Vor ein paar Tagen hat Pedro Osuna auf Mallorca die ersten reifen Orangen abgeliefert. Wie jeden Morgen, wenn er wieder auf der Finca Ses Terres angekommen ist, bindet er sich eine Art Rucksack um. In dem wird er nun die gepflückten naranjas (taronges, Kat.) verstauen. Der Beutel hat sich bereits bei der Ernte der Oliven der Sorten Arbequina und Koroneiki als hilfreich erwiesen.

Seit zwei Jahren verfügt die Finca zwischen Artà und Canyamel über das Bio-Zertifikat. Der heute 44-Jährige hatte zuvor die Bewirtschaftung von seinen Schwiegereltern übernommen, die sie aus Altersgründen abgegeben haben. „Die Kinder und wir hatten Lust, auf dem Bauernhof zu wohnen", sagt Pedro Osuna, der Betriebswirtschaft studiert und bis dahin bei der Gemeinde Artà gearbeitet hatte. Er kündigte seine Festanstellung, zog mit Frau und zwei schulpflichtigen Kindern auf die Finca und verschrieb sich ganz dem ökologischen und umweltfreundlichen Anbau der Felder, ohne dabei den Vertrieb und die Weiterverarbeitung der Öko-Produkte aus den Augen zu verlieren.

Das alles erzählt Pedro Osuna auf dem Weg zum Orangenhain. Auffällig dicht wurzeln hier Orangen-, Clementinen- und Zitronenbäume. „Der Großvater meiner Frau hat sie vor vier Jahrzehnten gepflanzt", sagt er. Die Sorten Navel und Navelina sind hier immer Anfang Dezember reif. Osuna pflückt eine Frucht mit intensiv orangefarbener Schale und hält sie an eine blassere, die noch am Ast hängt. Sie wird noch Zeit brauchen, bis sie die volle Süße erreicht. Die mit der dunkleren Schale lässt er in den Ernterucksack fallen. Etwa 6.000 Kilogramm wird er dieses Jahr ernten.

Hier gibt es kein Unkraut

Der Boden unter den Bäumen ist mit Gras bewachsen. „Für die ökologische Landwirtschaft ist das kein Unkraut", sagt der Landwirt. Osuna pflügt hier mehrmals im Jahr und mischt das Kraut unter die Erde, wo es sich dann zu Dung zersetzt. Zusätzliche Nährstoffe liefert die 30-köpfige Hühnerschar, die im Orangengarten herumspaziert. Das Federvieh macht sich über die Früchte her, die zu Boden gefallen sind. Schuld am Fallobst ist häufig die Mittelmeerfruchtfliege. Osuna versucht ihr mit sanften Mitteln, die im Bio-Anbau erlaubt sind, zu Leibe zu rücken. Wie zum Beispiel mit Pheromonen getränkte Klebetafeln, die melden, wie viele Exemplare unterwegs sind. Genau dort werden dann Fallen aufgestellt.

Die Finca hat jedoch mehr zu bieten als nur Zitrusfrüchte, denn der Mallorquiner bewirtschaftet insgesamt 25 Hektar Land. Die meisten Felder liegen vom Haus weiter entfernt. Dort wächst Futter für die rund hundert Schafe, deren Lämmer über die Kooperative ME ecològic de Mallorca vertrieben werden. Pedro Osuna ist nicht nur Mitglied, er kümmert sich auch um die Gemüseabteilung des Projekts.

Mallorcas liebster Kohlkopf

Dass die verduras frisch und knackig in die Haushalte kommen, sieht man den prächtigen Kohlköpfen auf dem winterlichen Gemüsefeld an, das sich neben den eingangs erwähnten Olivenbäumchen befindet. Die Pflanzreihen präsentieren sich in der Mittagssonne mit vielen Grüntönen und Blattformen. Vertreten ist hier die einheimische Kohlsorte Col borratxona. Woher der Name kommt, kann niemand erklären, doch darf man ihn nicht mit „betrunkenem Kohl" übersetzen. Denn das katalanische Wort borratxona hat rein gar nichts mit dem spanischen borracho zu tun. Im Katalanischen sagt man zum Rausch gat, ein Betrunkener ist begut.

Dem Mallorca-Kohl - er wird zwischen Juli und August gepflanzt - sagt man nach, dass er im mallorquinischen Eintopf bullit wichtiger ist als das Fleisch. Dabei war der heimische Kohlkopf schon kurz davor, in Vergessenheit zu geraten, weil andere hybride Sorten von Samenkonzernen sich als ertragreicher erwiesen hatten. Doch dann ist es der Vereinigung der lokalen Sorten Varietats Locals gelungen, den Mallorquinern die heimische Sorte wieder schmackhaft zu machen. Sie wird aus den Samen von Kreuzblütler-Pflanzen gezogen, die auf der Insel groß geworden sind.

Allerdings geben sich Gemüsefans von heute nicht mit einheimischen Sorten zufrieden. Deshalb wachsen neben dem Insel-Kohlkopf auf dem Feld auch andere wie Brokkoli, Blumenkohl und der spitz zulaufende Romanesco, der sowohl nach Blumenkohl als auch nach Brokkoli schmeckt. Sie alle bilden Köpfe inmitten in einem Rund riesiger Blätter. Nicht so der Kale, wie man den Grünkohl heute nennt. Er bildet auf dicken Stängeln krause grüne oder längliche braun-violette Blätter, die nach und nach abgepflückt werden.

Vor der Schlachtung

Weniger gut geratene Kohlköpfe verfüttert Osuna an zwei 300 Kilogramm schwere Riesenschweine. Eines von ihnen wird noch im Dezember geschlachtet werden. Corona-bedingt im engsten Familienkreis. Sobrassadas und botifarrós sind für den Eigenbedarf bestimmt, ausgenommen dem von Osuna und seiner Frau, die beide Vegetarier sind.

Die heute Morgen gepflückten Orangen werden in der Kooperative Fruits Secs in Binissalem zu Konfitüren, Chutneys und Chips verarbeitet. Die Vereinigung der Bio-Landwirte hat dort eine Laborküche eingerichtet, wo die Ernten der Bio-Landwirte konserviert werden.