Als die Imker im Sommer die Waben aus den Bienenstöcken holten, hat die ganze Familie von Pilar Puig mitgeholfen. Es war der erste ­Honig, der auf der ökologischen Finca Es ­Cabàs Nou auf Mallorca geerntet wurde. Dreißig Bienen­stöcke stehen hier. Dahinter wächst schützendes Dickicht. Die Behausungen sind nach ­Süden ausgerichtet, die Flugschneise nach vorne ist frei. So können die jeweils 90.000 Honigbienen, die in einem Stock zusammenleben, barrierefrei an den Start gehen. Den ersten Öko-Honig mit Bio-Zertifikat von ihrer Finca ließ Puig kürzlich in Gläser abfüllen, die wie Bienenstöcke im Miniformat aussehen. Sie verkauft sie zum Preis von 30 Euro (390 Gramm).

Martí Mascaró kann dagegen auf eine längere Erfahrung bei der Herstellung von Honig zurückblicken, hat er doch seine ersten colmenas bereits vor zwei Jahrzehnten auf damals nicht zertifizierten Landgütern aufgestellt. Und schon seit acht Jahren wird sein Honig vom Consell Balear de la Producció Agrària Ecològica (CBPAE) kontrolliert, was ihm erlaubt, seine Honiggläser mit dem Öko-Stempel auszuzeichnen.

2018 brachte er dabei ­erstmals erfolgreich einen hochpreisigen Insel­honig auf den Markt. Die Öko-Produktion seiner Bienen ist mehrfach ausgezeichnet worden, unter anderem kürte eine Jury 2018 auf der Bio-Messe in Bologna sein Mel Caramel zum besten Öko-Honig Europas. Mascaró bietet die Honiggläser (450 Gramm) auf seiner Website für 18 Euro an. Das sind stattliche Preise, aber es wäre vorschnell zu sagen, dass Bio-Honig überteuert ist. Denn ein Blick hinter die Kulissen zeigt, wie hoch der Aufwand für die Gewinnung dieses lokalen Naturprodukts ist.

Rundum Öko-Landwirtschaft

Landwirtschaft

Damit ein Honig das Öko-Zertifikat erhält, müssen zunächst die Felder, Wiesen oder Plantagen in einem Radius von drei Kilometern ökologisch bewirtschaftet werden. „Das sind für Bienen lange Wege, meistens sparen sie Energie und fliegen Blüten in der Nähe an", sagt Mascaró. Mit dem Drei-Kilometer-Abstand gehe man sicher, dass die Bienen sich nicht auf konventionell betriebenen Nachbarfeldern Nahrung suchen.

Die 130 Bienenstöcke des Imkers aus Inca stehen auf acht verschiedenen Anwesen. Für ihren Standort wählte er drei fincas públicas: Son Real bei Can Picafort, das Landgut Galatzó sowie die Finca Planícia bei Banyalbufar. Auf privatem Grund stehen die Bienenstöcke in Monnàber Vell bei Campanet, Ses Cabanassas bei Petra, Es Rafal de Planícia und dem Nachbargut Can Knudsen bei Banyalbufar. Den Verwaltern oder Grundbesitzern schenke er von jeder Ernte ein paar Gläser, sagt Mascaró. Mit den Betreibern des Landguts Ariant bei Pollença, das der Stiftung Fundación Vida Silvestre de la Mediterranea (FVSM) gehört, teile er sich Kosten und Einnahmen.

Meteorologisch wäre 2020 ein gutes Bienenjahr gewesen, berichtet er. Das hat an den Niederschlägen im Frühjahr gelegen, ­weshalb er insgesamt 850 Kilogramm Öko-Honig ernten konnte. Doch der Verkauf wäre sehr schwierig gewesen, weil in diesem Jahr wegen Covid-19 die fira de mel in Llubí und auch die Öko-Messe in Porreres abgesagt worden seien. Eine dänische Firma, die an ihre Mitarbeiter zu Weihnachten beträchtliche Mengen seines Honigs verschenkt, hätte ihn vor dem Schlimmsten bewahrt.

Im Gleichgewicht

Das Anwesen von Pilar Puig ist 175 Hektar groß. Ende 2017 übernahm sie die Verwaltung der Finca, sie kümmert sich nun in der fünften Generation um das in der Inselmitte gelegene Land, auf dem 2.600 Johannisbrotbäume wachsen. „Gleich im ersten Jahr lieferten diese Bäume eine sagenhaft gute Ernte", berichtet Puig. Die Einnahmen aus dem Verkauf des Johannisbrots habe sie komplett wieder in die Plantage investiert. Im Besitz des Öko-Zertifikats ist das Land bereits seit 16 Jahren. Die ­Bewirtschaftung erfolgt nach ihrem Konzept „Equilibri" (Gleichgewicht), das Ausgewogenheit, Biodiversität sowie Nachhaltigkeit fördere und reiche Ernten garantiere.

Dass Bienen für die Wirtschaftlichkeit einer Plantage wichtiger sind als eine Herde Schafe, davon ist Puig überzeugt. Zudem nehme auch die Anzahl und Vielfalt der Vögel zu, wenn eine Finca von Bienen und anderen Insekten bevölkert wird. Sie selbst übergibt die Arbeit mit den Bienen erfahrenen Imkern und koordiniert die Landwirtschaft so, dass die Bestäuber ganzjährig Nahrung finden können.

„Jetzt im Herbst sollen sich die Bienen an den Blüten des Johannisbrotbaums satt essen", berichtet Puig. Deshalb habe man konkurrierende Gewächse stark gestutzt. Die Fruchtbildung der zweigeschlechtlichen algarrobos würde durch eine zahlreiche Bestäubung gefördert. Direkt nach der Johannisbrotbaumblüte wird die Strauchheide blühen und etwas später auch der Affodill.

Gepflügt wird erst dann, wenn alle Frühjahrsblüher Samen gebildet und sich vermehrt haben. Zusätzlich schützt die Gutsbesitzerin die Kolonien Mehrjähriger, wie beispielsweise den Wilden Thymian, der in Bodennähe wächst und eine riesige Kolonie gebildet hat. Berührt man seine Ästchen mit der Schuhspitze, verströmen sie den bekannten Thymianduft. „Ein Gut nachhaltig zu bewirtschaften, erfordert viel persönlichen Einsatz und ständig neue Investitionen", sagt Puig.

Öko-Imkerei

Ebenso kostspielig ist die biologische Bienenhaltung. Dazu Martí Mascaró: „Alles in der Bio-Imkerei ist teurer als in der konventionellen." So dürfen Bienenstöcke nur mit ökologischen Anstrichen geschützt werden. Auch das Wachs in den Rahmen müsse aus ökologischem Anbau stammen. Mascaró bezieht diese zertifiziert im Spezialhandel.

Weil die Ansteckungsgefahr in vorgefertigen Wachswaben groß ist, überlassen manche Bio-Imker den Bienen Rahmen mit nur wenigen vorgefertigten Wabenreihen, die Baubienen übernehmen dann den Rest. Doch das dauere sehr lange und koste die Bestäuber viel Energie, so Mascaró. Für ein Kilogramm Wachs verbrauchten die Baubienen sechs Kilogramm Honig als Nahrung. Auch die Medikamente, mit denen man die Bienen gegen die Varroa-Milbe impfe, wären nicht preiswert. Und schließlich müsse auch die Sonderbehandlung beim Schleudern und Einfüllen des Honigs ­bezahlt werden.

Die Honigsorten

Im Puigs Frühlingshonig, der mit dem Logo mel equilibri etikettiert ist, vereinen sich die Aromen vieler Blühpflanzen zu einem würzig fruchtigem Geschmack. Gemeinsam mit den Imkern konnte Puig diesen Sommer 140 Kilogramm gewinnen.

Eine weitere Honigsorte von ihrer Finca bezeichnet die Mallorquinerin als einmalige Delikatesse vom Johannisbrotbaum. Das liegt an den melaza genannten süßen Tropfen, die sich im Sommer an den Schotenspitzen bilden. Damit ernähren sich die Bienen während der sonst eher blütenarmen Hitze. Sie ver­arbeiten die Flüssigkeit zu einem gesunden ­Superfood. Durch die enorm große Zahl von algarrobos auf der Plantage kamen kürzlich 24 Kilogramm dieses seltenen Honigs zusammen, der leicht herb und zartbitter schmeckt.

Auf die Ernte des Honigs von den Blüten des Johannisbrotbaums wartet Pilar Puig noch. Wie viele Gläser Honig die Bienenstöcke dafür liefern, könne sie erst Ende November sagen. Alle Honigsorten von Es Cabàs Nou ­können per E-Mail bestellt werden (E-Mail: contacto@projecteequilibri.org). Bei Nachbestellung und Rückgabe des Pfandglases werden dem Käufer zwei Euro gutgeschrieben.

Bei Martí Mascaró sind einige Honigsorten bereits ausverkauft. Noch zu haben ist der Frühjahrshonig, der bei beim Landgut Galatzó geerntet worden ist. Gesammelt haben ihn die Bienen bei den Blüten der Myrte, des Kreuzdorns, des Affodills und von vielen anderen Blühpflanzen. Diese haben der Süße des dunklen Honigs eine leicht scharfe Note gegeben. Die Kristallisation bei niedrigen Temperaturen geht bei dieser Sorte langsam voran. Auch von den Anwesen Monnàber Vell, Ses Cabanasses und Son Real sind noch Öko-Honigsorten lieferbar.

Martí Mascaró hat seine diesjährige Ernte abgeschlossen. „Erfahrungsgemäß liefern die Bienen im Herbst wenig Honig", meint er. Weil in diesem Jahr der Verkauf seiner Gläser ohnehin schleppend war, wird er die miel in den Rahmen den Bienen überlassen. Denn dann hätten wenigstens seine Bienenvölker 2020 ein gutes Jahr gehabt.

Honig bestellen:

www.projecteequilibri.org

www.melcaramel.com