Auch er ist Kult: Emilio Castrejón. Koch seines Zeichens, 58-jähriger Mexikaner, viel gereist mit längeren Aufenthalten in Deutschland, den USA und Japan - ein mehrsprachiger Kosmopolit und studierter Rechtsanwalt. Seit 2004 ist er auf der Insel. Er hat sich in dieser Zeit eine mehr als treue Fangemeinde erkocht, oder man könnte auch sagen, erschnitten, denn roher Fisch in vielerlei Varianten ist bei ihm sozusagen in besten Händen. Seine Stammgäste schauen gar nicht mehr auf die Karte, die es sowieso nicht gedruckt gibt.

Gerichte werden auf einer Tafel annonciert, die reihum geht. „Mach uns was", lautet die Devise, „und bring uns einen Wein deiner Wahl" - ungeachtet der nicht gerade günstigen Preise. Geld spielt keine Rolle, man vertraut ihm völlig. Es ist schon eine besondere, sehr internationale Klientel, die ins Emilio Innobar kommt, wie das Restaurant in einer kleinen Gasse von Palmas Altstadt korrekt heißt. Alle lieben ihn, und er liebt seine Gäste.

Jests stellt Emilio sein erstes Buch vor: „The Way It Goes". Das deutsche Ehepaar Pentzien, das auch schon Bände wie „Mallorca's Best Recommendations" herausgebracht hat, fungiert als Verleger. Das gemeinsam mit Emilios Restaurantleiterin und guter Freundin Sabine Mohn entwickelte Buch gibt es bislang ausschließlich in der Galerie, in der Emilio Innobar und über die Website des Restaurants. Vorbestellungen seien schon reichlich eingetroffen, sagt Renate Pentzien - und das bei einem Preis von 98 Euro.

Dafür gibt es 40 Rezepte von beliebten Klassikern des Lokals: vom Fisch à la Emilio - etwa die Rezepte mit grüner Papaya und im mexikanischen Stil mit cochinita pibil (zerrissenem, intensiv gewürztem Schweinefleisch) - über Thunfischtatar, Ceviche und Rinderfilet mit Kruste bis hin zu den schon legendären Salzburger Nockerln. Die Fotos stammen von Michael Pentzien, auch seine Tochter Malou Pentzien steuert einige schöne Porträts bei. Die Rezepte sind nachvollziehbar und nachkochbar, und bei den Zutaten wurde darauf geachtet, dass sie auch auf der Insel erhältlich sind. „Wobei es natürlich nicht so ist, dass jeder meine Rezepte dann genauso hinbekommt, wie ich meine Gerichte koche", sagt Emilio zur Mallorca Zeitung. Ein bisschen geheime Emilio-Magie ist halt immer dabei.

Als Zugabe gibt es Emilios Sinnsprüche, die viel über ihn aussagen. „Warum ich koche? Um Liebe zu gewinnen", „Eigensinn macht Spaß" oder „Ich bin wie ein Dreijähriger, da ist man authentisch" und „Ich suche nichts, es kommt zu mir". Im Buch wechseln sich diese Sprüche mit Zitaten von Hermann Hesse ab, den Emilio so verehrt, dass er Ende der 70er-Jahre gewissermaßen nur wegen ihm in München Deutsch lernte. „Man muss die Sprache eines Dichters sprechen, um ihn und seine Texte wirklich zu verstehen. Übersetzungen können das nicht wirklich leisten."

Der Band - sowohl Coffee-table-Schmuckstück als auch Kochbuch - gibt noch weitere Einblicke in den Kosmos Emilio, zeigt ihn mit seiner Enkelin oder mit seinen sechs Hunden, die wie sein Herrchen immerzu zu lachen scheinen. Und enthüllt noch eine weitere Facette: seine Gartenleidenschaft. Auf der Finca bei Binissalem, die er vor knapp drei Jahren gekauft und restauriert hat, und die seit rund einem Jahr auch sein Zuhause ist, wächst und gedeiht es prächtig. Mithilfe eines Gärtners fürs Grobe ist auf über 8.000 Quadratmetern ein kleines Paradies entstanden, mit Obstbäumen aller Art, Kräutern und prächtigen Blumen. Emilio weiß also nicht nur Fisch zu schneiden, er hat auch einen grünen Daumen. Oder um es mit Emilio-Sprech zu sagen: „Alles ist eine Frage der Haltung, bonbón, so wie du dem Leben gegenüberstehst, oder vor dem Schneidebrett, wie du mit dem Messer umgehst, mit dem Fisch, mit Menschen."