Weltumsegler Ferdinand Magallan soll für ihn mehr Geld ausgegeben haben als für Waffen, Shakespeares Figuren waren einem Gläschen nicht abgeneigt, die Urgroßeltern und Großeltern tranken ihn gern als Aperitif, bei den Kindern geriet er in Vergessenheit, aber die aktuelle Enkel-Generation findet ­wieder Gefallen an dem ältesten Wein Spaniens: dem Sherry.

Es gibt keinen Hype wie beim Wermut, wo ja mittlerweile spezielle Wermut-Bars aus dem Boden sprießen, aber ­Sherry wird bei Wettbewerben vielfach prämiert, erhält hohe Punktzahlen in Weinführern, ist mehr als präsent auf den Weinkarten der gehobenen Restaurants und passt je nach Sorte zu nahezu allen Gerichten. Zudem wird er in der modernen Barszene gern auch als Zutat für Cocktails verwendet. Die Nachfrage wird zudem befeuert von Whisky- und Rum-Fans, denn oft nutzt man für deren Ausbau ausgediente Sherryfässer. Trotzdem schrieb die Zeitung „El País" kürzlich: Jeder liebt ihn, den jerez, aber nur wenige trinken ihn.

Eigentlich viel zu billig

„Es sind einzigartige Weine mit einer komplexen Struktur und einer ebenso einzigartigen Historie", sagt Nene García, Top-Sommelier im Can Simoneta in Canyamel (dort stehen rund 50 verschiedene Sherrys auf der Karte). Zusammen mit dem Chefkoch David Moreno wird der Sherry-Liebhaber im Herbst beim Wettbewerb Copa Jerez teilnehmen, wo es um die beste Kombination Gericht-Sherry geht. „Aber Sherrys sind eindeutig zu günstig, wenn man die Arbeit bedenkt, die dahinter steht. Dadurch denkt der Kunde, sie seien einfache Weine und nicht gut genug", so García. Es gebe schon für vier Euro tolle Sherrys.

Für einen 20 oder mehr als 30 Jahre gelagerten Wein (V.O.S. bzw. V.O.R.S.) zahlt man hingegen auch ­entsprechende Preise. „Das geht hoch bis 10.000 Euro", sagt Nene García. Entsprechend haben sich auch die Bodegas angepasst und bieten verstärkt erlesene und vor allem limitierte Sherrys, die sie teurer verkaufen können.

Anbau und Ausbau

Die Sherry-Traube ­Palomino wächst vorzugsweise an Berghängen auf weißem Kalkboden, albariza genannt, der das Wasser gut speichert. Der Ausbau erfolgt über einen spezifischen Reifeprozess. Der Weißwein wird nach vollendeter Gärung mit Branntwein ­versetzt und somit aufgesprittet - von elf bis 13 Prozent auf etwa 15 bis 18 Prozent Alkohol. Anschließend kommt er zumeist in 600 -Liter-Fässer, die nicht ganz befüllt werden. So startet die Reife an der Luft, aber parallel entwickelt sich ein Teppich aus Florhefe, der diese Luftreife beendet, somit den Wein vor Oxidation schützt. Der Flor entwickelt sich aus den Nährstoffen des Weins und gibt ihm dadurch eine intensive Aromatik.

Einzigartig ist auch das Reife-System des Sherrys namens Solera mit mehreren übereinandergestapelten Fässerreihen, criaderas genannt. Jedes Jahr wird dem untersten Fass, der solera, maximal ein Drittel des Inhalts entnommen, der abgefüllt wird und in den Verkauf geht. Anschließend wird die entnommene Menge mit Sherry aus dem nächsthöheren Fass aufgefüllt. In das oberste Fass kommt der frische Sherry. So erhält man einen Kreislauf, der gleichbleibende Qualität garantiert, da schwächere Jahrgänge durch bessere Jahrgänge ausgeglichen werden.

Die Sorten

Es gibt nicht den einen Sherry, sondern etliche Sorten. Die fünf wichtigsten: Fino und Manzanilla: Der jüngste Sherry ist der Fino. Hell, strohgelb und trocken, hat er drei bis zehn Jahre in der Solera verweilt. Er weist 15 bis 18 Prozent Alkohol auf. Manza­nilla nennt man einen Fino, der aus dem Hafenort Sanlúcar de Barrameda stammt. Die Atlantikwinde wehen in die Bodegas und verleihen dem Wein einen leicht salzigen Geschmack, weshalb dazu eingelegte Oliven aber auch Sushi perfekt passen.

Amontillado: Die Basis ist ein Fino, der sich zum Amontillado entwickelt, wenn die Florhefeschicht abstirbt und es zur Oxidation mit Luft kommt. Dies kann man künstlich forcieren durch Hinzugabe von Alkohol. Oder man wartet den natürlichen Vorgang ab - das kann dann schon mal 10 bis 15 Jahre dauern. Heraus kommt dann auch ein „echter" Amontillado. Dieser trockene Sherry ist bernstein- bis mahagonifarben, schmeckt ein wenig nach Haselnuss und Mandel und hat 16 bis 22 Prozent Alkohol. Er passt perfekt zu Fisch- und leichteren Fleischgerichten.

Oloroso: Auch diese Variante entsteht unter oxidativem Einfluss, ist aber ungleich kräftiger und intensiver als ein Fino und ein Amon­tillado. Ebenfalls trocken, bernstein- bis mahagonifarben, mit einem duftenden Nussaroma und 17 bis 20 Prozent Alkoholgehalt. Ein Oloroso passt gut zu üppigen Fleischgerichten.

Palo cortado: Dieser Sherry entstand ursprünglich per Zufall - durch das plötzliche Absterben der Florhefe - und schmeckt wie ein Mix aus Amontillado und Oloroso, nach Mandeln oder Nüssen, mit 18 bis 22 Prozent Alkoholgehalt. Heute kann man dem Zufall künstlich nachhelfen. Durch seinen speziellen Geschmack passt er letztlich zu vielen Speisen.

Pedro Ximénez: Der wohl bekannteste Sherry, gemacht aus der namensgebenden Weißwein-Traube. Es ist ein üppiger süßer Dessertwein, der nach Rosinen schmeckt und mindestens über 17 Prozent Alkoholgehalt verfügt.

Steht man vor einem Regal mit verschiedenen Sorten - beispielsweise in der Lebensmittelabteilung des El Corte Inglés von Palma de Mallorca oder im Fachhandel (La ­Vinoteca, Isla Catavinos, Vinàmica, Lugar del Vino), dann sollte man aufs Etikett achten. Denn echter Sherry stammt ausschließlich aus dem berühmten andalusischen Dreieck der Orte Jerez de la Frontera, Sanlúcar de Barrameda und El Puerto de Santa María.

Er sollte auch von der Herkunfts- und Kontrollbehörde D.O. Jerez/Xèréz/Sherry und Manzanilla de Sanlúcar Barrameda verifiziert sein. Sie wurde 1933 gegründet, ist damit die älteste Spaniens und gilt als diejenige mit den strengsten Regeln in Bezug auf verwendete Trauben und Produktion - auch um sich von Imitaten abzugrenzen.

Empfehlenswerte Bodegas jenseits der ganz großen Namen wie Domecq, Osborne oder González Byass (Tío Pepe) sind laut Nene García beispielsweise El Maestro Sierra, Tradición, Rey Fernando de Castilla, Lustau oder Gutierrez-Colosia.