Wenn die Mandelbäume ihre Blüten öffnen, treffen sie die Romantiker unter den Mittel- und Nordeuropäern direkt ins Herz. Mit ­ihnen lockten Reiseveranstalter in Vor-Corona-Zeiten Wanderer, Radfahrer und Ausflügler auf die Insel, um die Pracht in Weiß und Rosa zu bewundern, aber vor allem um das Grau-in-Grau, den Schneematsch und die Kälte zu Hause zu vergessen. Mallorcas Landwirte dagegen können die Blüte der im Mittelmeerraum häufig gepflanzten Prunus dulcis (almendro span., ametler kat.) nicht durch die rosarote Brille der Besucher sehen. Nachdem die Erträge drastisch zurückgegangen sind, stehen sie ­unter enormen Druck.

Vor etwa zehn Jahren wuchsen noch auf rund 65.000 Hektar Fläche Mandelbäume, geerntet wurden 14.600 Tonnen der Trockenfrüchte. Bis 2020 sind die Felder auf 15.000 Hektar geschrumpft, die Landwirte brachten lediglich 4.500 Tonnen Mandeln auf die Waagen der Kooperativen. Angesichts dieser Zahlen stellt sich die Frage, ob Mandelbäume auf Mallorca überhaupt eine Zukunft haben. Jedenfalls wissen die payeses schon länger, dass die Zeit der mittlerweile hundertjährigen Bäume mit ihren alter Sorten abgelaufen ist. Zumal in den vergangenen Jahrzehnten durch Kreuzungen eine Vielzahl von unprofessionell gezüchteten Sorten entstanden ist.

Die Plantagen retten

Antworten auf diese Fragen gibt Joan Simonet in Alaró. Der Agraringenieur und Geschäftsführer der Vereinigung junger Landwirte ­(Asaja) berichtet von einem Plan, der von Insellandwirten gemeinsam mit dem balearischen Landwirtschaftsministerium ausgearbeitet worden ist. Wird dieser bewilligt, könnten innerhalb von vier Jahren eine Million neuer Mandelbäume gepflanzt werden. Zunächst würden in der ersten Hälfte des Zeitraums auf einer Fläche von 10.000 Hektar alte Mandelbäume gefällt. Dies könnte die Landwirte auch von der Last der vom Feuerbakterium (Xylella fastidiosa) befallenen Plantagen befreien. Danach müssten sich die Böden zwei Jahre erholen, erst dann wäre in einer zweiten Phase eine Neupflanzung möglich.

Wie es in einer schriftlichen Stellungnahme des Landwirtschaftsministeriums gegenüber der MZ heißt, soll ein Teil der Ausgaben hierfür aus den EU-Fonds für den Wiederaufbau der Agrarwirtschaft nach der Corona-Krise finanziert werden. Erstmals würden dabei alle, also auch die Besitzer kleiner Plantagen, in den Genuss der EU-Fördergelder kommen und nicht nur, wie bisher, ausschließlich die Eigentümer großer Anbauflächen.

Simonet sieht durchaus Chancen, dass Brüssel dafür Finanzmittel in einer Größenordnung zwischen 30 und 40 Millionen bereitstellen wird. Denn nach dem Ausbruch des ­Coronavirus habe der Agrar- und Lebensmittelsektor der EU seine Krisenfestigkeit unter ­Beweis gestellt. Deshalb gebe es in Brüssel durchaus eine Bereitschaft, mit den Branchenverbänden der Mitgliedsländer zusammenzuarbeiten und diese künftig zu unterstützen, wie es auch in einem EU-Papier heißt.

Bei der Vergabe der Mittel könnte zudem eine Rolle spielen, dass die Mandelplantagen unmittelbar vom Klimawandel betroffen sind. Das Feuerbakterium hat sich nicht nur deshalb ungehindert ausbreiten können, weil die Plantagen der hundertjährigen Bäume wenig gepflegt waren, sondern auch, weil zunehmende Hitze und fehlende Niederschläge die Pflanzen ohnehin schon geschwächt hatten.

Abhilfe soll aufbereitetes Wasser aus Palmas Kläranlagen schaffen, „es könnte zur ­Bewässerung der trockensten Plantagen im ­Inselsüden geleitet werden, statt wie bisher ins Meer zu fließen", erklärt Simonet. Dazu heißt es im Landwirtschaftsministerium, dass der Plan für die Bewässerung von der ­spanischen Regierung in den Haushalt 2021 aufgenommen worden sei und man gerade die Projekte im ­Detail ausarbeite.

Neue Optik für die Felder

Viele Landwirte haben statt Mandelbäumen bereits Johannisbrot- und Olivenbäume sowie Weinreben gepflanzt. Aber auch das Bild der Mandelfelder wird sich verändern. Das Fotomotiv mit den Schafen, die es sich unter den blühenden Mandelbäumen bequem machen, könnte Geschichte werden. Denn auf den modernen Hochleistungsplantagen wachsen die almendros höchstens zweieinhalb Meter hoch. Für Schafherden ist dann nur im Herbst und Frühwinter Platz, wenn die Kronen der Bäume kahl sind und nicht abgefressen werden. ­Darüber hinaus sollen bei den neuen Pflanzreihen die Abstände zwischen den Bäumen geringer ausfallen.

Die Lebensdauer der neuen Sorten ist zudem niedriger. Wenn sie nach der Pflanzung ein Alter von vier Jahren erreicht haben, tragen die Bäume erstmals. Mit sechs be­ginnen sie dann, gute Ernten zu liefern. Im ­Anschluss stabilisiert sich die Produktion 15 Jahre lang. Danach bilden die Bäume weniger Mandeln, bleiben aber produktiv, bis sie mit 30 Jahren die Fruchtbildung einstellen.

Keine Veränderung wird es dagegen beim Herkunftsgütesiegel geben. Die neuen Sorten wie Marta, Vairo, Marinada und Masboveda stammen zwar aus Baumschulen in Murcia, Andalusien oder Katalonien. Doch sobald die jungen Bäume auf der Insel Wurzeln ge­schlagen haben, bekommen ihre Ernten das IPG-Zertifikat der Inselmandel. Voraussetzung dafür sind allerdings regelmäßige Qualitätskontrollen auf den Feldern durch Inspektoren des Landwirtschaftsministeriums.

Für mehr Mandelbäume auf Mallorca würde außerdem sprechen, dass sich leichter vom konventionellen auf ökologischen Anbau umstellen ließe, so Agraringenieur Simonet. Denn Mandelbäume kämen gut ohne Chemie aus. Die Ernteerträge gingen bei der Umstellung auf Bio-Anbau nicht zurück, das Öko-Zertifikat wäre in relativ kurzer Zeit zu bekommen, und die Bio-Mandeln hätten mit hohen Preisen auf dem Markt gute Chancen.

Die neuen Sorten blühen allerdings später als die alten, Kälteeinbrüche im Februar haben häufig Ernteschäden zur Folge. Die neuen Hybridbäume öffnen ihre Blüten in den letzten Februartagen und blühen vor allem im März. Dann nämlich, wenn an warmen Tagen viele Bienen und andere bestäubende Insekten unterwegs sind.

Das heißt: Die Mandelbäume werden auch in Zukunft auf Mallorcas Plantagen blühen. Zwar besteht noch Unsicherheit, wie die Förderung im Detail aussehen wird. Eines ist ­jedoch sicher: Es sollen wieder so viele almendros gepflanzt werden wie bisher. Darin sind sich der Vertreter der Insellandwirte und das zuständige Ministerium einig.