Allein schon dieser Ort! Selbst langjährige Mallorca-Residenten können schon mal ins Schwärmen geraten, wenn sie in Port de Sóller die Stufen zur Ermita de Santa Caterina emporsteigen und vom Panoramablick auf den Hafen zur einen Seite und das offene Meer zur anderen Seite überwältigt werden. Auf dem höchsten Punkt liegt die Ermita, die 1280 erbaut wurde. Bis zum Jahr 2012 war darin das Meeresmuseum, das Museu de la Mar, von Port de Sóller untergebracht. Seit Anfang Mai hat das Museum nach sieben Jahren des Dornröschenschlafs seine Pforten wieder geöffnet. „Es gab kein Budget mehr, deswegen mussten wir ein intaktes Museum einfach schließen", sagt Manolo ­Gómez, Experte für Mallorcas maritimes Erbe, der beim MZ-Besuch am Eingang sitzt.

Die MZ will sich einen Eindruck davon verschaffen, wie sich die Ausstellung seit der Schließung verändert hat. Geschäftsführer Albert Forés, der die Aufgabe hat, neben dem Meeresmuseum in Sóller auch eines in Palma einzurichten, winkt gleich ab. „Momentan sind es noch dieselben Ausstellungsstücke wie zum Zeitpunkt der Schließung vor sieben Jahren." Aber man arbeite auf Hochtouren daran, nach und nach weitere Exponate in die Ausstellung zu integrieren, die tatsächlich noch etwas kurz geraten wirkt.

Zurzeit sind nur das Foyer und ein Ausstellungsraum zugänglich. In einem Raum im Untergeschoss soll in absehbarer Zeit eine Dokumentation über die Fischerei in Sóller gezeigt werden. Noch gibt es aber Probleme mit der Technik, gerade ist ein Informatiker gemeinsam mit Albert Forés zugange, um Ton und Bild zu checken.

Einen Eindruck von der Geschichte Sóllers und seines Hafens bekommt man aber auch ohne den Film. Vor allem von der Bedeutung des Meeres für die Bewohner des Sóller-Tals. Der Hafenort lebte jahrhundertelang vor allem vom Schiffsbau und der Fischerei. In Schaukästen liegen die Werkzeuge der Schiffsbauer, wie etwa das traditionelle Querbeil, die aixa. Auf den Texttafeln wird erklärt, wie die Fischerboote gebaut wurden. Die Besucher erfahren etwa, dass die Bäume, die für den Bau infrage kamen, bei Vollmond im Januar und im August gefällt wurden. Dann bot das Holz die beste Qualität. Für ein Boot war das Holz verschiedener Bäume nötig. So verwendete man in Sóller die Eiche für den Kiel und Teile des Rumpfes, die mallorquinische Kiefer für die Seitenteile und die nordeuropäische Kiefer für die Planken. Im ­Hafen gab es mehrere Werften, um Boote zu bauen und zu reparieren.

Die Seefahrt war für Sóller und das Tal lange Zeit die einzige berufliche Perspektive. Im Jahr 1874 zählte Port de Sóller 41 Boote verschiedener Größe. Im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts gab es allein im Hafenort zwölf Reeder. Heute sind gerade mal sieben Fischerboote in Port de Sóller gemeldet. Auch größere Schiffe, etwa für die Fischerei und den Export von Zitrusfrüchten, wurden in Port de Sóller gebaut.

Speziell in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sahen sich allerdings viele Sollerics dazu gezwungen, ihre Heimat zu verlassen, gerade diejenigen, die mit dem Anbau von Zitrusfrüchten ihr Geld verdienten. Eine Plage hatte einen Großteil der Orangenbäume befallen und sie unbrauchbar gemacht. Diejenigen, die es sich leisten konnten, wanderten nach Lateinamerika aus, die weniger Begüterten setzten mit einem Fischerboot nach Frankreich über und begannen dort ein neues Leben.

Im Jahr 1910 lebten 2.216 Sollerics in Frankreich. Die Straßenverbindung aus dem Sóller-Tal in andere Regionen der Insel war beschwerlich, bevor 1912 die Zugverbindung nach Palma eröffnet wurde, lag die Überfahrt mit dem Schiff nach Frankreich für viele näher. Zeuge davon ist heute noch der etwas eigene Wortschatz der Sollerics, die zahlreiche Wörter aus dem Französischen ins Katalanische eingliederten. Im Museum gibt es dazu eine interaktive Schautafel. So benutzen ältere Bewohner des Orangentals auch heute noch für das Auto das aus dem Französischen entlehnte Wort „vuatura". Eine Banane heißt „banana", eine Karotte „carrotta", für eine Tasche verwenden manche Sollerics das Wort „sac".

Dass das Museum so lange Zeit geschlossen war, hat am Selbstbewusstsein der Sollerics genagt, erzählt Manolo Gómez. „In den ersten Tagen kamen viele Interessierte aus dem Ort, die stolz waren, dass die Ausstellung wieder geöffnet ist." Allein in den ersten neun Tagen seien 600 Besucher gekommen, neben den Einheimischen vor allem Deutsche und Engländer. Die Schautafeln sind zwar nur auf Spanisch und Katalanisch verfasst, ausländische Besucher können aber am Eingang ein Blatt nehmen, auf dem die Texte ins Deutsche, Englische und Französische übersetzt sind.

Albert Forés arbeitet gerade daran, die Nachricht von der Wiedereröffnung des Museums unter die Leute zu bringen. „Zurzeit sind wir dabei, die Schulen auf der Insel anzuschreiben", sagt der Kulturmanager, der unter anderem schon Projekte für die Balearen-Sinfoniker und im Kunstmuseum Es Baluard betreut hat. Liebend gerne würde er möglichst schnell auch den zweiten Teil des Meeresmuseums, nämlich eine Niederlassung in Palma, in Betrieb nehmen. Seit Jahren werden diesbezüglich Pläne geschmiedet. Immerhin gibt es inzwischen mit den Räumlichkeiten von Ses Voltes im Parc de la Mar einen Standort.

Doch es sei mühsam, die Arbeit gehe nur langsam voran. „Ich will mich weiterhin nicht auf einen Eröffnungstermin festlegen", wiederholt Albert Forés das, was er der Mallorca Zeitung bereits im vergangenen Dezember bei der Präsentation des Projekts sagte. Insgeheim hoffe er aber, dass 2020 zumindest an der Einrichtung des Museums gearbeitet werden könne. Derzeit toure er über die Insel, um einen möglichst breiten Konsens darüber zu erzielen, was in dem Meeresmuseum einmal zu sehen sein soll. „Die Menschen sollen sich beteiligen, schließlich soll es nicht nur das Meeresmuseum von Palma, sondern der ganzen Insel werden", sagt Albert Forés.

Museumsbesuch in Port de Sóller

Das Museu de la Mar in der Ermita de Santa Caterina (Carrer de Santa Caterina d'Alexandria, 54) ist bis auf Weiteres von Dienstag bis Samstag von 10 bis 14 Uhr und von 16 bis 18 Uhr sowie am Sonntag von 10 bis 14 Uhr geöffnet. Es wird über längere Öffnungszeiten im Sommer nachgedacht. Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten.