Aufgeregt umkreisen die Bienen die Besucherinnen. Zwei Regentage hintereinander waren die Völker eingesperrt, jetzt fühlen sie sich von den drei Frauen am Fuße von Incas Hausberg, dem Puig de Santa Magdalena, gestört. Die Insekten wittern Konkurrenz bei den Blühpflanzen auf der Wiese vor den Bienenstöcken. Auf der Rückseite ihrer Behausungen sind sie von Steineichen und Wildoliven geschützt.

Die Blüten der nebenan wachsenden Johannisbrotbäume sowie die des Heidekrauts lieferten den Nektar für die ersten 30 Kilo Honig, den Sara Miñana im vergangenen Jahr erntete. Ernsthaft mit der Imkerei hatte sie begonnen, als sie im Frühjahr 2020 wegen Corona in der Gastronomie nicht mehr gebraucht wurde. Zuvor hatte die Teilnahme an Kursen ihr die Türen zu dem Metier geöffnet. „Bienen sind schon eine Wissenschaft für sich, aber dann ist da auch noch die Botanik", sagt die 28-Jährige aus Valencia.

Die Bienenweide

Nach und nach kommen immer mehr Bienen an, doch das bedrohliche Surren stört die Imkerin nicht. Sie erklärt, dass der Grausenf (Hirschfeldia incana bot., rabaniza amarilla span., ravenissa incana kat.) mit seinen Blüten nicht nur die Wiese gelb färbt, sondern auch den Bienen reichlich Nektar abgibt. Die hochwachsende Milchfleckdistel (Galactites tomentosa bot., galactites span., card de xeremeia kat.) bietet Fette und Proteine für die Larven.

Die blühende Frühjahrswiese gehört zur Finca Son Jover. Das Anwesen am Hausberg von Inca verfügt über das Ökozertifikat. Da ­jedoch Bienen auf der Suche nach Nahrung weite Strecken zurücklegen können, wird für Biohonig ein Terrain von drei Kilometern im Durchmesser vorgeschrieben. „Eine so riesige Fläche im Öko-Anbau kommt auf Mallorca nur selten zusammen", meint Miñana. Mit den Schafen von Son Jover, aus deren Milch Biokäse hergestellt wird (MZ berichtete), vertragen sich die Bienenvölker gut. Mit Eseln und Ziegen dagegen, so die Imkerin, wären die Bienen auf ein und derselben Weide nicht kompatibel.

Schwarze Bienen

Miñana füllt jetzt trockene Kräuter in den Smoker, sein Rauch soll die Bienen beruhigen, dabei redet sie seelenruhig weiter. Bei der Vermehrung eines Bienenvolkes achte sie immer darauf, dass die Gene der einheimischen Schwarzen Biene (Apis mellifera ibérica zool., abeja negra span., beia negra kat.) zunehmen. Nicht nur, weil das Inselinsekt Klima und Pflanzen auf Mallorca gut verträgt, sondern weil es auch zu den sanfteren Arten zählt.

Die Zucht der Schwarzen Biene wird dadurch erschwert, dass auf der Insel viele Arten leben und nur bei der Königin eine genetische Auswahl möglich ist. Auf ihrem kapriziösen Hochzeitsflug schert sie sich jedoch nicht um Sortenreinheit, sondern paart sich gern mit wild umherschwirrenden Drohnen. Das ist auch deshalb unerwünscht, weil die machos häufig Überträger der Varroamilbe sind. Die Impfung gegen diese Parasiten ist gesetzlich vorgeschrieben.

Wasser und Honig

WasserIn unmittelbarer Nähe der blühenden Wiese fließt im April noch Wasser in einem Bachbett, nur im Sommer versorgt Miñana hier die ­Bienen mit Trinkwasser. Für die 45 weiteren ­Stöcke auf anderen Fincas muss es ganzjährig geliefert und regelmäßig ausgetauscht werden. Denn Honig sei eigentlich nur verflüssigter Nektar, sagt sie. Er dürfe nur 17 Prozent Wasser enthalten. Wenn ein Labor Werte von über 20 ermittle, könne dies zur Bakte­rienbildung und Gärung führen, was den Honig für Mensch und Insekt unbekömmlich ­mache. Die Reduzierung der Flüssigkeit er­reichten Bienen, indem sie den Nektar mit ­körpereigenen Enzymen vermischen. Durch ständiges Weiterreichen von Mund zu Mund wird dem Pflanzensaft dann Wasser entzogen.

Abstand halten

„Gartenbesitzer fragen mich immer wieder nach Bestäubern für ihre Pflanzen", sagt ­Miñana. Sie rate aber zur Vorsicht und empfehle große Abstände zu Wohngebäuden und Spielwiesen. Bienenstöcke müssen in das Züchterverzeichnis des balearischen Landwirt­schaftsministeriums eingetragen ­werden (ramaderia.caib.es). Wer weniger als 15 Bienenstöcke besitzt, gilt als Hersteller von Honig zum Eigenbedarf. Wer weniger als 150 hat, ist für die Behörden ein Hobbyimker, sind es mehr als 150, handelt es sich um einen hauptberuflichen Bienenzüchter. Der Eintrag ins Register ist außerdem die Voraussetzung für den Abschluss einer Versicherung gegen Diebstahl und als Haftpflichtschutz gegenüber Dritten, etwa für den Fall, dass eine Biene einen Allergiker sticht.

Imker und Imkerinnen

Auf Mallorca waren im Vorjahr rund 6.000 Bienenstöcke und 360 Imker registriert. Wie viele davon weiblich sind, ist nicht bekannt. „Wir sind wenige, aber wir werden immer mehr", meint Miñana. Als früher der Honig im häuslichen Bereich zum eigenen Verbrauch gewonnen wurde, hätten Frauen die Bienen versorgt und den Honig gewonnen. Als dann die Imkerei zum Beruf wurde, hätten Männer sie in die Hand genommen. „Wie auch die Küchenchefs zunächst männlich waren, obwohl die Küche von alters her eine Domäne der Frauen gewesen war", sagt die Valencianerin.

Als sie nach diesem Exkurs einen der Bienenstöcke am Waldrand öffnet, zeigt sich der Schwarm überaus genervt und lässt sich auch mit Rauch nicht beruhigen. Nur einen Augenblick lang ist zu erkennen, dass unter den ­zugedeckten Waben in einem Drittel des Rahmens in den vergangenen Tagen Larven herangewachsen sind. Ammenbienen füttern sie mit Pollen und Honig. Doch dann wird der ­Deckel des Bienenstocks sofort wieder verschlossen. Den Besucherinnen bleibt für die Flucht nur das Auto. Aber einige der schlecht gelaunten Insekten verfolgen sie, bevor die Türen geschlossen werden, sogar in den Innenraum.

Doch dann kehrt Ruhe ein, und Miñana berichtet, dass sie damit rechne, Ende Juli hundert Kilo Honig abzufüllen. Zwischen 18 und 20 Euro koste dann das Kilo („Sa Mel·lífera", Tel.: 679-32 15 07). Sorten vom spanischen Festland oder von anderswo sind preiswerter. Deshalb wünscht sich die 28-Jährige, wie andere Inselimker auch, dass bald ein Herkunftssiegel für Mallorcas Honig eingeführt wird.