Sie sind dickköpfig wie viele Korbblütler: die Artischocken aus Sa Pobla. Hier ernten heute auf einem drei Hektar großen Feld ein paar Männer mit Messern in den Händen die Blütenköpfe an den Stauden. Etwa elf Kilogramm passen in einen der schwarzen Tragekörbe, die an einem Gurt quer über der Brust hängen und nach einem langen Erntetag schon mal Rückenschmerzen auslösen können.

Die etwa 40 Zentimeter hohen Blätter des Artischockenstrauchs (Cynara scolymus bot., alcachofera span., carxofera kat.) lassen sich leicht nach außen biegen, und so können die Erntehelfer erkennen, welche von den Blütenköpfen reif ist. Was für die Besucher nicht ohne Weiteres möglich ist. „Die Frucht muss möglichst groß werden", sagt Jordi Capó. Er nennt die Artischocke (alcachofa span., carxofa kat.) „Frucht", obwohl es sich um die Knospen einer Blüte handelt. Geerntet werden muss diese, bevor sich die Blätter öffnen, die jetzt noch dachziegelförmig übereinanderliegen.

Wenn geerntet wird, dürfen sich nur einige wenige der unteren Hüllblätter abspreizen. Zeigt die Knospe oben eine Öffnung, ist sie noch nicht reif genug. Wenn sich diese schließt und die Frucht oben eine leicht spitze Form annimmt, ist der richtige Zeitpunkt für die Ernte gekommen.

Ein kleines Feld

Jordi Capó hat das drei Hektar große Artischockenfeld von seinem Vater übernommen. „Es ist eine kleine Finca, in der Umgebung hier gibt es viele in ähnlicher Größe", sagt der 42-Jährige, der in Sa Pobla wohnt und täglich mit drei Arbeitern seine Felder bestellt. Die Familie besitzt selbst nur wenig Land, das meiste ist gepachtet. So auch das Artischockenfeld mit dem dazugehörigen Häuschen.

Auf dem Weg dorthin parken ein alter Traktor und ein Lieferwagen. Einer der Arbeiter schichtet die Früchte in eine Gemüsekiste, auf der das Logo der Kooperative „Agroilla" zu sehen ist. Diese vertreibt im Jahr rund 100 Tonnen Artischocken von Capó. Er ist der Landwirt auf der Insel, der die meisten alcachofas anbaut, erntet und verkauft.

Capó ist Mitglied der „Cooperativa Sant Miquel des Port" in Sa Pobla. Die Mitarbeiter der Kooperative beraten bei Umweltauflagen und erstellen Terminpläne für die Verabreichung von Nährstoffen oder chemischen Mitteln gegen Krankheiten oder Schädlinge. Diese müssen lange vor der Ernte verabreicht werden, damit keine Rückstände im Gemüse sind.

„Wir würden gerne größere alcachofas liefern, doch die Erde gibt nicht mehr her", sagt der Mallorquiner. Für eine Rotation in der Fruchtfolge, damit sich die Böden erholen können, bietet sich bei Sa Pobla ausschließlich die Kartoffel an. Sie ist im Anbau aufwendiger als die Artischocke und macht zunehmend größere Absatzprobleme.

Die Staude

Der Artischockenstrauch ist die kultivierte Version einer Distelart, sie gilt als ähnlich widerstandsfähig wie ihre wilden Verwandten, besitzt jedoch keine Dornen. In den Gemüsegärten der Insel gelten sie als mehrjährig. Deshalb pflanzt man sie am Rand der Beete an, in der Mitte findet sich dann Platz für die Pflanzreihen einjähriger Gewächse. Hobbygärtner reservieren für ihre Stauden jeweils einen Quadratmeter Platz. Hier auf dem Feld bei Sa Pobla stehen die Stauden enger zusammen.

Ihre Blätter sind an der Oberseite kahl, außen sind sie grauweiß und filzig behaart. Sie bilden zusammen eine Rosette. Capó zeigt den Besuchern, wie er die Sträucher, die alle zwei Jahre erneuert werden, vermehrt: Gerade Stängel, die aus den Wurzeln wachsen, liefern die Setzlinge, die man direkt in die Erde steckt. Im ersten Jahr danach bilden sie bereits die ersten Gemüseknospen.

Anfang Februar sind die Ernteergebnisse eher spärlich, je wärmer es wird, desto mehr Früchte produzieren die Stauden. Doch eines können sie nicht ab: den Frost, der gerade dieses Feld häufig heimsucht. Deshalb stellt man, wenn der Wetterbericht Kälte ankündigt, bereits bei einem Grad über Null die Wasserdüsen an. Weil Wasser schon bei dieser Temperatur gefriert, kann es eine feine Schutzhülle bilden. Das bewahre, so Capó, die Blütenknospen vor Frostschäden.

Zwar hätten die Regenfälle im Januar keinen Schaden angerichtet, dass es sie gab, ist aber noch auf den schlammigen Wegen zu sehen, auf denen die Autos kaum durchkommen. Die Niederschläge gehen mit erhöhter Luftfeuchtigkeit einher, das begünstigt den Pilzbefall. Die Folge sind braune Verfärbungen der Blätter, die den Verkauf erschweren.

Geerntet wird von September bis Juni, ab April kommen zusätzlich violette Sorten (alcachofa morada) auf den Markt.

Dann ist das Angebot von preiswerten Artischocken auf der Insel so groß, dass sich der Anbau auf dem Feld bei Sa Pobla nicht mehr lohnt.

Erntet man die Blütenknospen nicht, bilden sie auf etwa einen Meter hohen Stängeln spektakuläre violette Blüten. Sie sind als Farbinsel in den Inselgärten gelegentlich zu sehen.

Küche und Medizin

Die größten Artischockenköpfe kommen aus Frankreich. Nicht nur dort isst man sie Blatt für Blatt. Denn die Innenseiten der Hüllblätter sind mit einem Fruchtfleisch von nussigem Aroma besetzt, das nach dem Eintunken in Vinaigrette als Gourmet-Vorspeise gilt.

Doch auch der Artischockenboden, das „Herz", ist eine Delikatesse für die Alltagsküche. Man schneidet die Blätter ab und entfernt die späteren Blütenblätter, die ungenießbar sind und auch als Heu bezeichnet werden. Die klein geschnittenen Herzen beträufeln Köche und Köchinnen vor der Weiterverarbeitung mit Zitronensaft, damit sie an der Luft nicht schwarz werden. Sie sind beispielsweise Zutaten für die mallorquinische sopa (eine Gemüse-Brot-Mischung), kommen in die Tortilla oder man isst sie roh zum pa amb oli.

Darüber hinaus galt die Artischocke immer als wichtige Heilpflanze auf der Insel. Heute nimmt man sie in Form von Kapseln oder Tee gegen Verdauungsstörungen oder Leberbeschwerden ein. Die Blütenknospe gilt auch als wirksam gegen hohe Cholesterinwerte und als Nahrungsergänzungsmittel.

Als Detox-Smoothie kommen die Herzen neuestens mit Äpfeln und Spinat als Entgiftungskur für das Frühjahr in den Mixer.