Die Haltbarkeit von Gemüsesamen ist begrenzt. Da hilft auch nicht, wenn sie in der Samenbank bei 18 Grad minus lagern. „Damit sich der Bestand erneuert, säen wir jedes Jahr andere Sorten aus", sagt Magdalena Vicenc, Leiterin des Jardí Botànic de Sóller (JBS). Wer dort den Hauptweg abwärts geht, kann linker Hand Beete mit Gemüsepflanzen sehen.

An langen Schilfstangen sind die Stängel der Tomatensorte Marmanda befestigt. Die sollerics brachten das Saatgut einst von ihren Frankreich-Reisen mit. Die knallrote Tomate zeichnet sich durch saftiges Fruchtfleisch und fruchtig-süßes Aroma aus. „Hätten wir die Samen nicht vor 30 Jahren gesammelt und aufbewahrt, gäbe es diese Tomate auf der Insel nicht mehr", sagt die Botanikerin.

Die Samengewinnung kam durch den Siegeszug des Hybridgemüses aus der Mode. Da deren Samen nicht zuverlässig keimen, müssen sie jedes Jahr bei den Saatgutproduzenten neu gekauft werden. So konnte es zur Massenproduktion von namenlosem Hybridgemüse kommen. Der JBS und engagierte Landwirte setzen sich jedoch weiterhin für die Samengewinnung alten Sorten ein.

Die Kulttomate

So kam es auch erst durch die Kultur der Samenreproduktion zur mallorquinischen Ramellet-Tomate. Landwirte säten über einen langen Zeitraum hinweg nur die Samen der besten Exemplare aus. Und so gelang es ihnen, eine Tomate mit fester Haut zu züchten, deren Fruchtfleisch streichfest ist und die darüberhinaus den ganzen Winter ohne Konservierung gelagert werden kann. Weil diese Sorte häufig zum Zopf geflochten aufbewahrt wird, nennt man sie auch tomàtiga de penjar. Im JBS wachsen dieses Jahr zwei Sorten: die tomàtiga de ferro und die tomàtiga blanca.

Süße Paprika

Die hellgrüne kleine Spitzpaprika pebre ros ist für die Mallorquiner mit ihrem sanften Geschmack neben reifen Tomaten und süßen weißen Zwiebeln eine unverzichtbare Zutat für das sommerliche trempó. Sie gilt roh als gut bekömmlich und ist die einzige Paprikasorte, die, in Streifen geschnitten, auf Mallorca die Paella begleiten darf. Erst wenn die Haut der Schote hochrot ist, sind die Samen reif und können zur Lagerung getrocknet werden.

Zucchini

Kenner der alten Inselsorten sind sich nicht einig, ob die Zucchini schon immer auf der Insel angebaut worden sind. Sicher ist jedoch, dass ihr die Italiener den Namen gaben. Wenn der kleine Kürbis (Cucurbita pepo bot., calabácin span., carbassó kat.) mit einer Länge zwischen 14 und 20 Zentimeter unreif geerntet wird, kann es noch nicht zur Samenbildung kommen, dafür muss muss die Zucchini wachsen: Im Beet des JBS ist sie knapp 40 Zentimeter lang, in Kürze werden die Samen reif sein.

Melonen

Die Rote-Kern-Melone (Síndria de pinyol vermell kat.) ist rund und hat eine dunkelgrüne Schale mit helle Streifen. Das Fruchtfleisch ist fest, schmeckt süß. Die Melonen, die in den Beeten des JBS reifen, werden die roten Samenkerne für die Vereinigung Varietats Locals in Porreres liefern. Sie vertreibt die Samen alter Gemüsesorten der Insel.

Geschätzt werden diese Samen von Gärtnern, die ihr Gemüse selbst ziehen. Großes Interesse haben auch betagte Gemüsegärtner, denn sie kennen die Sortenvielfalt noch aus ihrer Kindheit. Cool wäre, wenn eines Tages auch Veganer oder Smoothie-Fans bewusst alte Sorten beim Namen nennen könnten und das authentische Inselgemüse den in Massen produzierten Hybriden vorziehen würden.