„Ich schwöre vor Gott, unserem Herrn, dass ich mit allen meinen Kräften den heiligen katholischen Glauben verteidigen werde sowie meinen König, meinen Herrn Don Carlos." Was eigentlich ziemlich konservativ klingt, war der Schwur der agermanats, Gruppen von Handwerkern und Bauern, die Anfang 1521 den Aufstand gegen Mallorcas ­adlige Eliten wagten.

Über Jahrhunderte galt die Bewegung als ein Haufen Krimineller, die mit Raub und Mord die Insel in die Anarchie stürzten. Später wurden die Germanies als Bürgerbewegung idealisiert, die sich gegen ein ungerechtes Steuersystem, soziale Ungleichheit und politische Korruption einsetzte.

Klar ist: Der Aufstand, dessen Beginn sich am kommenden 7. Februar zum 500. Mal jähren wird, ist eine Zäsur in der Inselgeschichte und das blutigste Kapitel seit der Eroberung Mallorcas durch Jaume I. im Jahr 1229. Mit den Germanies ging das Mittelalter endgültig zu Ende, mit ihr wurde die Machtgrundlage adliger Familien zementiert, die die Geschichte der Insel auf Jahrhunderte bestimmen sollten. Und die Geschehnisse lassen auch genug Pro­jektionsfläche für heutige politische ­Forderungen nach mehr regionaler Selbstbestimmung der Balearen innerhalb Spaniens politischem System der Autonomen Regionen.

Dennoch kann heute kaum jemand etwas mit den Germanies anfangen - was schon mit dem Namen beginnt. Der Begriff geht auf germà (Bruder) zurück und steht für die Bruderschaften, die ­neben Mallorca auch in Valencia und in Galicien aufbegehrten, wie die His­torikerin Maria Margalida Perelló erklärt. Sie gehört einer Kommission an, die zum 500. Jahrestag ein Rahmen­programm ausarbeitet, mit Gedenk­veranstaltungen, einer Tagung, einer Website und Führungen an historische Stätten. Zum Beispiel an die Plaça Porta Pintada, wo einst das gleichnamige Stadttor stand und wo der Kopf des ­„Rädelsführers" Joanot Colom nach ­seiner Exekution und Vierteilung in ­einem Käfig ausgestellt wurde - knapp 300 Jahre lang. Oder in den Sitzungssaal von ­Palmas Rathaus, wo mit einem ­Gemälde an den „Freiheitskämpfer" Joanot ­Colom erinnert wird.

Der damalige Konflikt nahm zwar im Februar 1521 seinen Beginn, die ­Unzufriedenheit der Aufständischen hatte sich aber schon lange aufgestaut. Da war die prekäre finanzielle Lage der öffentlichen Verwaltung, die ­immer neue, ungerechte Steuern zur Folge hatte. Da war der anhaltende Konflikt zwischen der Landbevölkerung, den ­foráneos, und dem Bür­gertum in der Stadt. Da war die Marginalisie­rung des Teilreichs Mallorca innerhalb der Krone von Aragón. Die ­mangelnde ­Versorgung mit Getreide sowie die Pestwellen taten ihr Übriges. „Die Konflikte waren in den Revolten von 1391 und 1450 nicht gelöst worden, und als sich die Situation weiter zuspitzte, entlud sich die Spannung schließlich in der mallorquinischen Germania", sagt ­Maria Margalida Perelló.

Auslöser war die Festnahme von sieben des Aufruhrs verdächtigten Handwerkern auf Anordnung des Vizekönigs. Tags darauf, am 7. Februar, besetzten weitere Handwerker das Gefängnis, entwaffneten die Wachen und übernahmen die Macht in Palma. Die Revolte griff auf die umliegenden Gemeinden über, die Bauern schlossen sich der Bewegung an, und die Adligen flohen auf die Burgen oder in die Stadt Alcúdia, die sich als einziger Ort auf der Insel dem Aufstand verweigerte. In dieser ersten Phase gaben moderate Kräfte den Ton an, Führer der Bewegung war Joan ­Crespí. Die Regierungsgeschäfte übernahm ein 13-köpfiger Rat, der Consell dels Tretze. Er strebte eine Steuer- und Verfassungsreform an, wollte aber weder eine soziale Revolution noch gar die Abschaffung der Monarchie.

In einer zweiten Phase ab September gewannen jedoch auf beiden Seiten die radikalen Kräfte die Oberhand. Die Adligen wollten nichts von höheren Steuern wissen, der Vizekönig antwortete mit Drohungen aus dem Exil auf Ibiza, und aufseiten der Aufständischen übernahm Joanot Colom das Ruder. Er ließ seinen Amtsvorgänger festnehmen, in der Almudaina einsperren und ermorden. Es entspann sich ein Bürgerkrieg: Die Aufständischen töteten die Adligen, die sich in Bellver verschanzt hatten, griffen Landgüter an, steckten Gutshöfe in Brand und richteten ein Blutbad an. Sie scheiterten jedoch ebenso an der Felsenburg Santueri bei Felanitx wie an der Eroberung von Alcúdia.

Und während die Insel im Chaos versank, wurde von Barcelona aus der Gegen­angriff geplant: Eine Kriegsflotte mit 2.000 Soldaten an Bord traf im Oktober 1522 an Mallorcas Küste ein und begann nach kurzer, erfolgloser Verhandlung mit der Rückeroberung der Insel. Das Gemetzel wiederholte sich unter um­gekehrten Vorzeichen. „Die Häftlinge wurden an den Bäumen entlang der ­Straße nach Inca aufgeknöpft", schreibt ­Bartomeu Bestard, Chronist der Stadt ­Palma. Der Konflikt mündete im Dezember in die Belagerung Palmas, bis im März 1523 die Germania kapitulierte. Ihre ­Anführer wurden öffentlich exekutiert.

Die Kämpfe und eine Pestwelle im Jahr 1523 rafften rund ein Drittel der Bevölkerung dahin. „Die einfachen Leute verarmten weiter, Witwen mussten sich allein um die Kinder kümmern, viele Kämpfer wurden zu Banditen, um überleben zu können", sagt Perelló. „Sonst blieb nur das Exil."