Am folgenden Sonntag trommelte Doña Carmen die gesamte Belegschaft zusammen - und der Pfarrer musste vor Köchen, Küchenjungen, Gärtnern und Handwerkern predigen. So beschreibt es der Journalist Esteban Urreiztieta in seinem vor kurzem erschienenen Buch ýLos March - La fortuna silenciosa" (Die Marchs - das geheime Vermögen). Der eiserne Wille und die Verschwiegenheit von Carmen Delgado sind legendär. Ihr ging es gar nicht darum, aus dem Schatten ihres übermächtigen Schwiegervaters Juan March Ordinas herauszutreten. Mallorcas berühmtester Selfmade-Man aus Santa Margalida hatte mit seinem Sinn fürs Geschäft, mit Schmuggelzügen und dem Aufbau der gleichnamigen Bank nicht nur einen sagenhaften Reichtum angehäuft, sondern als Finanzier Francos auch dem Putsch gegen die Zweite Republik im Jahr 1936 zum Erfolg verholfen. March Ordinas hatte zwei Söhne. Den älteren lernte Carmen Delgado auf einem Maskenball der feinen Gesellschaft kennen. Keck hatte sie Juan March Servera auf Englisch angesprochen, weckte damit seine Neugier, aber auch den Argwohn von dessen Vater - die Tochter eines Offiziers war keine echte Mallorquinerin, nur ihr Großvater stammte aus Sóller. Die Hochzeit fand im November 1934 statt, und erst nach und nach konnte Doña Carmen ihren Schwiegervater von ihren Stärken überzeugen. Sie reiste mit ihm durch Europa und nahm nach seinem Tod im Jahr 1962 allmählich die Zügel in die Hand, erst recht, als ihr Mann 1973 starb. Sie kontrollierte die Konten des Finanzimperiums, verschaffte sich Respekt und suchte persönlich das Dienstpersonal aus. Auf der Finca Sa Vall an der Südküste Mallorcas - eine der größten der Insel - ließ sie einen einzigartigen Kakteengarten anlegen, der nicht nur die Teilnehmer der Residenten-Treffs unter Gunter Stalter regelmäßig in Staunen versetzt. Nur selten schaffte sie es nicht, ihren Willen durchzusetzen, etwa bei ihrem Kampf gegen den FKK-Tourismus. Vergeblich forderte sie in der Franco-Zeit den Zivilgouverneur auf, den Nackten an den Stränden der Mega-Finca wie etwa Es Carbó Einhalt zu gebieten. ýDoña Carmen stellte Unmengen an Verbotsschildern auf", schreibt Urreiztieta, ýdoch die immer zahlreicheren Nudisten nutzten diese nur als Kleiderständer, sodass die Señora die Badegäste schließlich persönlich zurechtwies." Das Firmenimperium ist heute unter ihren vier Kindern Juan, Carlos, Leonor und Gloria aufgeteilt. Der Besitz umfasst unter anderem Bauunternehmen, Energieversorger, Industriebetriebe oder etwa die Sicherheitsfirma Prosegur. Die Brüder Juan und Carlos waren zwischendurch in der Forbes-Liste der weltweit reichsten Menschen vertreten. Banca March ist heute eine der zehn größten Banken Spaniens mit mehr als 300 Filialen - ein Erbe, das Doña Carmen wohlgeordnet an die nächste March-Generation übergibt. Die Großmutter von 14 Enkeln starb am Freitagmorgen (6.6.) in ihrem Anwesen in Palmas Innenstadt, einen Tag nach ihrem 96. Geburtstag. Am Samstag wurde sie in der Familiengruft auf Palmas Friedhof beigesetzt. In der Druckausgabe lesen Sie außerdem:

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