Der Motor des roten Jeep Cherokee XJ heult an dem felsigen Anstieg laut auf. Die Maschine kämpft mit voller Kraft gegen die Steigung. Es scheint, als würde der Wagen den Kampf verlieren. Doch im Schneckentempo schiebt sich das Auto Stück für Stück weiter nach oben. Sehr zur Freude von Bo van Schwarzenberg. Der neunjährige Deutsch-Mallorquiner steuert den Jeep, sitzt aber nicht hinter dem Lenkrad. Er fährt einen sogenannten Crawler. Die ferngesteuerten Elektro-Modellautos sind dafür gemacht, steile Abhänge emporzuklettern.

„Die Szene ist in Crawler und Scaler unterteilt", erklärt Björn van Schwarzenberg, Bos Vater. Der gebürtige Hamburger lebt seit mehr als 20 Jahren auf Mallorca. „Die Scaler bauen Autos so detailliert wie möglich nach. Dort sitzen dann auch kleine Figuren drin, die den Kopf drehen können, und das Armaturenbrett kommt aus dem 3-D-Drucker." Die Crawler hingegen sind praktische Geländeautos. „Klassisch sehen sie spinnenartig und nicht so schön aus. Es gibt kaum Hindernisse, die sie nicht bewältigen können."

Björn van Schwarzenberg hat sich in Deutschland mal aus einer Laune heraus ein Modellauto gekauft und ist seitdem begeisterter Tüftler. Am roten Jeep Cherokee XJ im Maßstab 1:10 schraubt er fleißig rum, um das Auto noch besser für den Wettkampf zu wappnen. „Bo ist der Fahrer, und ich bin der Mechaniker", sagt er und lacht. „Als Teamnamen haben wir uns ,Flying Ninja' ausgedacht." Seit einem Jahr fährt sein Sohn, der auf der Insel geboren wurde, beim Verein Trial RC Mallorca mit. Vom spanischen Verband für ferngesteuerte Autos Aecar hat er eine Fahrerlizenz bekommen, damit er bei offiziellen Rennen antreten darf.

Wobei „Rennen" nicht die passendste Bezeichnung ist. Der Wettkampf hat mehr Ähnlichkeiten mit dem Klettern. „Gute Fahrer können die Wagen fast schon seitlich bewegen. Es geht darum, den besten Weg nach oben zu finden", sagt Björn van Schwarzenberg. „Das finde ich auch eine gute Lektion für meinen Sohn. Im Leben geht es nicht immer geradeaus. Er muss geduldig eine Lösung suchen."

Gesteuert werden die Autos mit einem kleinen Rad an der Fernbedienung. Wie bei einer Pistole gibt es einen Abzug. Dieser lässt den Jeep vor- oder rückwärtsfahren. Andere Knöpfe bedienen Licht, Seilwinde oder blockieren die Hinterachse. „Das ist in manchen Situationen wichtig, damit sich das Auto nicht überschlägt", sagt Bo van Schwarzenberg.

Bei den Wettbewerben starten alle Teilnehmer mit einer vorgegebenen Punktzahl. Die optische Gestaltung des Autos kann ein paar Bonuspunkte einbringen. Jeder Fahrer bekommt einen Zeitrahmen, um einen vorgegebenen Parcours zu durchfahren. Für Fehler werden Punkte abgezogen - etwa wenn das Auto sich überschlägt oder umkippt und der Fahrer per Hand nachhelfen muss, das Auto an Streckenmarkierungen aneckt oder der Fahrer das Zeitlimit nicht einhält.

Bei den offiziellen Turnieren gibt es vier unterschiedliche Kategorien: Reifengröße 1,9 Zoll, die in getunte Autos und Standardmodelle unterteilt ist, 2,2 Zoll mit modifizierten Autos und die spinnenartigen Profi-Crawler. Außer der Radgröße kann das Auto beliebig verändert werden. Die Vorderräder haben die Konsistenz von Marshmallows. „Zudem sind Gewichte in den Rädern befestigt, die für Stabilität sorgen. Wichtig ist auch, dass der Unterboden am Auto möglichst hoch liegt, damit das Auto nicht an Felsen hängen bleibt." Neben den Kosten von etwa 300 bis 400 Euro für ein Standardmodell kommen so noch einige Arbeitstage für den Ausbau hinzu.

Siegchancen für das Finale der balearischen Meisterschaft sehen Vater und Sohn eher nicht. „Sie besteht aus vier Renntagen. An einem Tag haben wir schon gefehlt. Bei den anderen waren wir von den 25 Fahrern meist im unteren Mittelfeld." Sowohl für die deutsche Familie als auch für den balearischen Club ist es jedoch ein Probejahr. „Im nächsten Jahr wollen wir durchstarten", sagt Bo van Schwarzenberg. Dann gilt die balearische Meisterschaft als Vorentscheid für das spanienweite Turnier. „Die drei besten Fahrer von den Balearen dürfen bei der Meisterschaft auf dem Festland mitmachen." Damit das klappt, muss der Sohn noch ein paar Trainingsrunden drehen - und der Vater schrauben. „Das neue Auto ist schon in Arbeit. Es soll aus Carbon bestehen und uns noch besser machen", sagt der Fahrer.