Mallorca Zeitung

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Kräuterlikör "Herbes de Mallorca": Am besten schmeckt er selbstgemacht

Eine Freundesgruppe aus Capdepera trifft sich einmal im Jahr, um ihren ganz individuellen Likör herzustellen – und verrät, wie es geht

Immer Anfang Juni kommen die Freunde von Can Planetes zusammen. Jeder bringt frisch gepflückte Kräuter aus Wald und Garten mit. Can Planetes

Es gibt ihn in jedem Souvenir-Geschäft der Insel, am Flughafen reihen sich im Duty-Free-Bereich Sorte um Sorte in den Regalen aneinander, und kaum eine Bar kann nicht mit dem wohl typischsten Mallorca-Getränk aufwarten: „Hierbas de Mallorca" oder auf Katalanisch „Herbes de Mallorca" gilt als der Insel-Likör schlechthin. Zahlreiche Firmen haben sich der professionellen Herstellung des Kräutertranks verschrieben, der oft in perfektem Giftgrün und mit hübsch anzuschauenden Kräutern im Inneren der Flaschen daherkommt. Da kann man leicht vergessen, dass herbes ursprünglich weder als Massenware noch als immer gleiches Produkt existierte. Eine Gruppe aus Capdepera steuert dagegen: Seit Jahren kommen die rund 30 Mallorquiner einmal im Jahr in ihrer Freizeit zusammen, um ihren ganz eigenen - und vor allem ganz natürlichen und individuellen - herbes anzusetzen. Mittlerweile haben sie eine richtige Fangemeinde hinter sich.

„Das Zeug da würde ich gar nicht trinken", sagt Paco Galian, deutet auf eine Flasche industriell hergestellten Kräuterlikörs hinter einem Bartresen in Cala Ratjada und rümpft die Nase. „Dann kann man es auch gleich lassen." Wenn man so will, ist der 58-Jährige eines der Gründungsmitglieder von Can Planetes. Nicht, dass es einen richtigen Verein gäbe. „Wir sind ein großer Freundes- und Bekanntenkreis. Vor allem mögen wir es, zusammenzukommen und zu essen", erklärt der 73-Jährige Jaume Fuster. Auch wenn er Spanisch spricht, ist sein mallorquinischer Akzent nicht zu überhören.

Bei der Zugabe der Kräuter ist Experimentierfreude angesagt. sophie mono

Gemeinschaftsrezeptur

Es war im Jahr 2000, beim ersten Mittelaltermarkt in Capdepera, als Galian und Fuster mit einigen anderen auf die Idee kam, man könne doch selbst einen Stand auf dem Themenmarkt anbieten. „Jeder von uns hat immer schon selbst herbes aufgesetzt. Wir dachten uns: Das können wir doch auch zusammen machen und es dann verkaufen." Tatsächlich gibt es heutzutage praktisch keinen Einwohner Capdeperas, der über den Mittelaltermarkt schlendert, ohne zumindest einenchupito des Kräuterlikörs am Can-Planetes-Stand zu trinken. „Für viele ist das mittlerweile Tradition", weiß Galian. Genau, wie es für ihn und die anderen Aktiven Tradition ist, alljährlich das Zelt und den Verkaufstresen oben an der Burg aufzubauen. Rund 4.500 EuroGewinn machen die Hobby-Mixer mit ihren 150 Litern herbes. Alles wird an gute Zwecke gespendet. „Werbung brauchen wir nicht machen, die Kunden kommen immer."

Nicht, dass sich der herbes von Can Planetes durch seine Perfektion in puncto Farbe auszeichnen würde. „In einigen Flaschen nimmt er Grüntöne an, in anderen wird er eher braun", so Fuster. Dabei versuchen die Freunde stets das gleiche Rezept zu verwenden, das sich durch Mehrheitsentscheid und jahrelanges Ausprobieren und Experimentieren durchgesetzt hat. Immer Ende Mai oder Anfang Juni kommen die Likörmacher auf der Finca Can Planetes bei Capdepera zusammen, um neuen herbes für das kommende Mittel­alterfest im darauffolgenden Mai anzusetzen. Dann nämlich haben die Kräuter gerade Saison, die die Freunde teils aus ihren Gärten, teils aus den Wäldern frisch gepflückt mitbringen. 34 verschiedene Zutaten schaffen es in die Glasflaschen. „Alle werden auf großen Tischen ausgebreitet, dann gibt jeder eine andere Zutat hinzu", sagt Fuster und zeigt Fotos auf dem Smartphone.

Anschließend wird die Kräutermixtur mit Anis-Likör aufgefüllt. sophie mono

Lagerzeiten beachten

Aufgefüllt wird dann mit Anis-Likör der Firma Moyà aus den Werken der Nachbargemeinde Artà. Drei Viertel süßer Likör, ein Viertel trockener. „Das kann jeder ganz nach seinem Gusto handhaben. Auch bei der Auswahl der Mengen und der Art der Kräuter ist man im Prinzip frei", so Fuster. Fenchel (hinojo) sei allerdings fast unabkömmlich. „Den sollte man auf jeden Fall benutzen", rät er Neulingen im herbes-Mixen. „Und für eine mehr oder weniger leichte Bitternote sorgt Weinraute." Während die Can-Planeta-Gruppe sich dann nach dem Befüllen der Flaschen zum ausgiebigen gemeinschaftlichen Pa-amb-Oli-Essen niederlässt, beginnt das Gebräu mit den Kräutern zu ziehen. „Vier bis fünf Monate muss man es mindestens stehen lassen. Mitte August zum Dorffest Son Bartomeu kommt unsere Gruppe dann wieder zusammen, um schon mal ein wenig zu kosten", so Galian. Etwa ein Jahr könne die Mixtur problemlos gelagert und verzehrt werden. „Nach spätestens anderthalb Jahren sollte man die Kräuter aber entnehmen und nur die Flüssigkeit übrig lassen, sonst wird der Geschmack zu intensiv."

Mehrfach hätte die Gruppe Angebote von Händlern oder Gastronomen bekommen, ihr Gebräu doch ganzjährig herzustellen und zu verkaufen. Aber das komme für die Freunde nicht infrage. Galian: „Uns geht es um Spaß, nicht um Profit." (aus MZ 1.003)

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