Bauer Joan Melià aus Porreres im Inselinneren von Mallorca erinnert sich noch genau, wie er früher mit Eimer und Seil zum Brunnen Pou de Betlem ging, um für seine Esel und Ochsen Wasser daraus zu schöpfen. „Heute kommen wir mit dem Auto oder dem Traktor. Aber früher musste man die Tiere begleiten. Eine Stunde Fußmarsch hin, eine Stunde Fußmarsch zurück. Wenn man das Feld erreichte, waren sie bereits erschöpft vom Laufen und hatten wenig Lust zu arbeiten", erzählt er in einem Video. Auch beim Pou Sant Jordi standen einst Tiere und Karren der Landwirte Schlange. Dass Brunnen und Platz heute so gut erhalten sind, ist einem Deutschen zu verdanken, der die eingefallene Brunnenwand reparieren ließ.

Geschichten wie diese erfährt, wer sich auf eine von vier Wasserweg-Touren (rutas hidráulicas) begibt, die die Gemeinde Porreres vor Kurzem hat einrichten und ausschildern lassen. Erfrischen kann man sich an keinem der Brunnen mehr, dafür gibt es viel zu erfahren.

„Porreres ist nur ein kleiner Ort, hat aber inmitten einer schönen landwirtschaftlichen Umgebung viel Kulturerbe zu bieten. Das wollen wir mit diesem Projekt hervorheben", erklärt der für Kultur und Tourismus zuständige Gemeinderat Gaspar Mora.

Für Wanderer und Radfahrer

Am Montagvormittag knallt die Sonne auf den Feldern und engen Landwirtschaftswegen. Dafür herrscht hier Ruhe und nur ab und an kommt einem auf den 12 bis 16 Kilometer langen Rundwegen ein Auto entgegen. Die Routen sollten am besten mit dem Fahrrad oder zu Fuß zurückgelegt werden. Die Strecken mit dem Auto abzufahren, ist keine gute Idee, da die Wege selbst für ein schmales Fahrzeug teilweise zu eng sind.

Früher oder später kommen Radfahrer und Wanderer dann an einem von zwölf Brunnen und einer Quelle vorbei, die für die Menschen und die Landwirtschaft über Jahrhunderte unabdinglich waren. Die pozos bildeten rund um Porreres, wo es kaum torrentes (Sturzbäche) gibt, ein strategisch verteiltes öffentliches Wasserversorgungsnetzwerk. Der älteste dokumentierte Brunnen ist der Pou Nou aus dem Jahr 1380, wobei der 1976 restaurierte Pou des Riquers wahrscheinlich schon zuvor, zu Zeiten der Araber, gebaut

wurde.

Eine Idee aus den 90ern

Schon in den 90er-Jahren seien dank der Initiative des damaligen Kultur-Gemeinderates einige der Brunnen restauriert worden, sagt Gaspar Mora. Vor einem Jahr habe man das Projekt dann wieder aufgenommen und in Zusammenarbeit mit der Balearen-Regierung vier Routen ausgesucht. Zumindest die nicht in der prallen Sonne gelegenen Brunnen laden auch im Hochsommer zum Verweilen ein, zumal etwa auch eigens hölzerne Fahrradständer aufgestellt sind.

Die Erläuterungen zu den geschützten pozos finden sich in Text, Bild und Ton im Internet, auf Spanisch, Katalanisch, Englisch und Deutsch (bit.ly/Wasserwegtour). Dort erzählen neben dem Landwirt Joan Melià auch ein ehemaliger Ortspolizist, eine Historikerin und weitere Anwohner darüber, welche Rolle die Wasserversorgung für Porreres einst spielte. Auch einen gedruckten Plan auf Deutsch gibt es für die Routen. Er ist im Rathaus (Plaça de la Vila, 17), dem Ortsmuseum (Carrer d'Agustí Font, Prevere, 23) und der Gemeindebibliothek (Carrer de la Santa Creu, 31) sowie in einigen Hotels erhältlich. Da sich die Navigation nur mit dem Mobiltelefon etwas schwierig gestaltet und man sich beispielsweise nicht direkt von Google Maps von einem zum anderen Ort führen lassen kann, ist es empfehlenswert, sich diesen Plan vorher zu besorgen.

Los geht's

Dann können sich Wanderer und Fahrradfahrer an den Startpunkt einer Route begeben. Dort befindet sich ein größeres Schild mit der Karte, Dauer und Kilometeranzahl sowie Fotos der Brunnen, die einen erwarten, und viersprachigen Erklärungen. Wer sein iPhone auf den Kamera-Modus schaltet und den QR-Code einscannt, der ebenfalls auf dem Schild abgedruckt ist, kommt direkt zum Streckenablauf. Bei anderen Handys ist eventuell eine App nötig, die QR-Codes lesen kann.

Es lohnt sich, die Route dann parallel mit dem Smartphone geöffnet zu haben, und ab und an mal zu kontrollieren, ob man sich noch auf dem rechten Weg befindet. Ansonsten einfach immer den Holzschildern mit der Nummer der ausgewählten Route folgen und bei den meisten Routen erst einmal die Landschaft genießen.