Mohn kennt jedes Kind. Vielleicht liegt es daran, dass die Farbe Rot unter Wildpflanzen selten vorkommt. Begünstigt werden Mohnblumen an sonnigen Standorten und kalkhaltigen nährstoffarmen Böden ohne Schatten von Bäumen und Sträuchern. Rückgängig ist die Zahl der Mohnpflanzen allerdings dort, wo bei der Aussaat Getreide und Unkrautvernichtungsmittel gemeinsam auf die Äcker kommen. Doch Mohn ist nicht gleich Mohn. Weltweit zählen hundert Arten zur Familie der Papaveraceae. Auf Mallorca wachsen drei verschiedene Arten wild, die im Frühjahr blühen.

Das Ackerkraut

Am häufigsten vertreten auf der Insel ist der Klatschmohn (Papaver rhoeas bot., amapola span., rosella kat.). Der Zyklus des einjährigen Gewächses beginnt im Herbst mit der Aussaat des Getreides. Die Blüten im leuchtenden Scharlachrot mit dunklen Basalflecken öffnen sich, bevor die Ähren reif sind. Vier sich überlappende Blütenblätter sitzen dann auf geraden und behaarten Stängeln, die bis zu 60 Zentimeter hoch werden. Nach der Blüte werden runde Samenkapseln gebildet.

Wenn weitläufige Kolonien ein ganzes Feld in sattes Rot färben, handelt es sich meistens um einen brachliegenden Acker. Der Grund dafür: Klatschmohn ist als typisches Ackerunkraut in der Lage, im Boden eines Getreidefeldes nach und nach eine Samenbank aufzubauen. Tief liegende Samen können in der Erde zehn Jahre überdauern. Sie verharren dort, bis sie durch Pflügen wieder nach oben gelangen. Wenn jedoch Jahr für Jahr Herbizid verspritzt wird, erschöpft sich die Samenbank langsam, aber sicher. Stellt ein Landwirt jedoch auf ökologischen Anbau um, kann der Mohn seine Reserven wieder aktivieren und nach vielen Jahren wieder keimen.

Solitäre am Wegesrand

Mit anderen Frühjahrsblühern teilt sich der Saatmohn (Papaver dubium bot., amapola loca span., rosella borda kat.) Weg- und Straßenränder. Doch er wird nicht, wie der deutsche Name vermuten lässt, ausgesät. Die Samen bringt der Wind an die kargen Standorte in der Nähe von landwirtschaftlich bewirtschafteten Feldern. Aber auch Schuhwerk, Reifen oder Säugetiere und Vögel tragen zur Verbreitung der Pflanzen bei.

Vom Klatschmohn unterscheidet sich der Saatmohn durch seine orangefarbenen Blüten, die auf zur Sonne geneigten Stängeln sitzen. In der Blütenmitte gruppieren sich um die grüne Narbe gelbe Pollen, anfangs stecken diese in dunklen Beuteln. Der Saatmohn kann einen halben Meter groß werden, seine Samenkapseln sind länglich.

Mit nur 40 Zentimeter Stängelhöhe ist der Bastard-Mohn (Papaver hybridum bot., amapola burro span., rosella blava kat.) der kleinste der drei roten Mohnarten. Im Gegensatz zu den anderen überlappen sich die purpurfarbenen Blütenblätter nicht. Die Pollenbeutel sind blau, die Fruchtkapseln rund und an nach oben stehenden Borsten zu erkennen.

Knospen und Blüten

Der Vegetationszyklus der drei einheimischen Mohnsorten ist identisch. Im Winter bilden sie die gezähnten Blätter, im Frühjahr Knospen, die auf den Stängeln kopfüber nach unten hängen. Mit den Sonnenstrahlen des Morgens öffnen sich die beiden grünen Kelchblätter und geben die vier anfangs noch zerknittert wirkenden roten Blütenblätter frei. Mohn duftet nicht: Hummeln, Honig- und Wildbienen sowie Schwebfliegen lassen sich von dem intensiven Rot anziehen. Es wird von den rotblinden Bienen jedoch wegen starker UV-Reflexion blauviolett wahrgenommen.

„Die Papaver-Arten bieten den Insekten keinen Nektar", sagt Joshua Borrás, Botaniker an der Universität der Balearen. Britische Studien hätten ergeben, dass der Mohn von allen in der Nähe von Besiedelungen vorkommenden Pflanzen diejenige ist, die den Insekten am meisten Pollen biete. Denn jede Blüte bilde an die zwei Millionen Körner Blütenstaub, der an den Bestäubern kleben bleibt.

Gewichtige unter ihnen landen gleich auf der Narbenplatte und hinterlassen dort Pollen, wo sie hingehören. Denn die Blütenblätter sitzen so locker, dass sie nicht einmal eine Hummel tragen können. Nach der Befruchtung bilden sich Fruchtkapseln, die wie ein Salzstreuer die Samen freigeben. Wenn am Abend dann aufkommender Wind die Blütenblätter wegweht, bereitet sich die Pflanze zur Blütenbildung am nächsten Morgen vor. So kommt es, dass der Mohn gleichzeitig Knospen, Blüten und Samenkapseln bildet. Alle Pflanzenteile sind leicht giftig.

Naturmedizin

In der vom Botanischen Garten in Sóller herausgegebenen Blattsammlung über Nutzpflanzen der Balearen gilt der Klatschmohn als Arzneipflanze. Demnach enthält die wild wachsende Pflanze im Gegensatz zum Schlafmohn (Papaver somniferum) nur schwache Alkaloide, zeigt keine Nebenwirkungen und wurde deshalb zur Beruhigung der Bronchien bei Husten eingesetzt. Der Klatschmohn habe auch als wirksam gegen Schlafstörungen und Angstzustände gegolten und sei gegen Entzündungen der Bindehaut und der Augenlider verordnet worden. Kulinarisch habe der Mohn keine Bedeutung gehabt, in Aragón und Katalonien jedoch seien die zarten Knospen kurz vor dem Aufblühen verzehrt worden.

Samen für die Insel

„Der Mohn steht für Biodiversität", sagt Candido Galvez von der Firma Semillas Silvestres in Córdoba. Gartenarchitekten, Gärtner und Ökolandwirte schickten ihm aus Mallorca Bestellungen für Saatgut. Weil es verboten und ethisch nicht zu verantworten ist, Samen von wild wachsenden Pflanzen zu verkaufen, baut seine Firma auf teilweise ökologischen Feldern 200 in Spanien einheimische Pflanzen ausschließlich für die Gewinnung von Saatgut an. Dabei wird auf Sortenreinheit geachtet. Die drei auf den Balearen einheimischen Mohnblumen kennt Galvez gut - sie blühen derzeit, nach und nach reifen die Samen. Empfehlenswert sei, Mohnblumen auf der Insel im Herbst gemeinsam mit anderen Frühjahrsblühern an vollsonnigen Plätzen auszusäen.

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