Das Pla ­- das ist dieses Gebiet auf Mallorca, von dem kaum jemand weiß, was es genau ist, wohin sich ein Strandurlauber eigentlich nie verirrt, und das überhaupt häufig vergessen wird, wenn man sich die Insel vor seinem geistigen Auge vorstellt. Zwar kommt Widerspruch von Mateu Ginard, dem Präsidenten der im März gegründeten Initiative Pla XXI, die in der Tradition von Palma XXI und Tramuntana XXI steht, doch der ist eher verhalten. Der 62-Jährige aus Montuïri, bis vergangenes Jahr General­direktor im balearischen Landwirtschaftsministerium, weiß, woran es krankt. Er ist ein echtes Kind des Pla, mit einer kleinen Einschränkung. „Mein Vater stammt aus Llucmajor, das ist schon eine ganz andere Ecke", sagt Ginard, halb im Spaß, halb im Ernst. Seine Mutter, seine Frau und der Großteil der restlichen Familie aber stamme aus Montuïri und habe dort auch stets gelebt.

Damit ist die Familie von Ginard typisch für diesen Teil der Insel, der so ganz anders tickt als das trubelige Palma, die Urlauberhochburgen im Norden und Osten der Insel oder auch der Raiguer, die Gegend um Inca, wo Menschen aus aller Herren Länder leben oder in normalen Jahren Urlauber zu Millionen kommen. Im Pla leben viele alteingesessene mallorquinische Familien, (wobei auch das sich langsam ändert). Noch immer sind im Pla 74 Prozent der Bevölkerung auf den Balearen geboren. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr wurden von den knapp 1,15 Millionen Einwohnern der Inseln 46 Prozent außerhalb geboren. In Palma ist der Prozentsatz noch deutlich höher.

Pla bedeutet in der Inselsprache Flachland. Eine fehlerhafte Bezeichnung, meint Mateu Ginard. „Flach ist es hier nur, wenn man als Vergleich etwa die Serra de Tramuntana heranzieht", sagt er. Aber irgendwann habe eben mal ein Kartograf aus Palma diese Bezeichnung festgelegt, die sich gehalten hat. Das Pla - das sind 14 Gemeinden im Inselinneren, die vor allem durch Landwirtschaft geprägt sind und keinen direkten Küstenzugang haben. Es handelt sich dabei um Algaida, Ariany, Costitx, Lloret de Vistalegre, Llubí, Maria de la Salut, Montuïri, Petra, Porreres, Sant Joan, Santa Eugènia, Sencelles, Sineu und Vilafranca de Bonany. Dörfer, die in keinem Fall die Schallmauer von 5.000 Einwohnern durchbrechen.

Dass diese Insel inmitten der Insel eine ganz eigene Region ist, hat auch Mateu Ginard als junger Mann festgestellt, als er zum Studium nach Palma ging. „Du merkst dann schnell, dass du vom Dorf bist. Bei uns bestimmte der Kalender der Dorffiestas oder der Ernte das Leben. Das war in der Stadt natürlich nicht so", erinnert er sich. Das Pla sei schon allein durch seine mangelhafte Anbindung an Palma ziemlich abgehängt gewesen. Im Jahr 1977 wurde die Zugstrecke durch das Pla zwischenzeitlich aufgegeben, erst vor 17 Jahren ging sie wieder in Betrieb. „Das war auch der große Unterschied zum Raiguer, der ohne Unterbrechung mit dem Zug an Palma angebunden war", sagt Ginard.

Aber auch heute brauche ein Auto, wer im Pla lebe. Vor allem die Verbindungen zwischen den einzelnen Orten der Region seien deutlich ausbaufähig, sagt Ginard. „Wir begreifen uns trotz der Gemeinsamkeiten immer noch nicht als ein Gebiet." Und das, obwohl bereits vor Jahren die Mancomunitat Pla gegründet wurde, die Aufgaben wie Müllentsorgung oder Sozialdienste zentral organisiert. Auch die weiterführenden Schulen, etwa in Sineu, hätten zu mehr Zusammenarbeit der einzelnen Gemeinden geführt.

Was die Bevölkerung angeht, arbeiten inzwischen viele der Pla-Bewohner in Palma. Fast das gesamte Gebiet gehört zum städtischen Einzugsbereich, weshalb man zum Leidwesen vieler Mallorquiner auch in Ariany oder Maria de la Salut die Effekte der Preissteigerungen im Immobiliensektor spürt. Denn es hat sich etwas geändert: Jahrzehntelang verließen die Bewohner des Pla vor allem ihre Dörfer, um in größeren Städten bessere Arbeitsplätze zu finden. „Erst in den vergangenen Jahren kehren viele Menschen auch wieder ins Pla zurück, was zu einem großen Teil auch damit zusammenhängt, dass mehr und mehr Homeoffice möglich ist, vor allem seit Beginn der Pandemie", sagt Ginard. Das

Problem im Pla ist nämlich weiterhin, dass es nur wenig qualifizierte Arbeit gibt. Es ist eine strukturschwache Region mit einem hohen Anteil an Arbeitslosen, vor allem bei Jugendlichen, der Bevölkerung über 45 und den Frauen.

Der Tourismus könne hier sicher für eine Belebung des Arbeitsmarktes sorgen, glaubt Ginard. Seit rund 15 Jahren kommen mehr und mehr Mallorca-Urlauber auf die Idee, sich im Inselinneren eine Finca zu mieten. Auch die ersten Hotels haben in den vergangenen Jahren ihre Pforten geöffnet. Doch es könne nicht das Ziel des Pla sein, nun versuchen zu wollen, mehr und mehr auf den Tourismus zu setzen, sagt Ginard. „Gerade in Zeiten der Pandemie, in der wir sehen, dass eine touristische Monokultur für die Insel schädlich ist, sollten wir den Fremdenverkehr im Pla mit Augenmaß vorantreiben", sagt Ginard. Zu bieten habe die Region genügend: von lieblicher Landschaft über kleine friedliche Dörfer bis hin zu kulturellen Highlights, wie etwa den Berg von Randa mit seinen drei Klöstern.

Neben dem behutsamen Ausbau des Fremdenverkehrs gelte es vor allem, die Stärken des Pla herauszuarbeiten und zu fördern, so Ginard. Und das sei nun mal in erster Linie die Landwirtschaft. Darum geht es dem 62-Jährigen und seinen Mitstreitern bei Pla XXI, übrigens reihenweise Menschen, die sich bereits in anderen Bereichen um die Insel verdient gemacht haben. So gehören der Initiative unter anderem an: Celestí Alomar, früherer Tourismusminister, Joan Buades, bekannter Anwalt, und Climent Picornell, Autor und ehemaliger Geografie-Professor an der Balearen-Universität. Sie alle wollen dem Pla zu einer größeren Lobby verhelfen, nachhaltige Projekte in der Landwirtschaft fördern, die Landschaft bewahren und den kulturellen Reichtum der Gegend bekannt machen - neben vielen anderen Zielen.

Aber stets unter der Bedingung, die Essenz der Region zu bewahren. „Das Pla wird nie der wirtschaftliche Motor von Mallorca sein, und das soll es auch nicht. Es soll ein Modell für die Insel sein, eines, das für Ausgeglichenheit und Harmonie steht", sagt Ginard.

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