Der spanienweite Protest zeigt ersten Erfolg - zumindest ein wenig: Die spanische Regierung will bei der geplanten Verstaatlichung der Küste weniger streng vorgehen als vorgesehen. So soll einem Teil der betroffenen Eigentümer von Immobilien in unmittelbarer Strandnähe doch erlaubt werden, ihr Haus zu verkaufen.

Die spanische Umweltministerin Elena Espinosa (PSOE) dementiert zwar, dass das Küstengesetz von 1988 in irgendeiner Form geändert werde. Dieses Ley de Costa soll gewährleisten, dass Spaniens Küste als Allgemeingut zugänglich ist. Es sieht auch Enteignungen vor. Bislang durften Besitzer von Häusern in unmittelbarer Strandnähe (dominio público marítimo terrestre) ihren Besitz nur vererben, nicht aber verkaufen. Dank eines gesetzlichen Umwegs über das Schifffahrtsgesetz soll sich das nun ändern.

"Das ist nur eine punktuelle Modifikation, ändert aber nichts am Vorgehen", so der Leiter der balearischen Küstenschutzbehörde, Celestí Alomar, gegenüber der MZ. Die Änderung betreffe nur einen kleinen Teil der Immobilienbesitzer, der im Fall der Balearen derzeit noch nicht zu beziffern sei.

Auch bei den Betroffenen hält sich der Enthusiasmus in Grenzen. "Das ist nur Augenwischerei", sagt beispielsweise Elisabeth Schröder (Name v. d. Red. geändert) aus Cala Blava über die geplante Aufweichung des Gesetzes. "Wer kauft einem schon etwas ab, das nur eine Konzession hat?"

Die Deutsche hatte vergangenes Jahr erfahren, dass auch ihre Wohnung von dem Gesetz betroffen ist. Jetzt kämpft sie in vorderster Front gegen die geplante Verstaatlichung. Sie besorgte sich alle Unterlagen von der Küstenschutzbehörde, trat der spanischen Bürgerinitiative bei, wälzt Gesetze und Berichte - und reiste spontan nach Brüssel, um am 20. Januar an einer Anhörung im Petitionsausschuss des EU-Parlaments teilzunehmen. Dort führte die dänische EU-Abgeordnete Margrete Auken in ihrem Bericht über die Zersiedelung der spanischen Küste auch die Folgen des Küstengesetzes aus.

Die Betroffenen haben die Hoffnung, dass der europäische Gerichtshof das Gesetz kippen wird. Eines der Argumente: Die spanische Regierung verstoße mit ihrer Interpretation des Privateigentums gegen EU-Recht, argumentiert Carmen del Amo, Vorsitzende der spanischen Bürgerinitiative PNALC (Plataforma Nacional de Afectados por la Ley de Costas): Das Privateigentum dürfe nicht eingeschränkt werden. Schließlich seien die Häuser rechtmäßig erbaut worden und Gesetze nicht rückwirkend anwendbar. Im Umweltministerium wird dagegen auf ein Urteil des spanischen Verfassungsgerichts von 1991 verwiesen und darauf, dass 97 Prozent der Eingaben betroffener Besitzer vor Gericht keinen Bestand hätten.

Das Küstengesetz wurde bislang nicht angewandt. Selbst heute noch sind 17 Prozent der spanischen und 30 Prozent der mallorquinischen Küste nicht vermessen. Größter Streitpunkt ist die Strandzone, die nicht bebaut werden darf. Eigenheime, die vor 1988 legal errichtet wurden, sollen in Staatseigentum übergehen. Die Eigentümer dürfen Anwesen 30 Jahre lang nutzen, gerechnet ab dem Jahr 1988. Diese Frist kann auf maximal 60 Jahre verlängert werden.

"Schauen Sie mal, wo hier die Linie überall durchführt", sagt Schröder und zeigt auf die Vermessungskarte von Cala Blava. Die Begrenzungslinien überlagern Strände, Pools und Grundrisse. Schröders Apartment liegt in der angrenzenden Schutzzone, der zona de servidumbre de tránsito. "Ich könnte verkaufen, müsste aber den Käufer informieren." Zudem braucht sie für die Nutzung nun offiziell eine Konzession und sei so der Willkür der Behörden ausgeliefert, argumentiert Schröder. Stattdessen ruft die Deutsche zum breiten Protest auf.

Dieser hat bislang auf Mallorca noch nicht eingesetzt. Beim Immobilienunternehmen Minkner & Partner, das Kurzgutachten zum Küstengesetz anbietet, sind bislang erst ein Dutzend Anfragen eingegangen. "Unsere Kunden sehen das Thema gelassen, weil nicht sein kann, was nicht sein darf", sagt Lutz Minkner. "Alle scheinen darauf zu hoffen, dass die EU das Gesetz kippt."

Die Hoffnungen ruhen auf dem Auken-Bericht, der dem EU-Parlament im März zur Abstimmung vorliegen soll, wie del Amo sagt. "Wird er angenommen, droht Spanien die Einfrierung der Mittel aus dem Kohäsionsfonds."

So Können sie sich informieren

Viele Immobilienbesitzer wissen bislang noch gar nicht, dass auch sie das Küstengesetz betrifft. Denn die Betroffenen müssen sich selbst informieren und die Karten einsehen.

"In meinem Fall war das unkompliziert", sagt Schröder. Sie suchte die balearische Küstenschutzbehörde in Palma auf, die im selben Gebäude wie die Ausländerbehörde untergebracht ist. Dort beantragte sie mündlich und ohne Vorlage ihres Ausweises eine Kopie der Vermessungskarten ("Quiero solicitar el plano del deslinde de la costa"). Da die Vermessung noch nicht überall auf der Insel abgeschlossen ist, liegen derzeit noch nicht für alle Küstenabschnitte Mallorcas Karten vor.

Nach Angabe ihrer Adresse erhielt die Deutsche einen Registrierschein. Die Kosten für die Kopien müssen bei einer Bank eingezahlt werden - in Schröders Fall 3,42 Euro für zwei Karten.

Demarcación de Costas Ciutat de Querétaro, s/n 07007 Palma Tel.: 971-77 49 00

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