Wenn man ganz genau hinsieht und spätestens, wenn man sie anfasst, kann man erahnen, dass die bunten Taschen von Coa Goa ein ­früheres Leben hatten. Zumindest ihr Hauptbestandteil, der Stoff, ist weit gereist - im ­Mittelmeerraum und auch auf Ozeanen: als ­Segel. „Vor zehn Jahren hielt ich zum ersten Mal ein Segel in der Hand und habe mich sofort in den Stoff verliebt. Die verschiedenen Nähte, Dicken und seine Robustheit machen ihn zu einem spannenden Material", sagt ­Ursula Piber, die auf Mallorca hauptberuflich als Stylistin arbeitet.

Seit Januar verkauft sie zusammen mit ihrer Geschäftspartnerin und Freundin Ines ­Häfner unter dem Namen Coa Goa Taschen aus dem Material, fünf verschiedene Modelle gibt es. Entworfen und vorbereitet werden sie auf Mallorca, hergestellt in Portugal, vertrieben von Deutschland aus. Ab diesem Sommer wird man die recycelten Accessoires, die zwischen 49 und 189 Euro kosten, dann auch in einigen Läden der Insel bekommen.

Coa Goa ist die Abkürzung von „Comes around, goes around", was so viel bedeuten soll wie „Was man gibt, bekommt man zurück". „Das ist unsere Lebensphilosophie. Wir wollen es vermeiden, Neues zu produzieren, und stattdessen Altes wiederverwerten", so die 53-Jährige. Wer sein Segel bei Piber abgibt, bekommt eine daraus angefertigte Tasche umsonst. Zudem spendet Coa Goa einen kleinen Betrag pro verkaufter Tasche an Save the Med Foundation. „Ich lebe seit zwanzig Jahren auf Mallorca und habe gesehen, wie sich das Mittelmeer seither verändert hat, dass es deutlich weniger Fische im Meer gibt und das Plastik an den Stränden zugenommen hat", sagt die Berlinerin. So hat sie sich überlegt, welchen Beitrag sie als Einzelperson leisten kann, um wenigstens im kleinen Rahmen etwas zu bewegen.

Als Piber 1999 auf die Insel kam, stattete sie zunächst einige Zeit lang die Darsteller der Shows auf den Aida-Kreuzfahrtschiffen mit Kleidung und Kostümen aus. Mittlerweile arbeitet sie auf der Insel als freie Stylistin und kümmert sich um die Outfits der Protagonisten von Werbespots und Kampagnen, etwa von Nesquik, Oral-B, BMW, Neckermann, Lidl oder Ing-DiBa. Ihre Segeltaschen kommen dabei nicht zum Einsatz.

Vom Segel zur Tasche

Die Abnehmer der nachhaltigen Accessoires kommen bisher vor allem aus nördlicheren Gefilden, etwa Dänemark, Schweden, Nor­wegen oder England. „Vor allem dort sind ­Bewohner bereit, den Preis für ein so aufwendiges ­lokales Produkt zu zahlen", so Piber. Bis aus ­einem Segel eine Tasche mit Leder­tragegurt wird, vergehen schon einmal ein paar Wochen.

Zuerst landen die robusteren Hauptsegel und dünneren Spinnaker - das sind besonders große, bauchig geschnittene Vorsegel - in ­Pibers Werkstatt in Palma de Mallorca. „Manche Segel sind so groß, dass man einen ganzen Tennisplatz füllen kann, wenn man sie ausbreitet." Daher benötigt sie bei der ersten Bearbeitung eine zweite Person, die ihr beim Ausbreiten und Falten hilft. Danach werden die Ecken abgeschnitten. „Sie sind so verstärkt, dass man sie für die Taschen nicht verwenden kann", sagt Piber. Die Segel zerteilt sie anschließend in mehrere kleinere Teile, die etwa 75 Zentimeter breit und 2,5 Meter lang sind. Danach bestimmt sie, welche Taschenmodelle aus den Stücken gemacht werden sollen. Die gewaschenen Stoffzuschnitte schickt sie dann mit entsprechenden Anweisungen zur Produk­tion nach Portugal. Dort werden sie zusammengenäht, und dabei werden auch die ­Henkel aus pflanzlich gegerbtem und mit ­Bienenwachs bearbeitetem Leder angebracht. Sind sie fertig, landen die Taschen bei Ines ­Häfner in Deutschland, von wo aus sie an die Kunden verschickt werden.

Dieses Jahr sollen zu den fünf bisherigen Taschenmodellen (Allrounder, Daily, Messbag, Weekender, Together) noch zwei weite­re hinzukommen. Auch Wäschekörbe und Candle Bags sowie Zero-Waste-Taschen für den Einkauf von Obst oder Gemüse sollen bald angeboten werden.

Gerade hat Ursula Piber einen ganz besonderen Schatz in Bearbeitung, sie hat ein Segel des Oldtimer-Boots „Agneta Sailing Boat" bekommen. Sie macht eine Ausnahme: Dieser Stoff wird in ihrer Werkstatt in Palma de Mallorca und nicht in Portugal vernäht. „Die Farbe und auch die Oberfläche des Segels sind sehr besonders. Die Kordeln an den Rändern sind per Hand ­angenäht. Es sieht sehr edel aus", so Piber.

Coa Goa:

Ursula Piber, Tel.: 610-21 72 10, www.coagoa.com, www.piberstyling.net, Instagram: coagoabags