Es wird voll am Himmel über der Inselmitte. An diesem Dienstag (22.10.) startet in Manacor und Umgebung die Europameisterschaft im Heißluftballonfahren (MZ berichtete). 95 Ballons - zehn Gefährte stehen für Zuschauer zur Verfügung - steigen dann täglich in die Luft.

Die runden Flugobjekte können dabei auch schon zuvor bestaunt werden. Ricardo Aracil, Chef des Anbieters Mallorca Balloons und Veranstalter der EM, lädt zu einem Vorturnier. Der rein mallorquinische Wettkampf hat mit dem internationalen Event nichts zu tun. Los geht es an diesem Donnerstag (17.10.). Die Ballons starten, abhängig vom Wetter, rund um den Flugplatz von Mallorca Balloons bei Manacor. Der Start ist für den Abend um 17 Uhr angesetzt. Die Fahrt soll je nach Wind ein bis zwei Stunden dauern.

Mit Ausnahme des Montags (21.10.) sind die Heißluftballons bis zum 27. Oktober täglich früh ab 7.30 Uhr und abends ab 17 Uhr unterwegs. Zum Zuschauen und Fotosschießen bietet sich das Kultrestaurant Es Cruce an der Schnellstraße nach Manacor oder die Dörfer und Felder in der Umgebung an. Noch näher dran ist, wer während der EM eine Fahrt auf einem der Begleitballons unternimmt (240 Euro pro Person, zu buchen unter mallorcaballoons.com). Sechs deutsche Ballons steigen über der Insel in die Luft, auch drei spanische Teams sind dabei. Top-Favorit auf den Sieg ist Stefan Zeberli aus der Schweiz. Live-Resultate des Turniers gibt es im Internet unter watchmefly.net

Seit drei Jahren führt der 38-jährige Schweizer Zeberli die Weltrangliste an. Vier EM-Pokale stehen in seinem Trophäenschrank. „Auf Mallorca will ich meinen Titel verteidigen", sagt Zeberli. Die MZ sprach mit ihm über die bevorstehende Europameisterschaft auf der Insel (22. bis 27. Oktober), gefährliche Stromleitungen und die große Komplexität und geringe Beliebtheit seines Sports.

Wie wird man Weltranglistenerster im Heißluftballonfahren?

Die Weltrangliste wird mit den Ergebnissen der wichtigsten Turniere der vergangenen vier Jahre erstellt, also EM, WM und die World Air Games. Je nach Platzierung gibt es Punkte, und mit denen wird das Ranking generiert.

Was machen Sie besser als andere?

Diese Frage wird mir oft gestellt. Ich bin ein Perfektionist. Wenn ich etwas mache, will ich es perfekt machen. Zudem kann ich auf ein sehr gutes Team zurückgreifen. Das wird von vielen unterschätzt. Beim Material kann man sich hingegen kaum noch abheben von der Konkurrenz. Da ist jeder Fahrer mittlerweile gut bestückt. Das war vor fünf Jahren noch anders. 10 bis 15 Prozent macht auch das Glück aus. Das ist abhängig vom Wetter. Bei gutem Wetter weniger, bei schlechtem Wetter mehr.

Aus wie vielen Leuten besteht Ihr Team?

Aus sechs Leuten. Ich bin mit meinem Bruder Simon im Ballon. Unten sind je zwei Leute in zwei Fahrzeugen unterwegs. Ein Auto fährt voraus und misst die Winde, das andere sammelt uns nach der Fahrt ein. Wir haben auch einen guten Austausch mit dem Nationalteam.

Sie sind vierfacher Europameister, aber noch kein Weltmeister. Woran lag es?

Das Niveau bei der EM und WM ist recht ähnlich. Die Konkurrenz ist bei beiden jedoch sehr groß. Wer in den Top Ten landete, kann sich über ein gutes Resultat freuen. Bei der vergangenen WM 2018 in Österreich war ich von der ersten bis zur vorletzten Fahrt führend. Letztlich war dann etwas Pech dabei.

Sind Sie schon auf Mallorca gefahren?

Ich war schon auf der Insel, aber noch nicht mit dem Ballon. Es wird spannend, da es durch die Insellage einen Land-See-Wind gibt. Es kann ein Vorteil sein, wenn man die lokalen Winde kennt. Aber auch ein Nachteil, wenn man sich auf die Erfahrungen verlässt.

Wie ist das ideale Ballonwetter?

Möglichst wenig Wolken unterhalb der Flughöhe von 4.000 Fuß. Dazu dann steuerbare Winde. Die sind im optimalen Fall unten am Boden in eine Richtung und in der Höhe in die entgegengesetzte Richtung. Das erlaubt uns dann, zurück zu koordinieren. Das Gelände sollte nicht zu flach sein. Nebel und Regen sind ganz schlecht.

Sie sind schon über 81.000 Kilometer Ballon gefahren. Ihre spektakulärste Fahrt?

Ach, da gab es so viele. Ich habe über 100 Mal die Alpen nach Italien überquert. Ich bin in diesem Sommer über die Anden gefahren. Ich war in über 50 Ländern Ballon fahren und habe viele schöne Momente erlebt.

Der kritischste Moment?

Ballonfahren ist grundsätzlich extrem sicher, das Risiko ist geringer als beim Autofahren. Wobei wir bei den Wettbewerben schon grenzwertig operieren. Einmal sah ich Stromleitungen erst sehr spät, da hatte ich Glück. Das sind die kritischsten Momente beim Ballonfahren. Einen Absturz habe ich noch nie

erlebt. Da der Ballon als eine Art Fallschirm fungiert, ist das auch fast unmöglich.

Sie bieten auch Ballonfahrten an. Fühlen sich Ihre Kunden sicherer, wenn sie mit dem weltbesten Piloten unterwegs sind?

Das steht zwar auf ballon-zeberli.ch, meiner Website, aber ich schätze, dass 50 Prozent meiner Kunden das nicht wissen.

Liegt das daran, dass der Ballonsport selbst wenig populär ist?

Ja, das ist sicher so. Für das Sponsoring ist es ein extrem attraktiver Sport, für den normalen Bürger aber eher zu kompliziert. Ich könnte keinen anderen Sport nennen, wo das Regelwerk und die verschiedenen Taktiken ähnlich komplex sind. Da ist es schwierig, an Attraktivität zu gewinnen. Eine einfache Übung ist noch ein sogenannter Fly-in, wo die Ballons im Ziel bei den Zuschauern zusammenkommen. Auf Mallorca müssen wir pro Fahrt aber mehrere Ziele ansteuern und Marker abwerfen. Das ist ein zwei Meter langes Band mit 100 Gramm Ballast an der Spitze. Für den Pilot gibt es viele Möglichkeiten, die für den Zuschauer nur schwierig zu verstehen sind.

Wie sportlich ist eine Ballon-EM?

Das ist das Schöne an unserem Sport. Ich bin der gleiche Jahrgang wie Roger Federer. Er kommt in unserem Alter langsam an die Grenzen. Der Ballonsport ist mehr Kopfsache. Dafür brauche ich keinen Körper, der für den Leistungssport trainiert ist.

Wie trainieren Sie für Mallorca?

In der vergangenen Woche bin ich bei der deutschen Meisterschaft außer Konkurrenz - ich kann ja nicht deutscher Meister werden - mitgefahren. Jede Fahrt ist ein gewisses Training. Im Jahr komme ich auf 150 bis 200

Gästefahrten, bei denen ich auch Marker werfe. So stelle ich den Gästen den Sport vor.

Der Deutsche Aero Club, der Dachverband der Luftsportler, fordert, dass Luftsportarten wie Ballonfahren olympisch werden sollen. Wie sehen Sie das?

Zunächst einmal: Wir haben in den vergangenen Jahren in der Schweiz sehr dafür gekämpft, dass die Preisgelder erhöht werden. In der Schweiz werden die Sportarten in vier Kategorien eingestuft. Kategorie eins sind Fußball und Skifahren, wir waren nur Kategorie vier. Für einen EM-Sieg gab es dann 1.000 Franken, also 800 Euro. Durch unsere gute Nachwuchsarbeit werden wir jetzt immerhin auf Kategorie drei eingestuft. Ja, es wäre schön, wenn Ballonfahren olympisch wird, da es dann noch mal einen Schub gibt. Wegen der angesprochenen mangelnden Attraktivität für Zuschauer ist es jedoch schwierig.