Jetzt erhöhte Air Berlin den Kerosinzuschlag von 32 auf 35 Euro pro Strecke - die vorherige Erhöhung liegt nur einen Monat zurück. Bei Condor stieg der Zuschlag bereits Mitte Mai von 26 auf 29 Euro, eine weitere Anpassung werde geprüft, sagt Sprecherin Nina Kreke. 17 Euro Kerosinzuschlag müssen inzwischen bei Tuifly gezahlt werden, vor der Erhöhung im April lag der Zuschlag bei 13,50 Euro. Der Lufthansa-Ableger Germanwings erhöhte bereits im März um 2 auf 12,75 Euro.

Die derzeit erhobenen Zuschläge decken die Mehrkosten nur zum Teil ab, wie es bei den Fluggesellschaften heißt. ?Natürlich laufen wir den Kosten stets etwas hinterher, da der Ölpreis täglich neue Höhen erreicht", sagt Alexandra Müller, Sprecherin bei Air Berlin. Der Anstieg des Ölpreises hat eine neue Dimension erreicht: Ein Barrel kostete vor kurzem erstmals mehr als 135 Dollar - mehr als doppelt so viel wie vor einem Jahr. Lag der Preis für eine Tonne Treibstoff im November vergangenen Jahres bei rund 700 Dollar, ist er mittlerweile bis auf 1.400 gestiegen. Verglichen mit 1998 hat sich der Rohöl-Preis sogar fast verzehnfacht.

Die Koffer kosten extra

Den Airlines bleiben deswegen zwei Möglichkeiten: Preise erhöhen oder Kosten sparen. Aber nicht immer sind die höheren Preise auf den ersten Blick sichtbar. So berechnet beispielsweise Germanwings seit Ende Mai jeweils 10 Euro extra für jeden Koffer, den Passagiere aufgeben. Falls das Gepäck zuvor online angemeldet wird, werden nur 5 Euro fällig. Den Trick mit dem Gepäck wendet außerdem Easyjet an, dort werden 9 Euro pro Koffer fällig.

Die Flugunternehmen durchforsten zudem ihre Bilanzen, um die Kosten weiter zu drücken. ?Derzeit werden alle Kostenblöcke auf Einsparungspotenziale untersucht", sagt Jan Hillrichs von Tuifly. ?Am Bord-Service soll jedoch nicht gespart werden." Kerosin gehöre inzwischen bei allen Fluggesellschaften zu den größten Kostenfaktoren, sagt Germanwings-Sprecherin Angelika Schwaff. Zum Anteil an den Gesamtkosten macht das Unternehmen jedoch keine Angaben. Bei Tuifly ist von einem Anteil von 15 Prozent die Rede, bei Condor von inzwischen rund einem Drittel. ?Bei Air Berlin wurden 2007 rund 26 Prozent der jährlichen operativen Kosten für Kerosin aufgewandt", sagt Müller.

Kerosin sparen mit Winglets

Da werden treibstoffarme Flugzeuge - sozusagen die Drei-

Liter-Modelle der Airline-Branche - immer wichtiger. In barer Münze zahlen sich beispielsweise Winglets aus. Das sind Anbauten, die an den Enden der Tragflächen angebracht werden, um die aerodynamische Qualität zu steigern und den Treibstoffverbrauch zu senken. Bei Condor werde ab 2009 die Boeing-Flotte mit großen Winglets ausgestattet, sagt Sprecherin Kreke. ?Die Boeing-757-300 beispielsweise gehört weiterhin zu den treibstoffeffizientesten Flugzeugen weltweit."

Bei Air Berlin ist nach eigenen Angaben bereits der Großteil der Flotte mit Winglets ausgestattet. Bei der zweitgrößten deutschen Flugunternehmen hält man sich zudem zugute, eine der jüngsten und damit sparsamsten Flotten zu unterhalten. ?Unsere Investitionspolitik ist darauf ausgerichtet, das Durchschnittsalter der Flugzeuge konsequent niedrig zu halten", sagt Sprecherin Müller. Rückgrat der Flotte sei die Boeing 737-800, die pro Passagier pro hundert Kilometer nur knapp drei Liter Kerosin verbrauche. Genauso sparsam seien die 30 Flugzeuge vom Typ Airbus A320, die man inzwischen seit Oktober 2005 im Einsatz habe. Noch mehr gespart beim Treibstoff werde zudem bei den Neuanschaffungen. Müller beziffert den Verbrauch für die ab dem Jahr 2013 georderten 25 ?Dreamliner" vom Modell Boeing 787 mit 2,2 Litern pro Passagier und hundert Kilometern.

Tanken, wo es billiger ist

Eine weitere Waffe gegen die Ölpreis-Explosion heißt Fuel-Management: Das sogenannte Traffic-Center ermittelt ohnehin per Software vor jedem Flug das genaue Gewicht des Fliegers und legt die notwendige Treibstoffmenge fest. Ein zunehmend wichtiger Faktor ist zudem die Höhe des Treibstoffpreises am Ab- und Zielflughafen. Ist er beispielsweise in Düsseldorf deutlich höher als in Palma, kann es sich lohnen, mit vollgetanktem Flugzeug von der Insel zu starten.

Die Airlines sichern sich zudem den Preis für das Kerosin durch sogenanntes Hedging langfristig ab, ähnlich wie sich Automobilunternehmen gegen Dollarschwankungen schützen, um ihr Geschäft im Absatzmarkt der USA nicht zu gefährden. Die Fluggesellschaften sind so nicht dem täglichen Auf und Ab beim Kerosinpreis ausgeliefert. Bei Germanwings sind auf diese Weise nach Angaben von Schwaff 85 Prozent des Treibstoffbedarfs abgedeckt. Ähnlich bei Air Berlin: ?Für 2008 sind wir in einer vergleichsweise guten Position", sagt Müller, ?wir haben rund 88 Prozent unseres Kerosinverbrauchs zu 840 US-Dollar pro Tonne durch Termingeschäfte gesichert." Langfristig wird aber auch bei den Airlines der immense Preisanstieg komplett zu Buche schlagen.

Generell gilt, dass die gestiegenen Treibstoffkosten Billigflieger zuerst unter Druck setzen - wegen der schlanken Kostenstruktur und der höheren Preissensibilität der Kunden. Und da die Kosten schon deutlich optimiert wurden, geht es nun bei vielen an die Substanz. Analysten erwarten eine deutliche Konsolidierung im Markt, wenn der Ölpreis wie erwartet weiter steigt. Airlines in den USA streichen bereits unrentable Strecken, legen Maschinen still und entlassen Personal. Die Zeiten des ungebremsten Wachstums über den Wolken scheinen sich dem Ende zuzuneigen. In der Druckausgabe lesen Sie außerdem:

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