Ständig in Bewegung - das ist das Motto für die Basis des Lufthansa-Ablegers Eurowings am Flughafen von Son Sant Joan. Nachdem die Basis zunächst vor gut zwei Jahren in ­einem Hauptgebäude von Aena eröffnet worden war, musste die Besatzung zwischenzeitlich auf das Vorfeld in einen relativ kleinen Containerraum umziehen. Aber auch das wird schon bald wieder Vergangenheit sein: Im Herbst soll die rund 220 Mitarbeiter umfassende Basis-Belegschaft wieder direkt ins Flughafengebäude ziehen. Die MZ durfte sich einen Nachmittag lang in den Crew-Räumen von Eurowings umsehen und mit dem Bodenmanager Martin Rinker die ­einzelnen Schritte nachverfolgen, die von Seiten der Crew aus nötig sind, damit ein Flugzeug von Palma in Richtung Deutschland, Österreich oder die Schweiz abhebt. Der 43-Jährige arbeitet seit rund 20 Jahren im Luftfahrtbusiness.

Rinker führt uns vom Terminal aus in einem zehnminütigen Fußmarsch zu den Crew-Räumen, die in einem Teil des Flughafens untergebracht sind, mit dem man nicht in Berührung kommen möchte. „In diesem Gebäude sind Zimmer für Angehörige eingerichtet, die im Falle eines Absturzes an den Flughafen kommen und dort betreut werden sollen", erklärt Rinker. Bislang war das in Palma ja zum Glück noch nicht nötig. Bevor man das Crew-Gebäude betritt, muss man wie vor dem Abflug auch durch eine Sicherheitskontrolle. Die vier dort arbeitenden Männer und Frauen haben arbeitstechnisch den Hauptgewinn gezogen. Der Stress hält sich hier im Vergleich zur regulären Sicherheitsschleuse sehr im Rahmen.

Minutengenaues Flightsheet

Im Crew-Raum ist an diesem frühen Nachmittag wenig los. Vor wenigen Minuten haben sich die meisten Mitarbeiter in die Flugzeuge aufgemacht, abends folgt dann der nächste Schwung. Nur Christian Brüning ist gerade noch da. Der 46-Jährige, der seit der Eröffnung der Eurowings-Basis vor gut zwei Jahren fest auf Mallorca stationiert ist und auch auf der Insel lebt, ist der Leiter der Crew und für rund 140 Angestellte in der Kabine zuständig. Brüning hat als Koordinator auch die Aufgabe, die Mitglieder des Kabinenpersonals nach einem Flug zu benoten. Er fliegt aber auch selbst.

Wenn er morgens in der Basis in Palma ankommt, wird ihm das sogenannte Flight­sheet von der Eurowings-Zentrale geschickt, das alle wichtigen Informationen für den Flug enthält - von der Zahl der gebuchten Passagiere bis hin zu den Essensbestellungen oder der Tatsache, ob ein Passagier mit eingeschränkter Mobilität an Bord sein wird. Ein minutengenauer Zeitplan hält fest, wann die Sicherheitseinweisungen an der Reihe sind oder wann die Getränke und das Essen serviert werden.

Brüning hat die Kontrolle über all diese Vorgänge, auf dem Flug steckt sich jedes Kabinenmitglied das Flightsheet zusammengefaltet ins Hemd, um die Infos ständig abrufbereit zu haben. Die Crew trifft sich in Palma rund eine Stunde vor Abflug, um in einer kurzen, etwa zehnminütigen Besprechung die Besonderheiten des anstehenden Fluges durchzugehen. Nach diesem Austausch treffen sich die Stewards und Stewardessen, die in Palma vor allem aus Spaniern und Deutschen bestehen, mit den beiden Piloten, um sich gegenseitig über den anstehenden Flug auf den letzten Stand zu bringen.

Das Wetter bereitet Sorgen

Mit Marek Kubiak (43) ist auch gerade ein Pilot in der Basis anwesend, der die Flugpläne der kommenden Stunden durchgeht und das Wetter studiert, das an diesem Tag Sorge bereitet. „Wir haben heftige Unwetter in Deutschland, vor allem im Westteil. Das beeinträchtigt besonders den Flugverkehr in Düsseldorf, unserer wichtigsten Basis in Deutschland", sagt Kubiak, der auch Pilotenausbilder an der Basis in Palma ist. Der Flughafen in Düsseldorf ist zeitweise sogar gesperrt, so heftig wütet das Unwetter. Das führt zu längeren Verspätungen. „Die ziehen wir jetzt noch den ganzen Tag hinter uns her", sagt Kubiak.

Ein mehrere Stunden gesperrter Flughafen - da können auch alle Maßnahmen, die Eurowings seit diesem Jahr gegen Verspätungen aufgefahren hat, wenig ausrichten. „Da sind wir machtlos", sagt Kubiak. Eurowings versucht nach dem vergangenen Sommer mit massenhaft Verspätungen und Flugausfällen gegenzusteuern. So gibt es inzwischen mehr Puffer auf dem Boden, mehr Ersatzmaschinen oder eine neue Handgepäckregelung, nach der die Passagiere ihre Taschen kostenlos einchecken können, wenn der Flug voll belegt ist.

Auch Kubiak muss normalerweise rund eine Stunde vor seinem ersten Abflug in den Crew-Räumen erscheinen. Zunächst geht er mit seinem Co-Pilot rund zehn Minuten lang die aktuellen Daten zur Strecke durch, checkt das Wetter und kalkuliert den Treibstoff, der getankt werden muss. „Wir schauen uns auch an: Wie sieht das Flugzeug aus, wie ist der technische Standard? Welche kleineren Dinge funktionieren nicht oder gibt es etwa gesperrte Flughäfen aufgrund von schlechtem Wetter", erklärt Kubiak.

Vor allem das Thema Kerosin erfordert ein wenig Fingerspitzengefühl. Wenn Sturm oder andere ungünstige Wetterbedingungen angekündigt sind, packen er und seine Kollegen mehr Zusatztreibstoff ein. „Wir haben da keine Limits vonseiten Eurowings und können so viel tanken, wie wir Piloten für richtig halten", erklärt der Kapitän. Schließlich kann es vorkommen, dass die Piloten auf einen anderen Airport ausweichen müssen, wenn der geplante Ankunftsort gesperrt ist. Um sich bestmöglich auf die Wetterverhältnisse, auch über mögliche Turbulenzen, vorzubereiten, nutzen die Piloten mehrere Quellen vor dem Abflug. So steht ihnen ein internes System mit Wetterdaten von Eurowings zur Verfügung, die meisten Infos bekomme man inzwischen aber im Internet. „Und oft sind die sogar aktueller als in unserem eigenen System", sagt Kubiak, der in Zweifelsfällen auch mal zum Telefon greift und Kollegen am Ankunftsort anruft, um nach dem aktuellen Wetter zu fragen.

Haben die Piloten und die Crew ihre Besprechungen beendet, fahren sie mit dem Bus die wenigen Meter übers Rollfeld zum Flieger. Die Passagiere sind zur gleichen Zeit im Terminal mit dem Einsteigevorgang beschäftigt. Laut Eurowings-Vorgaben sollte ein Flugzeug 35 Minuten Standzeit am ­Boden ­haben, dann müsste es wieder losfliegen. ­Martin Rinker kontrolliert das per App live auf seinem Handy. Der Flieger nach Hannover steht schon knapp 40 Minuten, als immer noch Menschen einsteigen. „Im Idealfall sind die 35 Minuten zu schaffen, dann muss aber alles wie am Schnürchen funktionierten", sagt Rinker und läuft zum Gate nebenan, wo die nächste Verspätung wartet.