkoffern schlecht haften, selbst wenn die modernen nicht mehr mit Spucke aufgeklebt werden müssen. „Außerdem sind sie heute meistens hässlich“, sagt Thorer. Und eines sollte man mit den alten Exemplaren übrigens auf keinen Fall tun: „Wer Kofferaufkleber auf Koffer klebt, der wird von Kofferaufklebersammlern mit Hass verfolgt.“

In bald 50 Folgen erzählt Axel Thorer auf Youtube Witziges und Wissenswertes zu Kofferaufklebern weltweit