Das Castell von Alaró kennen fast alle Inselbewohner und die meisten derer, die häufiger auf Mallorca weilen. Dass es aber nahe des Dorfes eine weitere Burg gegeben hat, weiß kaum jemand. Damit sich das ändert, hat der Archäologe Biel Llodrà mit seinem Team im Jahr 2018 damit begonnen, die Mauern des sogenannten Castell Sa Bastida freizulegen. Das Projekt stößt in Alaró bereits auf großes Interesse. Erste geführte Touren durch das Gelände waren bereits ausgebucht, und auch das Theater von Alaró brach aus allen Nähten, als im Dezember 2019 eine Infobroschüre über die Burg vorgestellt wurde. Von den Ausgrabungen erhoffen sich die Forscher weitreichenden Aufschluss über die Zeit, in der die Burg aktiv genutzt wurde - also vom vierten bis zum siebten Jahrhundert nach Christus.

Dass das Bauwerk etwas Besonderes war, davon ist Biel Llodrà überzeugt. Zum einen sind da die schieren Ausmaße. „Wir haben hier eine Fundstätte vor uns, die mindestens 19 Hektar groß ist", sagt er. Das sind gut 26 Fußballfelder. Die ursprüngliche Anlage könnte sogar noch größer gewesen sein. Llodrà hält weitere Entdeckungen für wahrscheinlich. Spektakulär aus der Sicht des Archäologen ist auch der Umstand, dass die Burg und ihre Umgebung von sukzessiven späteren Besiedlungen durch Mauren und Christen weitgehend unberührt blieb. Das bedeutet, dass noch heute Funde aus der Spätantike möglich sind, der Zeit des Niedergangs des Römischen Reiches, der Vandalen und des Aufstiegs von Byzanz.

Zunächst fünf Jahre

Der Puig de sa Bastida ist 579 Meter hoch und liegt nordwestlich von Los Damunt, einem Viertel von Alaró. Die Festung beginnt ab einer Höhe von 420 Metern auf einem Picó Gros genannten Vorgipfel. Die Arbeiten kamen 2017 in Gang, als das Rathaus von Alaró mit der Eigentümerfirma des Geländes, Comercial Bordoy, einen Vertrag unterschrieb. Das Unternehmen stand den Ausgrabungsplänen von Beginn an aufgeschlossen gegenüber. Der Vertrag geht zunächst über fünf Jahre. Der Inselrat von Mallorca beteiligte sich mit einer Subvention an den Arbeiten und schickte Mitarbeiter vorbei, die dabei halfen, das Gelände von Unterholz zu säubern. Daneben erstellten die Archäologen einen 3D-Plan der Anlage und begannen damit, in alten Quellen nach Hinweisen auf die Festung zu suchen.

Infrage kommt dafür etwa eine der ersten Texte über die Eroberung von Mallorca durch die Mauren, verfasst von dem Geografen Al Zuhri, der Anfang des 12. Jahrhunderts lebte. Er schrieb über Mallorca: „Auf dieser Insel befindet sich eine große Festung, die auf einer hohen Einöde erbaut wurde, ohne Entsprechung in der bewohnten Welt. Sie ist bekannt unter dem Namen Hisn Alarum." Allerdings, so Biel Llodrà, dürfte Al Zuhri sich damit eher auf die benachbarte Festung Castell d'Alaró bezogen haben. Erste explizite Erwähnungen von Sa Bastida finden sich dann in Dokumenten aus dem 14. Jahrhundert, in denen von einer „Bastida del Comte de Barcelona" die Rede ist.

Das Ausgrabungsgelände von Sa Bastida teilt sich in fünf Bereiche auf, in denen mehrere längere Mauern gefunden wurden. An manchen Stellen sind diese bis zu 4,23 Meter hoch, an anderen ist gerade einmal Mauerwerk in Höhe von einem Meter erhalten. Zwei Quellen in der Nähe hätten wohl für die Wasserversorgung ausgereicht. Dennoch entschieden sich die Erbauer der Festung dazu, mindestens sieben Brunnen und Zisternen zu errichten - falls die Burg doch einmal von Feinden belagert werden sollte. Daneben haben Llodrà und sein Team bereits mehrere Wohngebäude entdeckt. Hier müssen die weiteren Ausgrabungsarbeiten aber noch Aufschluss darüber geben, ob es sich um Unterkünfte der Bewacher handelte oder ob es tatsächlich eine Siedlung innerhalb der Burgmauern gab.

Auch muss untersucht werden, ob es zwischen Sa Bastida und dem Castell d'Alaró eine Verbindung oder zumindest eine Zeit gegeben hat, zu der beide Festungen gleichzeitig genutzt wurden. Ein Hinweis darauf ist, dass in beiden Burgen baugleiche Amphoren, Ziegel und Keramik-Kunst gefunden wurden. Die Archäologen haben auf dem Gebiet von Sa Bastida bereits zahlreiche Fundstücke entdeckt, darunter Terra Sigillata, eine typisch römische rötliche Keramik, Glas, Kochutensilien aus Afrika oder auch römische Ziegel. Einige dieser Funde hatte der Archäologe Javier Aramburu-Zabala beschrieben, der Sa Bastida schon 2002 erforschte. Viele der gefundenen Gebrauchsgegenstände und Materialien waren Importe aus anderen Regionen, was einmal mehr die Bedeutung Mallorcas als Handelszentrum im westlichen Mittelmeerraum zeigt.

Als Nächstes wollen die Archäologen das gesamte Terrain systematisch erkunden und erste Maßnahmen zum Erhalt der Anlage einleiten. Auch sollen die Ausgrabungen der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden. Danach muss entschieden werden, welche Bereiche von Sa Bastida am bedeutendsten sind und freigelegt werden sollen.