Pilzsammler verraten ungern, wo sie ihre besten Stücke herhaben, und bevor man unan­genehm ausgefragt wird, versteckt man seine gefundene „Beute" vor neugierigen Blicken. So tat es auch der Opa von Lluís Cardell aus Sóller im Nordwesten von Mallorca. Seine gefundenen Blutreizker (s'esclata-sangs) im Korb bedeckte er mit Zweigen und Blättern der Myrte, zum Teil gemeinsam mit den daran wachsenden Beeren, den murtas. ­Irgendwann nutzte seine Frau die Beeren, um damit die Tinten-Sauce eines ihrer Gerichte anzureichern: mit Pilzen gefüllte Kalmare. Letztere hatte Lluís' Opa als Fischer ebenfalls selbst gefangen.

Genau dieses Rezept, das in der Familie weitergegeben wurde, hatte Cardell beim ersten Wettbewerb rund um Gerichte der Tramuntana im vergangenen November eingereicht - und gewann damit den ersten Preis. „Das Gericht hat viele unserer Vorstellungen eines perfekten Tramuntana-Gerichts erfüllt. Es ist eine Mischung aus Meer und Bergen, gemacht aus ­Produkten dieser Region, steht für die auf Mallorca so typische Mischung aus süß und herzhaft, hat eine besondere Geschichte und eine langjährige Tradition in dieser Familie", erklärt Marta Ferriol vom Verein „Tramuntana XXI". Sie kümmert sich um alles Organisatorische und war eine der Verantwortlichen des Wettbewerbs, der im Rahmen einer vom Verein organisierten gastronomischen Woche mit vielen Aktivitäten stattfand.

16 Rezepte kostenlos zum Download

Nun ist das Rezept auch Teil des kleinen Online-Buchs „Receptes de la Serra de Tramuntana" mit insgesamt

16 Rezepten, das man sich kostenlos von der Website des Vereins herunterladen kann (aktuell nur auf Katalanisch).

Der Verein, gegründet 2017, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die von der UNESCO 2011 zum Weltkulturerbe erklärte Bergregion zu schützen, näher bekannt zu machen und vor allem ihre Bedeutung als Agrarlandschaft hervorzuheben. Von Andratx bis Pollença sind es insgesamt 19 Insel­gemeinden, die ganz oder in Teilen dazugehören: Andratx, Calvià, Estellencs, Puigpunyent, Banyalbufar, Esporles, Valldemossa, Deià, Bunyola, Sóller, Santa Maria del Camí, Alaró, Fornalutx, Lloseta, Mancor de la Vall, Escorca, Selva, Cam­panet und Pollença.

Vor diesem Hintergrund wurde auch die gastronomische Woche ins Leben gerufen, die einmal pro Jahr mit den unterschiedlichsten Aktivitäten Gäste anlocken und informieren will. So gab es bei der ersten Ausgabe Workshops, Seminare, Vorträge, Aktionen für Kinder, Verkostungen, Präsentationen von Tramuntana-Produkten, einen Kochwettbewerb von Nachwuchsköchen dreier Kochschulen - sie sollten Gerichte rund um ein typisches Tramuntana-Produkt, die Olive, kreieren - sowie den eingangs erwähnten Kochwettbewerb. Für ihn schickten Bewohner der Tramuntana-Dörfer Rezepte ein, aber auch Fotos, die sie mit ihrer Familie und beim Kochen zeigen, sowie die Geschichte des Rezepts.

Kochen wie die Urgroßmutter

Den zweiten Preis gewann Magdalena ­Pascual aus Pollença mit ihrer formatjada, einer mit Apfel gefüllten Teigtasche. Sie entstand nicht nur nach einem Rezept der 1879 geborenen Urgroßmutter, es wurde dafür auch eine spezielle Backform von damals genutzt. Beim dritten Preis wiederum kam eine fast vergessene dicke Bohnensorte zum Einsatz. „Auch das ist unser Anliegen, es sollen traditionelle Produkte der Gegend genutzt werden", sagt Marta Ferriol. Ein weiterer Aspekt des Projekts: „Wir wollen unser Anliegen generationenübergreifend nahebringen, deswegen konnten auch Kinder ein Rezept einreichen. " Ebenfalls mit Angaben der Geschichte und Fotos.

Das Rezeptbuch macht klar: Die Serra de Tramuntana ist „viel mehr als nur Berge und Wald. Wir haben Wein, vor allem die eigentlich nur hier existierende Traubensorte Malvasia, Oliven- und Zitrusbäume, spezielle Tomatensorten." Der Welt­erbe-Titel umfasse eben Natur- und ­Kulturlandschaft gleichermaßen. „Gerade auch die Terrassen prägen die Landschaft der Tramuntana, sie hat man ja letztlich nur für den Anbau von Wein oder Tomaten angelegt. Es ist eine schützenswerte und ­fortzuführende Symbiose, und das wollen wir den Menschen ­nahebringen."

Und genau diesen ­Zusammenhang beschreibt auch die ­Studie „Foodscapes" - ebenfalls als kosten­loser Download auf der Website des Vereins zu finden. Darin enthalten sind auch Vorschläge wie beispielsweise die Förderung gastrono­mischer Routen, die ­Besuchern die lokalen Produkte ­nahebringen, oder der Direktverkauf von in der ­Tramuntana angebauten Lebensmitteln.

„Der Konsum von lokal ­produzierten Produkten kann die wirtschaftliche und ökologische Nachhaltigkeit sowohl der lokalen Gemeinschaften als auch des Tourismus fördern", heißt es in der Studie. Dafür müsse man natürlich auch nachhaltige Landwirtschaft fördern, lokale Firmen unterstützen und auch ein spezielles Siegel für die hergestellten Produkte ins Leben rufen.

Zum Herunterladen: Kostenloser Download des Rezeptbuchs auf der Website des Vereins Tramuntana XXI unter www.tramuntanaxxi.com